Hanna D.
Foto: privat
Unsere Sprache spielt in allen Berufen und Branchen eine gewisse Rolle. Alle, die sich mit Deutsch intensiver beschäftigen möchten, sollten genauer hinsehen – es eröffnen sich vielseitige und spannende Möglichkeiten damit.
Bücher, Bücher, Bücher: Für Hanna Dittrich (22) sind sie die große Leidenschaft. „In der Schule war Deutsch mein Lieblingsfach. Ich habe Interpretationen, Analysen und Erörterungen geliebt und konnte stundenlang in den Werken von Shakespeare, Goethe und Schiller verschwinden“, schwärmt sie. „Also habe ich mich informiert, wie ich mein Hobby zum Beruf machen kann und bin auf den Studiengang Germanistik gestoßen. Er klang perfekt für mich.“ Sie fand einen Platz an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und befindet sich inzwischen im achten und für sie letzten Bachelor-Semester. „Es handelt sich hier um einen Zwei-Fach-Bachelor. Ich habe mich für das Ergänzungsfach Psychologie entschieden, weil ich mit diesem zusätzlichen Hintergrund später zum Beispiel gut in Fachverlagen arbeiten könnte“, erklärt Hanna Dittrich ihre Studienwahl.
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Das regulär über sechs Semester laufende Bachelorstudium gliedert sich in die Bereiche Sprachwissenschaft und Literaturwissenschaft. Beides kann man in Jena auch separat als Ergänzungsfach studieren. „In der Sprachwissenschaft ging es los mit dem Modul Phonetik, also der Aussprache der einzelnen Buchstaben und Laute“, erklärt die Studentin. „Es folgten die Lexikologie mit der Lehre über die Zusammensetzung einzelner Wörter, dann die Grammatik und schließlich die Textlinguistik, in der wir uns mit den Texten als Ganzes befassen.“
Der Bereich Literaturwissenschaft unterteilt sich in Neuere Deutsche Literatur und Ältere Deutsche Literatur. „Nach einem Überblick über die einzelnen Epochen haben wir begonnen, verschiedenste Texte zu analysieren und zu interpretieren. Außerdem beschäftigen wir uns intensiv mit der Frage, warum Literaturwissenschaft wichtig für unsere Gesellschaft und Kultur ist. Da sind wir in Jena natürlich in einer historisch sehr bedeutsamen Stadt“, findet Hanna Dittrich. Ihre Passion für Bücher kann sie hier voll und ganz ausleben. „Unsere Liste an Pflichtlektüre für das Bachelorstudium umfasst 130 Werke. Davon müssen wir am Ende 40 aussuchen und darüber in einer Lektüreprüfung sprechen.“
Das Verfassen eigener Texte erlernen die Studierenden in einem schreibpraktischen Modul mit wöchentlich neuen Gastdozenten etwa von großen Zeitungen oder dem Goethe-Institut. In einem abschließenden Vertiefungsmodul können literarische Schwerpunkte gesetzt werden. „Ich habe mich für Drama und Theater im 20. Jahrhundert und die ästhetische Darstellung der Frau in den Werken der Moderne entschieden“, erzählt die Germanistik-Studentin.
Für die vorlesungsfreie Zeit steht ein sechswöchiges Pflichtpraktikum an. Hanna Dittrich absolvierte dieses beim Verlag Bastei Lübbe in Köln und machte acht Wochen daraus. „So viel Praxis wie möglich ist ganz wichtig bei diesem Studium.“ Neben ihrer Tätigkeit am Institut der germanistischen Sprachwissenschaft als Hilfskraft hat die junge Frau auch noch weitere freiwillige Praktika gemacht: Zum einen bei der Süddeutschen Zeitung in Freising und im Goethe- und Schiller-Archiv in Weimar. Was Hanna Dittrich dabei rausgefunden hat? „Ich habe bemerkt, dass das Zeitungswesen einfach nichts für mich ist. Es klingt zwar etwas komisch, aber es war mir etwas zu stressig und gleichzeitig zu langweilig. Das Arbeiten im Archiv war dagegen total interessant. Ich habe ja schon immer ein Faible für Goethe“, schmunzelt sie.
Gerade steht Hanna Dittrich kurz vor der Abgabe ihrer Bachelorarbeit. In dieser dreht sich natürlich auch alles um Sprache und Grammatik, aber auch um Forschung. „In meiner Bachelorarbeit analysiere ich Briefe der Magdalene Trenkel. Diese sind in Sütterlin geschrieben, eine Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelte Ausgangsschrift für das Erlernen von Schreibschrift – ähnlich der Kurrent-Schrift. Insgesamt habe ich 125 Stück auf 219 Seiten transkribiert. Das war schon super anstrengend.“
Nach der Abgabe folgt ein fließender Übergang in das Masterstudium ‚Literatur-Kunst-Kultur‘ – auch in Jena. „Ich freue mich total auf das Studium und habe bereits meine ganzen Kurse gewählt. Nächstes Jahr im Sommer möchte ich auch nochmal ein Praktikum bei einem Verlag machen. Ich hatte nämlich schon eine Zusage für ein Praktikum beim Loewe Verlag, welches dann aufgrund der Corona-Pandemie aber nicht stattfinden konnte.“
Und nach dem Masterstudium? „Mein Wunsch ist es, als Lektorin im Verlag zu arbeiten und an der Gestaltung von Büchern mitzuwirken.“ Es stehen Hannah Dittrich beruflich dann aber noch viele andere Türen offen. Sie könnte zum Beispiel als Journalistin, Pressesprecherin oder im kulturellen Bereich arbeiten.
