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Fluglotsin: Den Luftraum genau im Blick

Carolin Utz (25) hat sich für die Ausbildung zur Fluglotsin entschieden. In intensiven Theorie- und Praxisphasen wird sie in der Flugsicherungsakademie im hessischen Langen auf die verantwortungsvollen Aufgaben vorbereitet.

Porträtfoto von Carolin Utz.

Auf dem Monitor bewegen sich leuchtende Punkte in unterschiedlichen Höhen und Geschwindigkeiten. Carolin Utz hat sie alle auf dem Radar im Blick. Über ihr Headset spricht sie mit den Pilotinnen und Piloten auf Englisch. Sie weiß: Nun ist ihre komplette Aufmerksamkeit gefordert, damit alle Flugzeuge auf sichere Weise ihr Ziel erreichen. Jederzeit muss sie auf Unvorhergesehenes schnell reagieren und Entscheidungen treffen können – etwa bei einer technischen Störung oder schwierigem Wetter.

Sorgen zu machen braucht sich die Auszubildende trotzdem nicht, denn sie befindet sich im „On-the-Job-Training“ (OJT). Das bedeutet: Es sitzt ein erfahrener Fluglotse hinter ihr, der genau beobachtet, was sie tut. „Mein Coach kann mich jederzeit über sein Headset übertönen, so wie auch ein Fahrlehrer im Straßenverkehr jederzeit eingreifen kann. Der Pilot oder die Pilotin hat dann sofort ihn im Funk und folgt seinen Anweisungen.“ Carolin Utz hat die finale Phase der Ausbildung erreicht und wird daher schon als Fluglotsin eingesetzt, um unter Aufsicht Praxiserfahrung zu sammeln.

Im Flugsicherungssimulator

In der Flugsicherung sind drei Einsatzbereiche zu unterscheiden, wobei alle miteinander kommunizieren: Tower-Lotsinnen und -Lotsen arbeiten direkt am Flughafen und geben unter anderem Starts und Landungen frei. Center-Lotsinnen und Lotsen sind an verschiedenen Standorten bundesweit für alle weiteren Vorgänge in der Luft zuständig. Hier wird nochmals unterschieden zwischen Lower-Center und Upper-Center. Diese Fluglotsinnen und Fluglotsen werden also entweder für den unteren oder den oberen Luftraum ausgebildet, weil in Höhen von unter circa acht Kilometern andere Wetterbedingungen und Flugbewegungen herrschen als darüber, zum Beispiel in der Reiseflughöhe. Wer einen Ausbildungsplatz bekommen hat, wird einem dieser drei Einsatzbereiche sowie einem der bundesweiten Standorte zugewiesen. Dieser bleibt dann auch nach dem Abschluss der eigene Arbeitsplatz.

Carolin Utz wurde als Lower-Center-Lotsin am Standort Langen zwischen Darmstadt und Frankfurt eingeteilt. Hier befindet sich auch die Akademie der Deutschen Flugsicherung (DFS), an der alle die Ausbildung starten. Diese erste Phase beginnt mit einem allgemeinen Teil, einem fünfmonatigen Basic-Training mit Theorie und Praxis im Simulator. „Dabei schnuppert man am Flugsicherungssimulator auch in die beiden anderen Einsatzbereiche rein, um zu sehen, wie es dort abläuft“, erklärt die Auszubildende.

On-the-Job-Training unterschiedlich lang

Anschließend üben alle die Praxis in dem Einsatzbereich, in dem sie später arbeiten werden. Weil die Anforderungen unterschiedlich sind, variiert die Dauer: An der Akademie verbringen die Lower-Center-Lotsinnen und -Lotsen insgesamt 15 Monate, bei den Upper-Center-Lotsinnen und -Lotsen sind es zwölf Monate und bei den Tower-Lotsinnen und -Lotsen dreizehn Monate. Anschließend schwärmen alle an die Standorte aus, denen sie zugewiesen wurden.

Bei Carolin Utz ist es das Gebiet über den Städten Münster, Osnabrück, Bielefeld, Dortmund, Paderborn und Lippstadt. Wo befinden sich hier welche Flughäfen, welche Routen und Flugbewegungen gibt es in diesem Bereich, in welchen Höhen kommen die Flieger rein? Mit solchen Fragen setzte sie sich auseinander, um sich auf das OJT vorzubereiten. Dieser Teil der Ausbildung richtet sich danach, wie schnell die Auszubildenden lernen, damit sie später auch wirklich immer sicher und verantwortungsbewusst handeln. „Einige sind mit dem OJT in anderthalb Jahren fertig, andere brauchen zwei bis drei Jahre“, weiß Carolin Utz.

Durch Praktikum auf Ausbildung aufmerksam geworden

Nach dem Abitur hatte die 25-Jährige zunächst ein Studium der Elektrotechnik begonnen, doch der Beruf Fluglotsin beziehungsweise. Fluglotse ging ihr nicht mehr aus dem Kopf. „Dazu hatte ich mal ein Schülerpraktikum hier in Langen gemacht und das hat mich extrem fasziniert, auch weil man in diesem Beruf eine enorme Verantwortung hat. Ich mag auch die Schichtarbeit.“ Besonders gut gefällt ihr, dass sie jeden Feierabend auch wirklich mit der Arbeit abschließen kann. „Ich weiß dann, nun sitzt dort jemand anderes, der das mindestens genauso gut macht und es fallen keine Überstunden an.“

Ihr Arbeitsplatz ist soweit gesichert: Wer die Ausbildung geschafft hat, wird übernommen und kann an „seinem“ Standort bleiben. Auch Entwicklungsmöglichkeiten gibt es. „Man kann zum Supervisor oder Niederlassungsleiter aufsteigen, als Ausbilder an der Akademie oder im Center arbeiten oder sich weiterbilden, um zum Beispiel neue Systeme zu testen und zu entwickeln. Alles Dinge, die ich mir auch gut vorstellen könnte“, sagt Carolin Utz.

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Anspruchsvolles Auswahlverfahren

Schon das Auswahlverfahren ist besonders anspruchsvoll. Nur ungefähr fünf Prozent der Bewerberinnen und Bewerber meistern alle Hürden: Auf die schriftliche Online-Bewerbung folgen ein psychologischer Test sowie ein Online-Test, der zu Hause gemacht wird, mit Aufgaben zur Konzentration und zum räumlichen Vorstellungsvermögen. Wer überzeugt, wird nach Hamburg eingeladen zum Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrttechnik (DLR), um an einer zweitägigen Voruntersuchung teilzunehmen. Es geht wieder um Dinge wie Merkfähigkeit, Konzentration über einen langen Zeitraum oder die Reaktion auf akustische Signale. Alle, die dies geschafft haben, kommen noch einmal nach Hamburg, um sich an zwei Tagen der Hauptuntersuchung zu stellen: Diesmal stehen Teamfähigkeit, eine mündliche Englischprüfung und ein Bewerbungsgespräch auf dem Programm. Wer angenommen wird, muss noch eine medizinische Tauglichkeitsuntersuchung bestehen. Eine Bewerbung ist jederzeit möglich.

Video: Fluglotse/Fluglotsin

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