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Eisenbahnerin – Betriebsdienst – Lokführerin und Transport: Sie weiß, wo es langgeht

Als Eisenbahnerin im Betriebsdienst steuert Chiara Hock (26) bei Regio Freiburg Triebzüge der Deutschen Bahn. Sie fährt mit drei verschiedenen Baureihen auf sieben Strecken in der Umgebung und muss dabei ihre Fahrgäste sicher ans Ziel bringen.

Porträt von Chiara Hock

In Chiara Hocks Arbeitsleben ist jede Schicht individuell. „Ein Programm, in welches die entsprechenden Disponenten alle nötigen Daten einpflegen, kreiert die Schichten selbstständig“, berichtet die 26-Jährige. Sie bekommt meistens Frühschichten, weil sie diese bevorzugt. Damit tritt sie zwischen 2.15 Uhr und 6 Uhr ihren Dienst an.

„Zunächst bereite ich in der Abstellung den Zug für meine erste Fahrt an diesem Tag vor und manchmal auch noch die Züge für zwei oder drei Kolleginnen und Kollegen: Ich überprüfe die Technik im Führerstand, mache eine Bremsprobe, behebe kleine Störungen, falls nötig. Dann gehe ich durch den Fahrgastraum, schaue nach, ob die Toiletten funktionieren und ob alles in Ordnung ist.“ Beim abschließenden Gang um den Zug wirft Chiara Hock einen Blick von unten auf den Stromabnehmer, die Dämpfer, Kupplungen und Sandanlagen. Sand ist für die Sicherheit während der Fahrt sehr wichtig. Er sorgt dafür, dass die Bahn nicht so leicht ins Rutschen kommen kann, und bringt im Fall einer Notbremsung den Zug schneller zum Stehen.

Erst wenn sie sich davon überzeugt hat, dass alles seine Ordnung hat, rangiert sie das Fahrzeug in den Bahnhof und die ersten Fahrgäste steigen ein. Während der gesamten Fahrt muss sie über ein Pedal im Fußraum in kurzen Abständen die sogenannte „Sicherheitsfahrschaltung“ betätigen. So zeigt sie, dass sie aufmerksam ist und in der Lage, den Zug zu steuern. „In meiner dreijährigen Lokführerin-Ausbildung und im vergangenen Jahr habe ich gelernt, das geforderte Zeitintervall von je maximal dreißig Sekunden nach Gefühl einzuhalten. Würde ich vergessen, das Pedal zu betätigen, käme ein Warnton oder ein Sprachbefehl, je nach Fahrzeug. Falls ich dann nicht reagiere, würde der Zug automatisch heruntergebremst, damit nichts passiert.“

Wenn die erste Fahrt absolviert ist, übergibt Chiara Hock das Fahrzeug meist an eine Kollegin oder einen Kollegen und übernimmt ihrerseits einen Zug von diesen. Nur so kann gewährleistet werden, dass die Lokführerinnen und Lokführer Dienstbeginn und -ende in derselben Einsatzstelle haben. Zurückgefahren in die Abstellung werden die Triebzüge in der Regel am Ende der Spätschicht, die meist zwischen 13 und 16 Uhr beginnt. „Dann bringen wir alles wieder in Grundstellung und ‚legen den Zug schlafen‘. Wir fahren also das System herunter.“

  • Porträt von Chiara Hock

    Es gibt Schichten von nur fünf Stunden und solche von zwölf Stunden. So können wir alle Fahrten abdecken. Uns verlangt das natürlich viel Flexibilität ab. Doch für mich persönlich bedeutet es eine Abwechslung, die mir sehr willkommen ist.

    Chiara Hock ist Eisenbahnerin im Betriebsdienst.

Flexibilität ist als Lokführerin sehr wichtig

Im Durchschnitt dauert Chiara Hocks Schicht neun Stunden. Diese werden von den gesetzlich geregelten Pausen unterbrochen. „Es gibt Schichten von nur fünf Stunden und solche von zwölf Stunden. So können wir alle Fahrten abdecken. Uns verlangt das natürlich viel Flexibilität ab. Doch für mich persönlich bedeutet es eine Abwechslung, die mir sehr willkommen ist.“ Die 26-Jährige fährt mittlerweile seit über einem Jahr auf sieben Linien von Regio Freiburg, unter anderem nach Karlsruhe, Breisach, Neuenburg und Villingen.

Was umgangssprachlich „Lokführerin“ genannt wird, heißt korrekt „Triebfahrzeugführerin L/T“. Die beiden Buchstaben stehen für „Logistik“ und „Transport“. Die modernen Regionalzüge von deutschen und französischen Herstellern, die Chiara Hock steuert, verfügen über einen eigenen Antrieb und fahren im Regelbetrieb mit Wagen, die nicht voneinander trennbar sind. Der Führerstand ist in den Endwagen integriert, sodass man keine Lok braucht. Daher der Name „Triebzüge“.

