Ingenieurin – Medizintechnik:
Tüfteln fürs Leben
Als Testingenieurin beim Medizin- und Sicherheitstechnikunternehmen Dräger ist Anna Matthaei (35) an der Entwicklung eines neuen Beatmungsgerätes für die Intensivmedizin beteiligt. In einem Erfahrungsbericht für abi» schildert die promovierte Ingenieurin für Medizintechnik, worauf es bei ihrer Tätigkeit ankommt.
"Mir war schon immer klar, dass ich beruflich etwas Essentielles machen will. Etwas, das Menschen einen Mehrwert bietet. Ich finde es spannend, zu tüfteln, mich an Aufgaben festzubeißen, herauszufinden, was nicht funktioniert und Lösungen zu finden. Fähigkeiten, die für meinen Beruf als Ingenieurin für Medizintechnik ungemein wichtig sind. Bei Dräger teste ich die Software für Beatmungsgeräte und stelle damit sicher, dass das Gerät in seinem späteren Einsatz verlässlich funktioniert.
Anna Matthaei
Foto: privat
Bevor ein neues Gerät produziert wird, werden Vorgaben erstellt, die genau festlegen, was es können muss. Wir unterscheiden dabei zwischen regulatorischen und produktspezifischen Vorgaben. Zu den ersten zählen Normen und Gesetze, die eingehalten und durch bestimmte Tests nachgewiesen werden müssen. Darunter fällt zum Beispiel die Materialfestigkeit, also dass das Gerät eine definierte Menge an Stößen aushält, oder dass es bis zu einem gewissen Grad wasserdicht ist. Die produktspezifischen Vorgaben werden beispielsweise von Systemingenieurinnen und -ingenieuren oder Produktmanagerinnen und -managern festgelegt und definieren, was das Gerät genau können soll. Ein Beatmungsgerät muss etwa unter bestimmten Rahmenbedingungen bestimmte Atemvolumina und Atemfrequenzen für unterschiedliche Patientinnen und Patienten wie Erwachsene, Kinder oder Neugeborene erzeugen können.
Ich prüfe die Benutzeroberfläche, also alles, was die Ärztin oder der Arzt später an dem Beatmungsgerät bedienen wird: Funktionen wie ‚Beatmung starten und stoppen‘, Eingabe des Gewichts oder der Körpergröße der Patientinnen und Patienten. Dabei nutze ich manuelle und automatisierte Tests. Bei einem manuellen Test spiele ich mögliche Szenarien direkt am Gerät durch. So braucht ein erwachsener Patient mit einem Gewicht von 75 Kilogramm eine Beatmung mit 500 Milliliter Luft pro Atemzug. Nun stelle ich das Testgerät so ein, dass der fiktive Patient nur 200 Milliliter Luft erhält. In dem Fall sollte ein Alarm losgehen, der die Pflegekräfte, die Ärztin oder den Arzt warnt, dass die Versorgung zu gering ist.
Für automatisierte Tests schreibe ich eine Art Programmcode. Auch dabei muss ich zunächst genau verstehen, welche Anforderungen an das Gerät gestellt werden und wie ich diese in einem Test darstellen kann. Gegebenenfalls halte ich Rücksprache mit den Personen, die die Spezifikationen erstellt haben. Das Beatmungsgerät, an dem ich beteiligt war, kann beispielsweise in 30 verschiedenen Sprachen bedient werden. Entsprechend sollte in allen Sprachen der richtige Text an der richtigen Stelle auf dem Bedienungsfeld stehen. Die englischsprachige Bedienung kann ich vielleicht noch prüfen, bei Chinesisch, Russisch oder Japanisch wird es schwierig. Ein automatisiertes Programm kann die Textfelder aber mit einer hinterlegten Tabelle abgleichen.
Im Prinzip ist meine Arbeit eine Mischung aus Programmcodes erstellen, in Laboren Tests an den Geräten durchführen, Testgeräte umbauen und Arbeitsschritte dokumentieren. Da wir im Medizinproduktebereich eine sehr starke Dokumentationspflicht haben, muss ich jeden einzelnen Stand und jede Änderung festhalten. So sehe ich, welche Kollegin oder welcher Kollege zu welchem Zeitpunkt an welchem Testschritt etwas verändert hat. Darüber hinaus stehe ich im engen Austausch mit meinen Kolleginnen und Kollegen, denn alle Produkte entstehen in Teamarbeit. Normalerweise besprechen wir uns dafür vor Ort, seit Beginn der Corona-Pandemie werden auch bei uns Meetings zu Skype verlegt und ich arbeite hauptsächlich im Homeoffice.
Als im Februar 2020 das neue Beatmungsgerät auf den Markt gekommen ist, war ich schon sehr stolz. Denn ich war seit meinem Einstieg bei Dräger an der Entwicklung beteiligt. Es ist toll zu sehen, dass dieses Produkt nun so sichtbar und so wichtig ist. Und dass das, woran man jeden Tag baut, einfach gebraucht wird."
Video: Studium Softwaretechnik
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