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Über Geld spricht man nicht? Diesen Leitsatz sollte man in der Gehaltsverhandlung über Bord werfen und stattdessen selbstbewusst und gut vorbereitet auftreten. Wer seinen eigenen Wert sowie die Rahmenbedingungen von Branche und Unternehmen kennt, verhandelt besser.
Dein Vorstellungsgespräch ist super gelaufen, ihr seid euch sympathisch, die Stelle klingt spannend. Plötzlich fragt der Personalverantwortliche: „Wie sind denn Ihre Gehaltsvorstellungen?“ Verdutzt nennst du irgendeine Zahl und hoffst, ungefähr im richtigen Bereich zu liegen. Genau diese Situation sollte man vermeiden, sagt Michael Hümmer, Berufsberater bei der Agentur für Arbeit Erlangen. „Ich rate dazu, die durchschnittlichen Gehälter zunächst im Portal der Bundesagentur für Arbeit zu vergleichen“.
„Gehalt“ bedeutet jedoch weit mehr als das feste Jahresbruttogehalt. „Spannend ist es, wenn man ein echtes Paket verhandelt“, erklärt Michael Hümmer. Dabei fließen noch viele weitere Aspekte mit ein, etwa die Frage, ob Mehrarbeit mit dem Gehalt abgegolten ist oder mit Freizeit ausgeglichen wird – ein großer Unterschied. Auch die Anzahl der Urlaubstage, die Möglichkeit von Home-Office, flexible Arbeitszeiten, Bonuszahlungen und andere Zusatzleistungen sollten in die Verhandlungen einbezogen werden.
Der Arbeitgeber ist nicht wegen Ihres Abschluss scharf auf Sie, sondern wegen Ihrer Kompetenz, bestimmte Aufgaben zu erledigen. Je mehr Qualifikationen ich mitbringe, desto höher ist mein Verhandlungsspielraum beim Gehalt.
Michael Hümmer, Berufsberater bei der Agentur für Arbeit Erlangen
In der Regel haben Absolventinnen und Absolventen beim Berufseinstieg keinen allzu großen Verhandlungsspielraum. Aber in Branchen mit hohem Fachkräftemangel kann man durchaus verhandeln, etwa in der IT-Branche oder in naturwissenschaftlichen Berufen. Das gilt zumindest für die freie Wirtschaft. Im öffentlichen Dienst oder in tarifgebundenen Unternehmen gibt es kaum Spielraum – hier wird man entsprechend der Ausbildung, des Studienabschlusses und der Erfahrung eingruppiert.
Auch regionale Unterschiede sollte man berücksichtigen: Wer in Trend-Städten wie München, Hamburg oder Berlin arbeiten möchte, verdient zwar meist mehr, muss jedoch deutlich höhere Lebenshaltungskosten bewältigen. „Da muss jeder und jede für sich kalkulieren: Was bringt mir die Trend-Region tatsächlich? Wäre der mittelständische Betrieb in einer weniger trendigen Region möglicherweise finanziell lukrativer?“, rät Michael Hümmer.
Neben dem Gehalt sollte man natürlich die langfristige Karriereplanung berücksichtigen: Wo möchte ich eigentlich hin? Welche Fähigkeiten und Erfahrungen bringe ich mit? Berufliche Kompetenzen kann man bereits während des Studiums aufbauen, etwa in Praktika oder als Werkstudent oder -studentin. „Der Arbeitgeber ist nicht wegen Ihres Abschlusses scharf auf Sie, sondern wegen Ihrer Kompetenz, bestimmte Aufgaben zu erledigen. Je mehr Qualifikationen ich mitbringe, desto größer ist mein Verhandlungsspielraum beim Gehalt“, so Michael Hümmer. Eine weitere Option ist eine Klausel im Arbeitsvertrag, die eine Gehaltserhöhung nach der Probezeit vorsieht. Wer einen solchen Sonderweg aushandelt, sollte jedoch darauf achten, sein Einstiegsgehalt zu Beginn der Probezeit nicht zu tief anzusetzen.
Außerdem ist es wichtig, sich die Chancen nicht schon vor dem ersten Gespräch zu verbauen. Am Anfang des Bewerbungsprozesses etwa sollte man nur dann eine Gehaltsvorstellung im Anschreiben erwähnen, wenn diese ausdrücklich verlangt wird. „Andernfalls bin ich in der Verhandlung eher auf diese Zahl festgelegt.“ Auch im Vorstellungsgespräch selbst rät der Experte dazu, das Thema Gehalt nicht von sich aus anzusprechen, sondern zunächst abzuwarten.
Im Idealfall landet dann der Arbeitsvertrag im Briefkasten oder im E-Mail-Postfach. Den Vertrag sollte man genau studieren, sich Zeit dafür nehmen und sich bei Bedarf juristisch beraten lassen. Genau prüfen sollte man vor allem das Gehalt und die verhandelten Bedingungen. Weicht der Vertrag vom mündlich vereinbarten Paket ab, sollte man nachverhandeln und die Abweichungen ansprechen.
Wer mehrere Jobangebote hat, kann das beste auswählen. Hier empfiehlt es sich, das Gehalt und alle weiteren Kriterien sorgfältig abzuwägen. „Schließlich entscheidet man sich für eine Firma, in der man viel Zeit seines Lebens verbringt“, betont Michael Hümmer. Wichtig ist bei jedem Schritt während der Gehaltsverhandlung auch immer die Etikette: Man sollte nicht zu forsch und keinesfalls arrogant wirken und den möglichen Arbeitgeber nicht unter Druck setzen. Ein kollegialer Ton ist das A und O.
Die Webseite der Bundesagentur für Arbeit bietet einen Entgeltatlas, mit dem man sich über durchschnittliche Gehälter in unterschiedlichen Regionen informieren kann.
Erste Anlaufstelle zum Bewerbungsprozess und zur Gehaltsverhandlung bietet nahezu jede örtliche Agentur für Arbeit in Form von Beratungen und Veranstaltungen.
Ein ausführlicher Gehaltsreport speziell für Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteiger
Das Onlinelexikon der Bundesagentur für Arbeit bietet über 3.000 aktuelle Berufsbeschreibungen in Text und Bild. Hier finden sich auch Einsatz- und Weiterbildungsmöglichkeiten für viele Berufsgruppen, die je nach Job neue Gehaltsperspektiven eröffnen können. Auch beispielhafte Verdienstmöglichkeiten werden bei manchen Berufen genannt.
Stand: 23.08.2024
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