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Biologinnen und Biologen – Interview: „Nicht zu früh spezialisieren“

abi» sprach mit Dr. Kerstin Elbing, Leiterin der Berliner Geschäftsstelle des Verbands Biologie, Biowissenschaften und Biomedizin in Deutschland e.V. – VBIO, über Trends und Herausforderungen für Biologinnen und Biologen.

Junge Frau kümmert sich um Tabakpflanze

abi» Frau Dr. Elbing, welche Trends können Biologinnen und Biologen in den nächsten Jahren erwarten?

Dr. Kerstin Elbing: Die Biowissenschaften – insbesondere das Gebiet der Biomedizin – wird immer wichtiger werden. Das haben wir am Beispiel der Covid-19-Pandemie gesehen: Biologen haben die Corona-Impfstoffe maßgeblich mitentwickelt. Auch die Bioökonomie wird an Bedeutung gewinnen, etwa bei der Forschung zur vermehrten Verwendung nachwachsender Rohstoffe. In diesem Zusammenhang machen sich beispielsweise Biotechnologen Gedanken darüber, wie nachhaltige Wirtschaftskreisläufe aussehen können, zum Beispiel durch die Entwicklung effizienterer Umwandlungs- und Recyclingverfahren. Auch Natur- und Artenschutz, das Insektensterben und der Klimawandel sind wichtige Zukunftsthemen. In diesem Bereich haben sich die Chancen für den Berufseinstieg verbessert.

abi» Welche Herausforderungen bestehen?

Dr. Kerstin Elbing: Wir haben es in der Biologie mit vielen Regularien zu tun. Zum Beispiel werden Tierversuche für Medikamente durchs Tierschutzrecht geregelt. Auch mit Gentechnikrecht, Laborsicherheit, Gefahrstoff- und Biostoffverordnungen oder Biopiraterie müssen sich Biologen je nach Einsatzgebiet beschäftigen. Das ist gute wissenschaftliche Praxis und unter ethischen Gesichtspunkten sehr berechtigt. Es bedeutet aber oft, viele Dokumente zu erstellen und Genehmigungen einzuholen, bevor man mit der eigentlichen Forschungsarbeit beginnen kann. Darauf sollte sich jeder einstellen, der Biologie studiert.

abi» Welche Eigenschaften und Fähigkeiten sollten Biologinnen und Biologen mitbringen?

Dr. Kerstin Elbing: Das Feld der möglichen Berufe ist sehr groß. Daher ist es sinnvoll, breite Kenntnisse und Interessen mitzubringen und sich nicht zu früh zu spezialisieren. Ein umfassendes Biologie-Studium ist immer noch die beste Voraussetzung für den Berufseinstieg. Es bringt den meisten Studienanfängern nichts, sich zu zeitig auf zu enge Forschungsfelder festzulegen. 

abi» Wie kann der Berufseinstieg gelingen?

Dr. Kerstin Elbing: Ein Masterstudium ist bei Biologen die Regel, mit dem Bachelor hört kaum jemand auf. Im Vergleich zu anderen Studiengängen promoviert eine überdurchschnittlich große Zahl der Masterabsolventen. Für wissenschaftliche Tätigkeiten ist eine Promotion auch notwendig. In anderen Bereichen, etwa in der Industrie, in der Verwaltung oder als Freiberufler, beispielsweise als Gutachter, kann ein Doktortitel zwar hilfreich sein, ist aber nicht unbedingt Voraussetzung.