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Mit dem Erwerb des Fachanwaltstitels winken Rechtsanwälten und Rechtsanwältinnen mehr Reputation und ein höheres Gehalt. Insgesamt gibt es 24 sogenannte Fachanwaltschaften – von Agrar- bis Verwaltungsrecht.
Leidenschaftliche Debatten führen, geschliffene Plädoyers halten, sich für die Gerechtigkeit einsetzen: Den Traum von einer Tätigkeit als Rechtsanwalt oder Rechtsanwältin träumen viele angehende Juristen und Juristinnen. Für Christian Dahns, Geschäftsführer der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) in Berlin, drehen sich die Debatten um eine neue Fachanwaltschaft: Im zuständigen Gremium der BRAK wird zum wiederholten Mal über die mögliche neue Fachanwaltschaft für Opferrechte diskutiert.
„Ich gehe davon aus, dass der Fachanwalt für Opferrechte kommen wird“, sagt er. Die Fachanwaltschaften bildeten historisch gesehen schon immer die gesellschaftliche Entwicklung ab, und auch bei den Opferrechten habe es in den vergangenen Jahren einige Neuerungen gegeben, die eine eigene Fachanwaltschaft rechtfertigen, glaubt Christian Dahns.
In vielen Kleinstädten oder auf dem Land ist nicht unbedingt eine Spezialisierung nötig ist – da zählen eher die Generalisten.
Christian Dahns, Geschäftsführer der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK)
Derzeit gibt es in Deutschland 24 Fachanwaltschaften. 1937 wurde die erste Fachanwaltschaft überhaupt, das Steuerrecht, eingeführt. Die neueste Fachanwaltschaft ist das Sportrecht, das seit dem 1. Juli 2019 offiziell besteht. Dazwischen entstanden unter anderem das Migrationsrecht, das Familien- und das Strafrecht.
Insgesamt gibt es laut Christian Dahns 165.000 durch die Anwaltskammer zugelassene Rechtsanwält*innen, von denen 46.000 einen oder mehrere Fachanwaltstitel tragen. Somit ist nur rund ein Viertel der Anwält*innen auch Fachanwalt bzw. Fachanwältin: „Das liegt daran, dass in vielen Kleinstädten oder auf dem Land nicht unbedingt eine Spezialisierung nötig ist – da zählen eher die Generalisten“, betont Christian Dahns. Doch in den Städten werden bei immer komplexeren juristischen Fragen eben Spezialisten gebraucht.
Für Rechtsanwält*innen lohnt sich ein Fachanwaltstitel aufgrund höherer Reputation und oftmals auch wegen eines um etwa 30 Prozent höheren Gehalts. Jede und jeder durch die Anwaltskammer zugelassene Rechtsanwältin oder Rechtsanwalt kann innerhalb von drei Jahren einen Fachanwaltstitel beantragen, wenn er oder sie 120 Stunden Theorie im jeweiligen Fachgebiet bei einem privaten Anbieter vorweisen kann.
Im Steuerrecht kommen noch 40 Stunden in Buchhaltung und Bilanzwesen hinzu, im Insolvenzrecht 60 Stunden betriebswirtschaftliche Grundlagen. Dazu müssen Anwärterinnen und Anwärter eine je nach Fachgebiet bestimmte Anzahl an Fällen in der Praxis bearbeitet haben: Im Steuerrecht genügen dabei 50 Fälle, im Verkehrsrecht sind 160 Fälle nötig. Bei der geforderten Fallzahl orientiert man sich an der Frage, welche Bandbreite spezialisierte Fachanwält*innen abbilden müssen. „Es liegt ja auch im Interesse der Mandanten, dass der angehende Fachanwalt die gesamte Bandbreite seines Gebiets beherrscht“, erklärt Christian Dahns. In manchen Disziplinen wird gefordert, dass eine bestimmte Zahl von Fällen vor Gericht verhandelt wurde, etwa im Arbeitsrecht, wo viele Fälle außergerichtlich geklärt werden.
Wann die drei Jahre beginnen, kann der Anwalt oder die Anwältin selbst entscheiden. „Die Wahrscheinlichkeit, möglichst schnell die nötigen Fälle zu sammeln, ist natürlich in einer größeren Anwaltskanzlei, einer sogenannten Sozietät, am höchsten“, weiß Christian Dahns, der Berufseinsteiger*innen rät, erst einmal dort Erfahrungen zu sammeln, statt sich gleich nach dem Studium selbstständig zu machen. Der Zeitraum für die Fälle kann sich auch bei Mutterschutz, Elternzeit oder besonderer Härte (etwa einer längeren Krankheit) verschieben. „Es gibt aber auch Anwälte, die haben ihre Fälle schon nach einem Jahr zusammen“, sagt Christian Dahns.
Den Titel Fachanwalt oder Fachanwältin kann nur die zuständige Anwaltskammer verleihen. Rechtsgrundlage für die Fachanwaltschaften ist übrigens die Fachanwaltsordnung (FAO), die nur von gewählten Vertreterinnen und Vertretern der Anwaltskammern geändert werden kann. Theoretisch kann man bis zu drei Fachanwaltstitel tragen. „Doch erst einmal sollte man sich für ein Gebiet entscheiden. Da sollte man sich nicht verzetteln“, rät Christian Dahns. Erfahrungen sammeln könne man etwa durch Praktika. „Dort lernt man auch, worauf es bei den einzelnen Gebieten ankommt. Nicht jeder ist beispielsweise der Typ für harte, oft emotionale Prozesse im Strafrecht. Darüber kann man sich aber schon während des Studiums klar werden“, rät der BRAK-Geschäftsführer.
Die meisten Fachanwältinnen und Fachanwälte werden in den klassischen Rechtsgebieten wie dem Arbeitsrecht gebraucht, im Strafrecht, dem Steuerrecht sowie dem Miet- und Wohnrecht. „Da wird es immer Bedarf geben“, ist sich Christian Dahns sicher. Auch im Hinblick auf die Beratung von Firmen, etwa im IT-Recht und nicht zuletzt aufgrund der Datenschutzgrundverordnung der Europäischen Union, werden zunehmend Fachanwältinnen gesucht.
Das Online-Lexikon der Bundesagentur für Arbeit mit über 3.500 ausführlichen Berufsbeschreibungen in Text und Bild (Suchwort: „Fachanwalt/-anwältin)
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Stand: 23.09.2024
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