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Ist das wirklich so? Berufe und Klischees: Erzieher

Der Beruf der Erzieherin beziehungsweise des Erziehers ist weiterhin von Frauen dominiert. Obwohl in den vergangenen Jahren die Zahl der Männer in pädago­gischen Berufen zugenommen hat, liegt der Frauenanteil nach wie vor bei über 80 Prozent. Hartnäckig hält sich auch das Gerücht, dass Erzieherinnen und Erzieher nur in Kindertagesstätten arbeiten und dort den ganzen Tag mit Kindern spielen. Was an den Klischees dran ist, und worum es wirklich geht, erfragen wir im abi» Podcast.

  • Es ist schon ein bisschen was dran, dass wir mit den Kindern viel spielen. Aber da ist eben auch immer was dahinter: Man spielt, um damit dieses oder jenes zu fördern, wo man Entwicklungsbedarf beim Kind erkennt. Im Spiel kann es seine Stärken stärken.

    Manuel Schmidt ist Erzieher in Nürnberg.

Textversion des Podcasts zum Lesen (Audio-Transkript)

Jingle: abi» – dein Podcast für die Berufsorientierung!

abi»: Herzlich willkommen zum abi» Podcast! Mein Name ist Klaus und ich habe mich heute mit Manuel Schmidt unterhalten, der als Erzieher arbeitet. Über 80 Prozent der Personen, die als Erzieher oder Erzieherin arbeiten, sind Frauen. Obwohl die Zahl der Männer, die diesen Beruf ausführen, in den letzten Jahren zugenommen hat, gilt der Beruf immer noch als Frauenberuf. Außerdem hält sich hartnäckig das Gerücht, dass Erzieherinnen und Erzieher nur in Kindertagesstätten arbeiten und den ganzen Tag mit Kindern spielen. Woher diese Klischees kommen und was an ihnen möglicherweise dran ist, erfahrt ihr im abi» Podcast. Hallo, Herr Schmidt!

Manuel Schmidt: Hallo, Herr Harfmann.

abi»: Dem Klischee nach ist Erzieher oder Erzieherin ein typischer Frauenberuf, und Männer entscheiden sich eher selten dafür, beruflich Kinder zu betreuen oder zu erziehen. Stimmt das, und warum haben zum Beispiel Sie sich für diesen Beruf entschieden?

Manuel Schmidt: Im Allgemeinen würde ich sagen, was ich mitbekommen habe, ist es schon so, dass es vermehrt Erzieherinnen gibt als Erzieher. In meiner Klasse in der Ausbildung war es jedoch jetzt so, dass schon ein guter Anteil an Männern mit dabei war. Warum habe ich mich persönlich dafür entschieden? Da muss ich relativ weit ausholen. Ich wollte eigentlich nach dem Abi schon Erzieher werden, aber es war dann irgendwie in meinem Kopf: „Junge, du hast Abi gemacht, du musst jetzt studieren.“

Dann habe ich mir diverse Studiengänge ausgesucht und angefangen, einen habe ich auch zu Ende geführt, war aber nicht wirklich zufrieden in dem Beruf und hab mir dann gedacht: „Mensch, da gibt's doch so eine tolle neue Ausbildungsform 'Optiprax' und das probierst du jetzt mal.“ In drei Jahren statt fünf Jahren die Ausbildung zu machen und gleich bisschen Geld mit zu verdienen. Genau, und dann habe ich die Ausbildung gemacht. Ja, ich wollte es eigentlich irgendwie schon immer machen. Ich habe schon immer ganz gerne mit Kindern gearbeitet, bin auch privat ehrenamtlich bei einem Zeltlager mit dabei als Betreuer, und die Arbeit mit Kindern macht mir einfach Spaß. Ich sehe unglaublich viel Sinnhaftigkeit da drin in dieser Arbeit.

abi»: Zum Thema Arbeit. Man sagt ja auch, dass Erzieher und Erzieherinnen den ganzen Tag nur mit Kindern spielen, also ist der Beruf nicht super anspruchsvoll. Ist das richtig?