Für alle, die wirklich „etwas mit Deutsch“ machen möchten, ist das Studium der Germanistik der naheliegende Weg. Dies bestätigt Mandy Rusch, Berufsberaterin bei der Agentur für Arbeit Leipzig: „Je nach Hochschule können die Bezeichnungen und Inhalte dabei variieren. So gibt es etwa Studiengänge wie ‚Deutsche Literaturwissenschaft‘. In diesem Fall ist der sprachwissenschaftliche Anteil etwas kleiner.“ Auch die Frage, welcher Abschluss zu den eigenen Zielen passt, gilt es frühzeitig zu klären – möchte man Deutsch vermitteln, ist ein Studium mit Lehramt-Abschluss ratsam, was in den meisten Bundesländern mit dem Staatsexamen verbunden ist. „Mit einem Bachelor-Abschluss ohne Lehrbefähigung können Germanisten zum Beispiel in Verlagen, Redaktionen, Bibliotheken oder Archiven tätig werden. Interessierte sollten sich vorab gut informieren. Die Berufsberatung kann dabei helfen, eine passende Hochschule und den geeigneten Abschluss zu finden“, erklärt Mandy Rusch.
Germanisten und Germanistinnen können grundsätzlich überall dort arbeiten, wo Deutsch als Kernkompetenz gefragt ist – wo also viel kommuniziert wird, wo Informationen aufbereitet und vermittelt werden und wo ein geeigneter und sorgfältiger Umgang mit Sprache und Texten erforderlich ist. „Zunehmend an Bedeutung gewinnen auch die Bereiche Unternehmenskommunikation, Öffentlichkeitsarbeit und der Social Media-Bereich“, ergänzt die Berufsberaterin. „Viele dieser Aufgabenbereiche sind aber auch mit anderen Qualifikationen zugänglich, insbesondere anderen Geisteswissenschaften oder spezialisierten Studiengängen wie zum Beispiel Kommunikations- und Medienwissenschaften.“
Besonders für das Germanistik-Studium gilt: Eine frühzeitige Orientierung trägt erheblich dazu bei, später beruflich Fuß fassen zu können. „Praktika und studienbegleitende Jobs sind unerlässlich und auch über ein Ergänzungsfach lässt sich das Profil schärfen. Kombinationen mit Informatik oder wirtschaftswissenschaftlichen Modulen lassen die Absolventen auf breiteren Beinen stehen und eröffnen bessere berufliche Einstiegsmöglichkeiten.“ Für Absolventen und Absolventinnen hat Mandy Rusch noch einen Tipp: „Wer bei der Jobsuche ‚Germanist‘ in Jobbörsen sucht, wird eher wenig Ergebnisse erhalten. Besser ist es, nach konkreten Jobprofilen zu schauen. Und auch studienbegleitende Kontakte werden zunehmend wichtiger für die Jobsuche.“
In vielen Berufen spielt die deutsche Sprache zudem als Randkompetenz eine große Rolle. So müssen auch Juristen oder Schauspieler in ihrem Alltag besonders auf die Verwendung von Sprache achten. „Dabei geht es jedoch mehr um die Kommunikation und weniger um die Sprache an sich“, wiegelt die Berufsberaterin Mandy Rusch ab. „Dies gilt auch für einige Ausbildungsberufe, die Interessierte anstelle eines Hochschulstudiums erwägen könnten. Logopäden und Logopädinnen etwa vermitteln das richtige Sprechen und Kaufleute für audiovisuelle Medien können zwar in Verlagen arbeiten, sind dort aber mehr für die Zahlen zuständig.“ Wer konkret mit Büchern und Quelltexten arbeiten möchte, könnte hingegen mit der Ausbildung zum Fachangestellten für Medien und Informationsdienste (FAMI) der Fachrichtung Bibliothek oder Archiv das Passende finden. Grundsätzlich sollten Interessierte für einen „Beruf mit Deutsch“ einiges mitbringen: Neugier und Freude an der Sprache. Sie sollten außerdem gerne und viel lesen und Spaß daran haben, sich intensiv mit Texten und Worten auseinanderzusetzen.
Und wie sieht es konkret auf dem Arbeitsmarkt aus? Die studienfachbezogene Arbeitslosenquote liegt für Germanisten leicht über drei Prozent. „Germanisten und Germanistinnen lassen sich jedoch in den Arbeitsmarktstatistiken kaum trennscharf erfassen, da sich ihre Einsatzbereiche mit denen anderer Geisteswissenschaftler überschneiden. Auch die Berufsbereiche Journalismus, Medien und Lehre spielen dabei eine wichtige Rolle“, erklärt Claudia Suttner vom Team Statistik und Arbeitsmarktberichterstattung der Bundeagentur für Arbeit. Rund 280 Arbeitslose waren 2020 durchschnittlich gemeldet, die eine Tätigkeit explizit als Germanist suchten. Dem standen nur 10 gemeldete Stellen gegenüber, die sich explizit an Germanisten wandten. Es ist also notwendig, bei der Berufswahl flexibel zu sein. „Die Statistiken geben dazu einige Zahlen her: So gab es laut Mikrozensus im Jahr 2019 etwa 93.000 Erwerbstätige, die über einen Germanistik-Abschluss verfügen – unabhängig davon, welche Tätigkeit sie aktuell ausüben“, sagt Claudia Suttner.
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Stand: 14.10.2021
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