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Benedikt Hotze ist Pressereferent beim Bund Deutscher Architekten (BDA).
Ein „loftiges“ Büro, eigene Entwürfe umsetzen und nächtelang Wettbewerbe vorbereiten – warum das alles nicht mehr unbedingt dem Berufsalltag von Architektinnen und Architekten entspricht, erklärt Benedikt Hotze, Pressereferent beim Bund Deutscher Architektinnen und Architekten (BDA).
abi» Herr Hotze, freiberuflich oder angestellt – wie sieht der berufliche Einstieg für Architektinnen und Architekten aus?
Benedikt Hotze: Dass jemand direkt aus dem Studium heraus als freier Architekt durchstartet, war schon immer eine Ausnahme. Junge Architektinnen und Architekten, die sich selbstständig machen möchten, arbeiten in der Regel zunächst ein paar Jahre als Angestellte in einem Architekturbüro. Das ist schon allein deshalb sinnvoll, weil das Studium sehr entwurfsorientiert ist und Absolventen, die direkt aus dem Studium kommen, vieles, was die Praxis erfordert, einfach noch nicht können. Hier hat sich in den vergangenen Jahren jedoch einiges grundlegend verändert: Immer weniger Absolventinnen und Absolventen streben überhaupt die Selbstständigkeit an. Die meisten bevorzugen einen sicheren Job mit geregelten Arbeitszeiten. Work-Life-Balance sowie ein verlässlicher Arbeitstag sind gefragt.
abi» Architektinnen und Architekten stehen im Ruf, unzählige Überstunden zu leisten – ein Vorurteil?
Benedikt Hotze: Vor zehn Jahren waren Überstunden, die nicht unbedingt vergütet wurden, durchaus üblich, um Projekte oder Wettbewerbe einfach voranzubringen. Auch hier hat sich einiges verändert. Nicht zuletzt, weil viele Architekturbüros händeringend Mitarbeiter suchen. Aktuell ist der Arbeitsmarkt sehr arbeitnehmerfreundlich. Aber das kann sich schnell wieder ändern. Anfang der 90er-Jahre wurden ebenfalls Architekten gesucht, da im Osten sehr viel gebaut wurde. Anfang der 2000er-Jahre gab es dann wieder eine Flaute. Wie sich das künftig entwickeln wird, bleibt spannend. Aktuell kommt hinzu, dass sich die Strukturen in der Branche sehr stark verändern.
abi» Können Sie das erklären?
Benedikt Hotze: Der Trend geht weg von kleinen, inhabergeführten Büros hin zu großen, unternehmensähnlich geführten Büros, die häufig mehrere Standorte betreiben und auch international tätig sind. Es gibt zum Beispiel amerikanische Großbüros, die hier in Europa Architekturbüros aufkaufen, um diese dann unter ihrem eigenen Label weiterzuführen. Diese Konzentration am Markt beobachten wir in den angelsächsischen und skandinavischen Ländern schon länger.
abi» Haben junge Architektinnen und Architekten überhaupt die Möglichkeit, eigene Entwürfe umzusetzen?
Benedikt Hotze: Das Studium ist stark entwurfsorientiert, was nicht der Arbeitsrealität entspricht. Selbst in Entwurfsbüros macht das nur einen Teil der Tätigkeit aus. Hinzu kommen etwa Ausführungsplanung, Vertragsgestaltung sowie Besprechungen. In den größeren Büros, die eigene Wettbewerbsabteilungen haben, arbeiten Architekten durchaus an Entwürfen. Hier werden gerne Absolventinnen und Absolventen von der Hochschule genommen, da sie quasi frisch aus der Kreativschmiede kommen. Ob dann die Entwürfe umgesetzt werden können, hängt von vielen Faktoren ab. Um eigene Entwürfe eins zu eins umsetzen zu können, müsste man freier Architekt sein und nicht weisungsgebunden. Solche Projekte ergeben sich oft im Bekannten- oder Verwandtenkreis.
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Stand: 23.01.2023
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