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Gender Studies: Mehr als Feminismus

Sofia Casarrubia (29) studiert Gender Studies an der Humboldt-Universität (HU) zu Berlin. In diesem Jahr schließt sie ihren Master ab. Ihre Studienzeit hat sie als Mensch geprägt – nicht nur wegen der Vielfalt an Wissen.

Detail: Ein Buch mit Informationen zum Thema Antidiskriminierung und Rassismus.

„Ich studiere Anti-Diskriminierungsstudien“, antwortet Sofia Casarrubia auf die wiederkehrende Frage, was sie im Studium eigentlich macht. „Damit können die meisten Menschen etwas mehr anfangen – das ist greifbarer“, sagt die 29-Jährige lächelnd. Die Fachbezeichnung „Gender Studies“ sorgt bei den meisten nämlich erstmal für Verwirrung. Dabei beschäftigt sich der Studiengang entgegen der häufigen Vermutungen nicht allein mit Feminismus, sondern greift unterschiedliche Formen der Diskriminierung auf.

Begegnungen als Inspiration

Ein Porträt-Foto von Sofia Casarubbia Ein Porträt-Foto von Sofia Casarubbia

Sofia Casarubbia

Dass sie sich einmal auf dieses Gebiet spezialisieren würde, hat Sofia Casarrubia früher nicht gedacht. „Es war ein Prozess aus vielen Momenten und Begegnungen, der mich auf die Gender Studies brachte“, erinnert sie sich. Einer dieser Momente war während ihres Auslandsjahres in den USA, als sie an der High School auf Formen von Alltagsrassismus aufmerksam wurde. Damals war sie überrascht, dass asiatische und schwarze Mitschülerinnen und Mitschüler in der Pause immer an anderen Tischen saßen als die Schülerinnen und Schüler aus meist wohlhabenden weißen Elternhäusern. Die nächste prägende Erfahrung machte Sofia Casarrubia nach dem Abitur beim Freiwilligendienst „weltwärts“ im westafrikanischen Benin. Dort setzte sie sich zusammen mit einheimischen Jugendlichen mit Menschen- und Frauenrechten auseinander.

Im Bachelor studierte sie anschließend Sozialwissenschaften und Friedens- und Konfliktforschung in Marburg. Bestärkt und inspiriert durch ihre Dozentinnen und unterschiedliche Autorinnen, wollte sie die Themenbereiche Gender und Rassismus vertiefen. In Gender Studies an der HU Berlin sah sie ihre Interessen widergespiegelt.

Freiheit und Selbstständigkeit

An dem Studiengang schätzt Sofia Casarrubia vor allem die Möglichkeit, mehrere Fachrichtungen miteinander kombinieren zu können. So hat sie Seminare in Rechts-, Erziehungs- und Kulturwissenschaften, aber auch in Amerikanistik und Literatur absolviert. „Ich konnte einfach neugierig in viele Disziplinen reinschnuppern und Genderfragen aus unterschiedlichen Perspektiven beantworten“, erzählt die Studentin. Dabei profitierte sie nicht nur von der Vielfalt an Professorinnen und Professoren, sondern auch von der Diversität ihrer Kommilitoninnen und Kommilitonen: „Ihr Hintergrund ist sehr heterogen, das gibt einem neue Denkanstöße und erweitert das eigene Netzwerk.“

„Ausgebildete Feministin“

Von ihren Verwandten bekommt Sofia Casarrubia oft die Frage gestellt, was sie nach ihrem Gender-Studium eigentlich wird. „Ich bin dann ausgebildete Feministin“, scherzt sie, „aber das ist ja nur der aktivistische Part, den Beruf gibt’s ja leider nicht bezahlt.“

Aktuell hält sie sich noch offen, ob sie freiberuflich arbeiten möchte oder eine Festanstellung im Bereich der politischen Bildungsarbeit suchen wird. Praktische Erfahrungen vor dem Berufsstart findet die baldige Absolventin unerlässlich. Um sich ein zweites Standbein aufzubauen, hat sie parallel zum Studium eine Ausbildung zur Mediatorin gemacht. Heute führt sie damit Workshops und Diversity-Trainings für Jugendliche und Erwachsene durch.

Dass sie mit ihrem Studium die richtige Entscheidung getroffen hat, wusste Sofia Casarrubia, als sie im Rahmen einer Seminarreihe über die „Refugee Law Clinic“ in Berlin Asylsuchende zu ihren LGBTIQ-Rechten (Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender, Intersex und Queer) in Deutschland beraten konnte: „Das war der Moment, in dem für mich alles Sinn ergab, weil ich mit meinem Wissen aus dem Studium andere Menschen unterstützen kann.“