Diese Seite ist erreichbar unter:
https://abi.de/orientieren/was-will-ich-was-kann-ich/selbsterkundung/typisch-klischeefreie-berufswahl
Auch in Zeiten von Genderdebatten, „Equal Pay Day“ und Co. lassen sich junge Menschen noch immer bei der Berufswahl von Geschlechterklischees beeinflussen. Was kann man als Schüler*in dagegen tun? Und welche Rolle spielt dabei die Berufsberatung?
Eigentlich weiß es jede*r: Frauen und Männer haben keine geschlechtsspezifischen Fähigkeiten, die sie für bestimmte Berufe befähigen. Dennoch erlebt es Berufsberaterin Benthe Grundt in der Agentur für Arbeit Neumünster fast täglich, dass Stereotype die Berufswahl beeinflussen: Schülerinnen interessieren sich vor allem für kaufmännische und medizinische Ausbildungsberufe, Schüler für Technik, IT und das Handwerk. Ein ähnliches Bild gibt es im Studium. Unter den Top-Ten-Studienfächern der Männer sind sechs aus dem MINT-Bereich. Bei den Frauen ist Biologie die einzige Naturwissenschaft unter den beliebtesten zehn Fächern.
![]()
Möglichst viele Informationen und Eindrücke von den Wunschberufen erhalten Schüler*innen bei Praktika, Tage der offenen Tür an Hochschulen und Aktionstage wie der Girls’Day und Boys’Day
Benthe Grundt
![]()
Geschlechterklischees sind tief verankert und werden häufig unreflektiert von jungen Menschen übernommen
Lydia Diegmann
„Unbewusst sind die Jugendlichen stark beeinflusst von den Berufsbildern in den Medien und ihrem Umfeld“, weiß Benthe Grundt. Sind dort Berufe überwiegend mit Frauen beziehungsweise Männern besetzt, scheinen diese per se geeignet für das eigene Geschlecht zu sein. Dabei wird nach wie vor Männlichkeit mit Technik verbunden und Weiblichkeit mit sozialen und kommunikativen Kompetenzen. Vor allem wer sich bei der Berufswahl unsicher ist, wählt dann eher das, was einem bekannt vorkommt. „Geschlechterklischees sind tief verankert und werden häufig unreflektiert von jungen Menschen übernommen“, bestätigt Lydia Diegmann von der Initiative Klischeefrei. Einengende Geschlechterklischees zu hinterfragen und zugunsten einer selbstbestimmten Berufswahl abzubauen, ist das Ziel der Initiative, einem bundesweiten Zusammenschluss aus Bildung, Politik, Wirtschaft, Praxis und Wissenschaft.
Dieses Ungleichgewicht wird durch Folgendes noch verstärkt: „Junge Frauen und Männer konzentrieren sich bei der Wahl generell auf sehr wenige Berufe“, weiß Lydia Diegmann. So wählten 2020 mehr als die Hälfte der Männer einen der Top-20-Ausbildungsberufe. Bei den Frauen waren es sogar fast 70 Prozent. Dabei gibt es mehr als 300 betriebliche und über 100 schulische Ausbildungsmöglichkeiten sowie um die 20.000 Studiengänge. „Es ist meine Aufgabe als Berufsberaterin, die große Vielfalt der Berufe sichtbar zu machen“, erklärt Benthe Grundt. Sie arbeitet dazu unter anderem mit Berufsfeldübersichten, wie sie etwa auf www.abi.de oder bei www.planet-beruf.de zu finden sind.
Sichtbarmachen ist das Eine, die Stärken und Interessen der Ratsuchenden herauszuarbeiten das Andere. Ist der Berufswunsch stark geschlechtsspezifisch geprägt, macht Benthe Grundt das nicht zum Thema. Stattdessen versucht sie herauszufinden, was neben den Inhalten noch im Beruf zählt: Teamarbeit? Hohes Gehalt? Flexible Arbeitszeiten? „Ich versuche, den Blick für die vielen Facetten einer Berufstätigkeit zu öffnen und alles möglichst neutral zu beleuchten.“ Lydia Diegmann findet diese Strategie richtig: „Die Beraterinnen und Berater sollten sich auch ihrer eigenen Schubladen bewusst sein. Dagegen hilft unter anderem, möglichst viele Fragen zu stellen.“
Ein hilfreiches Instrument zur neutralen Beratung ist Check-U, das kostenlose Online-Erkundungstool der Bundesagentur für Arbeit. Der Test hinterfragt Fähigkeiten, soziale Kompetenzen, berufliche Vorlieben und Interessen. Auch Benthe Grundt empfiehlt dieses Tool, welches die Schüler*innen eigenständig zuhause machen können: „Das Programm weiß nicht, ob ein Mädchen oder ein Junge die Fragen beantwortet. Die Berufsvorschläge sind demnach nicht geschlechtsspezifisch.“
Was können Schüler*innen nun selbst tun, um möglichst unvoreingenommen an die Sache heranzugehen? „Man sollte sich bewusst machen, dass es viele Berufe gibt, die mit Rollenklischees verbunden sind, und sich selbstkritisch hinterfragen: Welche Berufe habe ich auf meiner Liste und warum?“, rät Lydia Diegmann.
Benthe Grundt empfiehlt, möglichst viele Informationen und Eindrücke von den Wunschberufen sowie Alternativen zu sammeln. Dabei helfen Praktika, Tage der offenen Tür an Hochschulen und Aktionstage wie der Girls’Day und Boys’Day. „Freiwilligendienste nach der Schule sind ebenfalls eine gute Chance, sich auszuprobieren“, meint die Berufsberaterin. Im Internet gibt es ebenfalls zahlreiche Infoangebote und Initiativen, die dabei helfen, berufliche Geschlechterklischees zu entkräften.
Das Netzwerk für Berufe der Bundesagentur für Arbeit mit über 3.000 aktuellen Berufsbeschreibungen in Text und Bild.
berufenet.arbeitsagentur.de
Filmportal der Bundesagentur für Arbeit über Studiengänge und Ausbildungsberufe.
berufe.tv
Infoportal der Stiftung für Hochschulzulassung in Kooperation mit der Bundesagentur für Arbeitmit Informationen rund ums Studium.
studienwahl.de
Vielfältige Auswahl an Studienorten und Studienfächern.
con.arbeitsagentur.de/prod/studiensuche
Ein Angebot der Hochschulrektorenkonferenz. Hier gibt es Informationen über deutsche Hochschulen, deren Studienangebote, Ansprechpartner und internationale Kooperationen.
https://www.hochschulkompass.de
Bundesweites Netzwerk zu den Themen Technik, Diversivität und Chancengleichheit.
www.kompetenzz.de
Service- und Anlaufstelle der MINT-Akteure und -Akteurinnen in Deutschland.
mint-vernetzt.de
Lern- und Lehrplattform, die für das Thema Coding begeistern soll.
https://youcodegirls.de
Stand: 14.03.2022
Vielen Dank für dein Feedback zu dieser Seite! Deine Kritik oder dein Lob zu abi.de kannst du uns gerne auch ergänzend über „Kontakt“ mitteilen. Deine abi» Redaktion
Diese Seite ist erreichbar unter:
https://abi.de/orientieren/was-will-ich-was-kann-ich/selbsterkundung/typisch-klischeefreie-berufswahl