zum Inhalt

Studiengänge rund um die Erde - Interview: Zwischen Hörsaal und Feldarbeiten

Dr. Peter Merschel, Geschäftsführer des Berufsverbands Deutscher Geowissenschaftler, erläutert den Unterschied zwischen Geowissenschaften und Geographie und wirft einen Blick auf Anforderungen und Berufsfelder.

Geowissenschaftlerin, nimmt eine Gesteinsprobe in einem Tagebau.

abi» Herr Dr. Merschel, welche Geo-Studiengänge gibt es?

Peter Merschel: Die Silbe „Geo“ zu verwenden, stiftet Verwirrung. Man muss zwei Bereiche klar voneinander trennen. Das eine sind die Geowissenschaften. Dazu zählen die Geologie, die Mineralogie, die Paläontologie und die Geophysik. Es sind streng naturwissenschaftliche Disziplinen, die sich ganz überwiegend mit der festen Erde beschäftigen. Von ihnen zu unterscheiden ist der Bereich der Geographie, die sich je nach Teildisziplin zwischen den Natur-, Geistes- und Sozialwissenschaften bewegt.

abi» Gibt es Schnittmengen?

Peter Merschel: Unterschiedlich. Die Humangeographie hat kaum Überschneidungen mit den Geowissenschaften. Anders ist es bei der Physischen Geographie, etwa im Bereich der Bodenkunde. Im Berufsleben gibt es mehr Graubereiche. Im Nachhaltigkeitsmanagement etwa können Geographen/-innen wie auch Geowissenschaftler/innen tätig werden. Auch mit Umweltgeologie oder Altlastenbearbeitung können sich beide beschäftigen und gut ergänzen.

abi» Welche Anforderungen bringt ein geowissenschaftliches Studium mit sich?

Peter Merschel: Ich brauche ein gutes naturwissenschaftliches Grundverständnis. In allen Studiengängen habe ich jeweils zwei bis drei anspruchsvolle Vorlesungen in höherer Mathematik, Chemie, Physik und manchmal auch in Biologie. Was auch nicht jedem bewusst ist: Ein wichtiger Bestandteil ist der hohe Praxisanteil, sprich: Feldarbeit. Man verbringt viel Zeit im Gelände, auf Exkursionen, macht Kartierübungen. Körperliche Fitness sollte man dafür ebenfalls mitbringen – wenn es etwa in die Mittelgebirge oder auf große Exkursionen ins Ausland geht.

abi» Wo arbeiten Geowissenschaftler/innen?

Peter Merschel: Nur ein kleiner Teil geht in die Forschung. Die meisten sind in angewandten Berufen tätig, in Ingenieur- und Geobüros, der Industrie, manche in Ämtern und Behörden oder als Selbständige. Typische Tätigkeitsfelder sind beispielsweise Altlasten, Baugrunduntersuchungen oder Geotechnik. An Bedeutung gewinnt derzeit das Geodatenmanagement. Besonders gute Berufsaussichten wird es demnächst in der Umweltgeologie geben: Das Thema kam in den 1980ern auf und die Gründergeneration bewegt sich nun auf den Ruhestand zu – es ist ein Generationenwechsel im Gange. 

abi» Kann man mit einem Bachelor ins Berufsleben starten?

Peter Merschel: Ich rate dazu, zunächst einen Master zu machen. Aufgrund der Komplexität und der Bandbreite der Geowissenschaften vermittelt der Bachelor fast ausschließlich Grundlagenwissen unter anderem in den Naturwissenschaften, zur Entstehung der Erde sowie in Techniken und Arbeitsmethoden. Erst im Master kann ich einen Teilbereich vertiefen und mich spezialisieren.