Manuel Schmidt: Tatsächlich ist mit Kindern spielen ein ganz großer Part des Jobs. Aber erstens ist es nicht so einfach, wie es sich anhört, tatsächlich den ganzen Tag, acht Stunden lang oder siebeneinhalb Stunden mit Kindern zu spielen. Weil die Kinder, wenn man richtig mit ihnen spielt, dann fordern sie einen auch richtig heraus, dann wollen sie viel von einem Input bekommen, und im Idealfall spielen wir natürlich so, dass es die Kinder in ihrer Entwicklung voranbringt, dass es sie mathematisch, naturwissenschaftlich und sprachlich fördert und bildet. Das heißt tatsächlich, es ist schon ein bisschen was dran, dass wir mit den Kindern viel spielen. Aber dieses viele Spielen ist eben nicht einfach nur mal so dahin gespielt, sondern da ist immer was dahinter, also ein Hintergedanke, man spielt immer, um zu sagen, okay, ich möchte damit dieses oder jenes fördern, da sehe ich Entwicklungsbedarf beim Kind. Da kann es seine Stärken stärken. Da gehe ich rein, ich spiele jetzt, sag ich mal, Memory mit dem Kind, um kognitiv Erinnerungsfähigkeit zu schulen.

Andererseits ist es natürlich so, dass ganz viele organisatorische Aufgaben auch einfach anfallen, also Dokumentation von vielen Sachen. Wie verhält sich das Kind, wie entwickelt sich das Kind? Dann die Vorbereitung von Elterngesprächen. Es gehört sehr viel dazu außer spielen. Aber spielen ist tatsächlich ein großer Teil.

abi»: Genau, und es ist ja auch so, dass Erzieher und Erzieherinnen nur in Kindergärten arbeiten, oder gibt es da noch andere Möglichkeiten, wo man da beruflich eingesetzt werden kann?

Manuel Schmidt: Nee, es gibt tatsächlich auch andere Möglichkeiten. Man kann als Erzieherin oder als Erzieher sowohl in den Kindergarten als auch in eine Kinderkrippe, also das sind die Null- bis Dreijährigen, sag ich mal, dann auch in einen Kinderhort, und mit einem Erzieher kann man eigentlich auch in die Jugendarbeit oder sogar auch Heimarbeit gehen. Also, man ist mit dem Beruf des Erziehers relativ breit aufgestellt.

abi»: Und was macht man da in der Jugend- und Heimarbeit?

Manuel Schmidt: Also in der Jugendarbeit könnte man sich zum Beispiel ganz gut vorstellen, dass man in einem Jugendcenter ist, wo Kinder und Jugendliche nach der Schule zu einem kommen, um dort entweder Hausaufgaben zu machen oder mit Freunden sich zu treffen, zu spielen, sich auszutauschen, vielleicht auch einfach mal zur Ruhe zu kommen, was zu trinken, was zu essen. Das ist eine Art Jugendtreff, da gibt's aber auch ganz, ganz unterschiedliche Jugendtreffs.

Also es gibt auch ganz offene Jugendtreffs, wo jeder kommen kann. Dann gibt's Jugendtreffs, die sehr darauf gepolt sind, draußen mit den Kindern ganz viel zu erleben, Abenteuerspielplätze nennen die sich. In dem Bereich, in der Jugendarbeit, kann man ganz viel machen. Im Heimbereich habe ich persönlich jetzt noch nicht so viele Erfahrungen, auch nicht von anderen Kollegen oder so mitbekommen. Aber ich weiß, dass man da rein theoretisch auch als Erzieher unterkommen kann, ist vielleicht nicht ganz so verbreitet, aber auch das ist möglich.

abi»: Haben Sie in der Ausbildung da Erfahrungen gemacht, zum Beispiel in Jugendzentren oder Jugendtreffs?

Manuel Schmidt: Ich persönlich habe da keine Erfahrungen gemacht. Ich war lediglich in Kindergärten, also einem Kindergarten, einem Hortbereich und einem Förderhort. Also das ist ein Hort, wo vermehrt Kinder mit Förderbedarf unterkommen, aber viele meiner Kollegen während der Ausbildung waren tatsächlich in Jugendhäusern untergebracht.

abi»: Was ist denn das Schönste an dem Beruf für Sie und was sind die größten Herausforderungen?