Ihre sieben Strecken musste die junge Frau zuvor mehrfach mit einem Kollegen befahren und ihre Streckenkenntnis dann schriftlich nachweisen. Wenn sie für eine Umleitung andere Strecken nehmen muss, ist sie zur Sicherheit entweder mit maximal 100 Stundenkilometern auf Hauptbahnen beziehungsweise 40 Stundenkilometern auf Nebenbahnen unterwegs oder wird von einer streckenkundigen Lokführerin oder einem Lokführer begleitet.

Selbstständig auf deutschem Schienennetz unterwegs

Als Chiara Hock sich bei der Deutschen Bahn um eine Ausbildungsstelle bewarb, wusste sie ziemlich genau, was sie erwartete. Denn der Vater ihrer besten Freundin ist ebenfalls Lokführer. „Ich mag neben der Abwechslung auch die Verantwortung für andere, die dieser Beruf mit sich bringt.“ Ihre Ausbildung begann sie 2019 in Freiburg. „In der Ausbildung nimmt man den ganzen Zug auseinander, um die Technik genauer kennenzulernen, und macht sich mit allen Signalen vertraut, die einem an der Strecke begegnen können.“ Nachdem sie in der Lokführerin-Ausbildung immer in Begleitung gefahren ist, startete Chiara Hock ihre erste selbstständige Fahrt im August 2022. „Ich war – obwohl gut vorbereitet – sehr nervös. Aber es hat alles gut geklappt“, erzählt die Schwäbin, die als Frau einer kleinen, aber wachsenden Minderheit in ihrem Beruf angehört.

Wissen und Erfahrung als Lokführerin weitergeben

Welche Eigenschaften eine gute Lokführerin mitbringen muss, erläutert Chiara Hock am Umgang mit den Fahrgästen: „Wenn ein Zug nicht pünktlich abfährt, kommen sie oft auf dem Bahnsteig zum offenen Fenster am Führerstand und geben ihrer Frustration Ausdruck. Dabei werden sie manchmal auch beleidigend.“ Die junge Frau versucht dann, ruhig zu erklären, warum der Zug nicht abfahren kann, und fragt später während der Fahrt per Funk bei den Kolleginnen und Kollegen an, ob die Anschlüsse gehalten werden. Um solche unvorhergesehenen Situationen zu meistern, braucht Chiara Hock Empathie für die Belange der Fahrgäste und Selbstbewusstsein, um ihre eigene Position vertreten zu können.

Mittlerweile hat sie bereits so viel Erfahrung und Wissen angesammelt, dass sie erwägt, sich in einem Jahr zur Fahrtrainerin für Azubis sowie für Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger fortbilden zu lassen. „Ein vielleicht in ein paar weiteren Jahren vorstellbarer nächster Schritt wäre dann der zur Ausbilderin. Dabei vermittelt man zusätzlich die Theorie.“ Innerhalb des Konzerns können Eisenbahner/innen im Betriebsdienst auch in den Innendienst wechseln. Ihre Grundausbildung plus Fortbildung befähigt Chiara Hock zudem dazu, Fahrdienstleiterin zu werden. (Fahrdienstleiter/innen arbeiten auf einem Stellwerk, wo sie Weichen und Signale stellen und so die Züge durch das Schienennetz navigieren.) In einem so großen Unternehmen stehen viele Wege offen, wenn man weiß, wo es langgeht.

Weitere Informationen

BERUFENET

Das Onlinelexikon der Bundesagentur für Arbeit bietet über 3.000 aktuelle Berufsbeschreibungen in Text und Bild. www.arbeitsagentur.de/berufenet

BERUFE.TV

Das Filmportal der Bundesagentur für Arbeit listet Filme über Ausbildungsberufe und Studiengänge. www.berufe.tv

Ausbildungsplatzsuche

Die Ausbildungsplatzsuche der Bundesagentur für Arbeit ermöglicht die Suche nach dualen Ausbildungsplätzen in ganz Deutschland. www.arbeitsagentur.de/ausbildungsplatzsuche

BG Verkehr

Die Berufsgenossenschaft Verkehrswirtschaft, Post-Logistik, Telekommunikation berät unter anderem die angeschlossenen Unternehmen und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Prävention von Arbeits- und Wegeunfällen. www.bg-verkehr.de

GDL

Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer setzt sich unter anderem für die Verkehrsverlagerung auf die Schiene, aber auch für eine leistungsgerechte Bezahlung der Lokführerinnen und Lokführer und für hohe Sicherheitsstandards ein. www.gdl.de

Verdi

Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft www.verdi.de

EVG

Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft kämpft für Arbeitnehmerrechte, faire Tarifverträge und Mitbestimmung in den Betrieben. www.evg-online.org