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Als Sachbuch-Lektorin muss Antje Röttgers (34) vielseitig interessiert und offen für Neues sein: Jeden Tag bekommt sie Projekte auf den Tisch, die etwas ganz anderes mit sich bringen. Ist sie von einer Idee erstmal überzeugt, setzt sie sich auf allen Ebenen für sie ein.
Dass Lektorinnen und Lektoren allein im stillen Kämmerlein sitzen und tagein, tagaus Texte redigieren, ist ein Gerücht. „So ist es ganz und gar nicht“, sagt Antje Röttgers, Lektorin beim Hamburger Rowohlt Verlag. Natürlich sei es unerlässlich für den Beruf, sprachlich sicher zu sein. Am Text arbeite man aber oft mit dem Autor: „Wenn man etwa an einen Kriminalroman denkt, überlegt man gemeinsam, wie man mehr Spannung erzeugt oder schleift den Text auf sprachlicher Ebene.”
Sie selbst hat derzeit mit Krimis nichts zu tun, lektoriert im Sachbuch-Bereich – hat aber zuvor einige Erfahrung in der Belletristik gesammelt. Nach ihrem Kunstgeschichte- und Germanistik-Studium volontierte die 34-Jährige ein halbes Jahr lang in der Presseabteilung des internationalen Literaturfestivals lit.Cologne, was zunächst ihre Lust an der Programmarbeit weckte. Sie bewarb sich für ein Volontariat beim Verlag Kiepenheuer & Witsch, wo sie angenommen wurde und dann im Lektorat arbeitete: „Mein Schwerpunkt dort war internationale Belletristik, ich hatte also viel mit Übersetzern zu tun.“ Sowohl bei ihrer Bewerbung als auch in ihrem Berufsalltag hilfreich war, dass sie fließend Englisch spricht.
Nach einer Anstellung bei Der Audio Verlag und einer Tätigkeit als freie Lektorin wechselte sie zu Rowohlt. Dass sie seitdem vor allem mit Sachbuchprojekten betraut ist, freut sie: „In diesem Bereich fragt man sich stets, welche Themen aktuell sind oder es werden“, erklärt sie. „Man muss mit offenen Augen durch die Welt gehen und sich fragen, was für Leser interessant sein könnte.“
Und so liest sie viel, neben Tages- und Wochenzeitungen auch allerlei Magazine, treibt sich in sozialen Netzwerken herum und hält „die Augen offen“. Ihr gefällt, dass sie jeden Tag ein Projekt auf den Tisch bekommt, das etwas ganz anderes mit sich bringt – vor allem vor und nach den Buchmessen in Frankfurt und Leipzig, wenn naturgemäß mehr Manuskripte beim Verlag eingehen als sonst. „Aber ich bekomme nicht nur Manuskripte auf den Tisch, sondern frage mich auch, wer über ein bestimmtes Thema schreiben könnte, oder spreche mit Literaturagenturen.“
Ist sie von einem Manuskript oder Projekt überzeugt, muss Antje Röttgers zunächst die anderen Abteilungen mit ins Boot holen. „Jeder Verlag hat nur eine begrenzte Zahl von Programmplätzen“, erklärt sie. „Oft sitze ich also in meinem Büro und überlege, wie ich dieses oder jenes erklären kann.“ Ist ein Projekt schließlich im Gange, betreut sie es in allen Belangen, führt etwa Gespräche mit der Vertrags- und der Presseabteilung oder dem Marketing.
Manchmal fallen ihr ungewöhnliche Aufgaben zu. Als sie etwa die Taschenbuchausgabe eines Buches betreute, das in den 1960er-Jahren erschienen war, fiel ihr beim Lesen der Übersetzung ein merkwürdiger Bruch auf: „Es stellte sich heraus, dass an dieser Stelle eine ganze Seite fehlte.“ Sie forschte nach, und schließlich war es die Übersetzerin von einst, die in ihrem Ferienhaus eine Erstausgabe fand und ihr die Seite durchs Telefon diktierte.
Für Grammatik und Rechtschreibung indes, räumt sie mit einem weiteren Vorurteil auf, ist sie nicht alleine zuständig. „Dafür gibt es das Korrektorat“, erklärt sie. Dennoch muss sie auch in diesen Bereichen fit sein: „Durch das tägliche Lesen, Lektorieren und durch das Schreiben von E-Mails, Klappentexten und Autorenbiografien wird das zur Routine.“
Privat hat sie die Lust aufs Lesen nicht verloren, widmet sich dort vor allem der Belletristik und auch Titeln aus dem Programm der anderen Rowohlt-Abteilungen. „Der Beruf ist erfüllend und ich lege ihn jedem ans Herz, der eine Leidenschaft für Bücher mitbringt und vielseitig arbeiten will.“ Die Vorstellungen für ihre berufliche Zukunft sind sehr konkret: „Ich will weiterhin Bücher als Lektorin betreuen, die erfolgreich sind, viele Menschen erreichen und zum Nachdenken anregen.“
Stand: 15.03.2022
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