Manuel Schmidt: Das Schönste am Beruf ist wirklich zu sehen, wie zufrieden die Kinder hier sind, wenn sie irgendwas Tolles geschafft haben oder irgendeinen Erfolg haben, wie sie sich freuen, wie sie da richtig drin aufgehen, wenn man sie dann auch mal lobt und da vielleicht auch einfach mal Nähe zeigt, die sie vielleicht von anderswo nicht bekommen, und ihnen auch einfach Aufmerksamkeit schenkt. Dieses Funkeln in den Augen der Kinder, das ist schon wirklich Gold wert, und es ist eigentlich immer wieder auch das, was mir am Tag die Kraft auch wieder gibt in dem Beruf.

Das wohl Anstrengendste ist, naja, ich würde einfach mal sagen, das sind die Kinder schon auch, weil die Kinder einen sehr, sehr herausfordern. Die Kinder wollen unglaublich viel, wollen aber auch unglaublich viel lernen, wollen unglaublich viel Aufmerksamkeit, und das äußern sie unterschiedlich. Manchmal kann das, wie sie es äußern, sehr anstrengend sein, sehr herausfordernd, und das ist dann wirklich das Herausfordernde auch am Beruf.

abi»: Welche Möglichkeiten haben Sie da noch, sich in dem Beruf weiterzuentwickeln?

Manuel Schmidt: Wir bei der Stadt bekommen jedes Jahr einen Katalog mit Fort- und Weiterbildungen zugeschickt, und da können wir uns Fort- und Weiterbildungen aussuchen, und diese werden dann teilweise von der Stadt selbst angeboten oder eben über die Stadt organisiert. Da gibt es die unterschiedlichsten Fortbildungsmöglichkeiten. Ganz klassisch ist zum Beispiel ein Rettungsschwimmer, den man vor allem, je älter die Kinder werden, gut gebrauchen kann, oder jemanden, der für sicherheitstechnische Aspekte dort Ansprechpartner ist.

Aber auch im pädagogischen Bereich Fortbildungsmaßnahmen, wo man dann Kinder zum Beispiel in Deutsch oder Mathematik gesondert fortbilden kann und fordern und fördern kann, also alles Mögliche. Und die Möglichkeit natürlich eines sozialen, also ein Studium im sozialen Bereich, besteht auch ganz oft noch, weil einem als Erzieher dann auch Jahre angerechnet werden oder Semester.

abi»: Und was für Fortbildungen haben Sie schon gemacht?

Manuel Schmidt: Dadurch, dass ich im September eigentlich erst angefangen habe mit meinem Beruf, habe ich bis jetzt noch keine Fortbildung. Aber ich habe tatsächlich während der Ausbildung eine Fortbildung gemacht zum Genussbotschafter. Das ist von der, ich hoffe, ich sage jetzt den Namen nicht falsch, Sarah-Wiener-Stiftung. Die bilden Genussbotschafter aus, die im Prinzip mit Kindern kochen und Essen vorbereiten. Da habe ich während der Ausbildung praktisch umsonst diese Zertifizierung machen dürfen.

abi»: Ja, dann vielen Dank für das schöne Interview.

Manuel Schmidt: Vielen Dank für Ihre Zeit.

abi»: Wenn du dich für Berufe in Erziehung und Pädagogik interessierst, findest du den Beitrag „Ich will was machen mit Kindern“ bei „Orientieren > Was will ich? Was kann ich? > Ich will was machen mit ...“ oder bei „Ausbildung > Berufsfelder > Soziales, Pädagogik“ verschiedene Ausbildungsreportagen. Zum Thema Klischees gibt es außerdem noch das abi» Video „Typisch Frau, typisch Mann?“.
Das war dein abi» Podcast. Redaktion und Produktion: Klaus Harfmann für den Meramo Verlag im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit.

Weitere Informationen

BERUFENET

Das Onlinelexikon der Bundesagentur für Arbeit bietet über 3.000 aktuelle Berufsbeschreibungen in Text und Bild.

www.arbeitsagentur.de/berufenet

BERUFE.TV

Das Filmportal der Bundesagentur für Arbeit listet 350 Filme über Ausbildungsberufe und Studiengänge.

www.berufe.tv

Check-U – das Erkundungstool der Bundesagentur für Arbeit

Mit dem Erkundungstool Check-U findest du heraus, welche Ausbildungsberufe und Studienfelder besonders gut zu deinen Stärken und Interessen passen.

www.check-u.de

Berufsausbildung und mehr

Ausbildungsplatzsuche der Bundesagentur für Arbeit

www.arbeitsagentur.de/berufsausbildung