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Medizintechnik - Hintergrund: Technik, die Leben rettet

Deutschlands Medizintechnikbranche ist führend in Europa. Um die „Pole Position“ verteidigen zu können, werden nicht nur in der Forschung und Entwicklung händeringend Fachkräfte gesucht.

Das Bild zeigt eine Person in einem MRT liegend. Die Arme sind über dem Bauch verschränkt und die Augen geschlossen. Beleuchtet wird das MRT durch eine magentafarbene Lampe. Foto: Hans-Martin Issler

René Pätznick entwickelt bei der W.O.M. World of Medicine GmbH in Berlin Software für Insufflatoren. Das sind Druckregeleinrichtungen, die bei minimalinvasiven Operationen medizinisches CO2 in den Körper des Patienten befördern und so Chirurginnen und Chirurgen die Eingriffe ermöglichen. Konkret ist der 31-Jährige für die regeltechnischen Komponenten zuständig. Das heißt, seine Software sorgt dafür, dass der Druck im Bauch des Patienten konstant bleibt und Überdruck durch Ventile abgeleitet wird. „Die medizintechnischen Kenntnisse des komplexen Produkts habe ich mir in umfangreichen Schulungen angeeignet. Außerdem sind die fachspezifischen Kollegen bei Fragen immer zur Stelle“, erklärt der Softwareentwickler.

Ein Porträtfoto von René Pätznick Ein Porträtfoto von René Pätznick

René Pätznick

Das medizinische Vokabular und das Verständnis für die Art und Weise der Eingriffe wird durch Learning by Doing an Dummys gefestigt, an denen die minimalinvasiven Operationen demonstriert werden. René Pätznick arbeitet in einem interdisziplinären Team, bestehend aus Hardware- und Softwareexpertinnen und -experten sowie Konstrukteurinnen und Konstrukteure, Testingenieurinnen und -ingenieuren sowie dem Qualitätsmanagement. „Wer gerne ganz genau mit Liebe zum Detail arbeitet, ist in der Medizintechnikbranche richtig aufgehoben. Hier sind die Anforderungen an die Qualität besonders hoch“, sagt er.

In seinem Bachelorstudium der Elektrotechnik an der Beuth Hochschule für Technik Berlin gefiel René Pätznick der Bereich Softwareentwicklung besonders gut. Anschließend absolvierte er an der gleichen Hochschule ein Masterstudium in Technischer Informatik. „Mir war schnell klar, dass ich gern nicht nur technisch arbeiten, sondern auch etwas Sinnvolles machen und Menschen helfen möchte“, sagt der 31-Jährige. Also entschied er sich für eine Bewerbung bei einem medizintechnischen Unternehmen.

Arbeitslosenquote unter zwei Prozent

Medizintechnik aus Deutschland erfreut sich weltweit großer Beliebtheit und genießt einen ausgezeichneten Ruf: Die Exportquote liegt seit Jahren konstant bei 65 Prozent. Die mittelständisch geprägte Branche erzielt laut dem Industrieverband Spectaris einen Jahresumsatz von über 30 Milliarden Euro und beschäftigt mehr als 200.000 Mitarbeiter. „Mit rund 60 Prozent besteht der überwiegende Teil aus Fachkräften. Und Fachkräfte mit Weiterbildung sowie Akademiker stellen einen Anteil von 29 Prozent“, sagt Claudia Suttner, Arbeitsmarktexpertin der Bundesagentur für Arbeit (BA). Tätigkeitsfelder in der Branche sind die Medizintechnik selbst und zum Beispiel Management, Einkauf und Vertrieb oder technische Entwicklung und Konstruktion.

Für Fachkräfte mit einer Ausbildung, einer Weiterbildung oder einem Studium in einem Beruf in der Medizin-, Orthopädie- und Rehatechnik finden sich auch Einsatzfelder in anderen Branchen – zum Beispiel im Einzelhandel, im Gesundheitswesen oder im Großhandel. Im Juni 2023 waren insgesamt 132.000 Menschen in dieser Berufsgruppe sozialversicherungspflichtig beschäftigt. „Sie sind aufgrund des demografischen Wandels sowie der schnelllebigen technischen Entwicklung sehr gefragt“, sagt Claudia Suttner. Gut 6.000 Stellen wurden der Bundesagentur für Arbeit im Laufe des Jahres 2023 gemeldet, die Arbeitslosenquote liegt bei zwei Prozent.

Neue Berufsfelder dank Digitalisierung

„Sorgen bereitet der Branche die zunehmende Regulierung, insbesondere durch die neue europäische Medizinprodukteverordnung“, berichtet Marcus Kuhlmann, Leiter Medizintechnik von Spectaris. „Viele Firmen erwarten, dass diese das weitere Umsatz- und Beschäftigungswachstum gefährdet.“ Herausforderung und Chance zugleich ist die Digitalisierung im Gesundheitswesen. „In den nächsten fünf bis zehn Jahren werden neue Berufsbilder rund um die Digitalisierung entstehen“, erwartet der Verbandssprecher. Ein weiterer Trend ist die Internationalisierung der Märkte, wie Dr. Marc-Pierre Möll, Geschäftsführer des Bundesverbandes Medizintechnologie (BVMed), im abi» Interview ausführt .

In der Hightech-Industrie Medizintechnik sind vor allem Menschen mit technischen Qualifikationen in den MINT-Fächern sehr gefragt. „Nicht nur die Abteilungen Forschung und Entwicklung der Medizintechnikunternehmen suchen händeringend nach gut qualifizierten Beschäftigten“, sagt Marcus Kuhlmann. Auch das Tätigkeitsfeld Qualitätsmanagement und Regulatory Affairs, also alles rund um Zulassungen, gewinnt an Bedeutung.

Weitere Informationen

Studiensuche

Die Studiensuche der Bundesagentur für Arbeit unterstützt dich bei der optimalen Auswahl von Studienfach und Studienort.
www.arbeitsagentur.de/studiensuche

BERUFENET

Das Netzwerk für Berufe der Bundesagentur für Arbeit mit über 3.000 aktuellen Berufsbeschreibungen in Text und Bild (Suchwort: Medizintechnik)
www.arbeitsagentur.de/berufenet

studienwahl.de

Infoportal der Bundesländer in Kooperation mit der Bundesagentur für Arbeit. Hier findest du Informationen über Studienmöglichkeiten in Deutschland.
www.studienwahl.de

Jobsuche der Bundesagentur für Arbeit

www.arbeitsagentur.de/jobsuche

BVMed – Bundesverband Medizintechnologie e.V.

www.bvmed.de

SPECTARIS e.V.

Deutscher Industrieverband für Optik, Photonik, Analysen- und Medizintechnik e.V.
www.spectaris.de

VDI-Fachbereich Medizintechnik

www.vdi.de