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Arbeitsplatz Metaversum – Interview: „Das Metaverse ist kein rechtsfreier Raum“

Kein anderer Begriff sorgt aktuell für so viel Aufregung in der Digitalbranche. Die Rede ist vom Metaversum. Über die Chancen und Herausforderungen dieser virtuellen Welt als Arbeitsplatz hat abi» mit Holger Thalheimer, Chief People & Culture Officer der Omnicom Media Group Germany, gesprochen.

Ein Porträt-Foto von Holger T.

abi» Herr Thalheimer, wie schätzen Sie das Potenzial für ein Metaversum in Deutschland ein?

Holger Thalheimer: Ich glaube schon an das Metaversum, und dass wir zukünftig einen Teil unseres (Arbeits-)Lebens in virtuellen Umgebungen verbringen werden. Mit dem Metaversum entstehen viele Möglichkeiten, deren Potenzial wir jetzt noch gar nicht erkennen. Ich sehe allerdings auch noch beträchtliche Hürden, bis wir eine breite Nutzung in der Öffentlichkeit realisieren können. Zum einen die technische Ebene mit entsprechend funktionaler, preislich zugänglicher Hardware. Zum anderen die Frage der Relevanz der Aktivitäten im Metaverse für verschiedene Zielgruppen. 

abi» Für welche ist es denn relevant?

Holger Thalheimer: Hauptanwendungen sehe ich vor allem im Bereich Handel/E-Commerce und Freizeit beziehungsweise Gaming sowie Kunst und Kultur. Aber auch Branchen wie die Bauindustrie können durch das Metaversum bisher ungeahnte Möglichkeiten im Bereich von Baustellenplanung, virtuellen Rundgängen und so weiter nutzen. 

abi» Welche wirtschaftlichen Möglichkeiten bieten sich Unternehmen und Start-ups?

Holger Thalheimer: Aktuell geht es vor allem darum, Erfahrungen und Erkenntnisse zu sammeln, die uns bei einer Skalierung helfen werden. Hier liegt in der Gegenwart viel Potenzial im Bereich von Schulungen von Mitarbeitenden, in der Konzeption von virtuellen Markenauftritten und in der technischen Unterstützung.

abi» Könnte das Metaversum der Arbeitsplatz der Zukunft sein?

Holger Thalheimer: Ich glaube nicht daran, dass wir in Science-Fiction-Film-ähnlichen Arbeitswelten unseren Berufen nachgehen werden, und alles nur noch dort stattfindet. Zumal viele der „Metaverse Jobs“ mit Sicherheit besser und kostengünstiger durch Künstliche Intelligenzen erledigt werden können. Allerdings wird es ganz sicher einzelne Fälle geben, in denen Jobs komplett in einer virtuellen Umgebung stattfinden. Spannender sind sicherlich die Berufsfelder, die sich mit dem Aufbau und der Pflege des Metaversums befassen: Spezialist/innen, Designer/innen virtueller Welten, Konzeptioner/innen von Themen innerhalb des Metaverse.

abi» Welche Fragen müssen noch geklärt werden?

Holger Thalheimer: Da gibt es sicherlich eine Menge arbeitsrechtlicher und datenschutzrechtlicher Fragen, die ich heute leider noch nicht umfänglich beantworten kann. Und es muss natürlich eine gewisse Kontrolle existieren. Das Metaverse ist kein rechtsfreier Raum. Themen wie Belästigung und Diskriminierung können auch in virtuellen Welten stattfinden und müssen wie in der realen Arbeitswelt behandelt werden. So kann zum Beispiel eine vollständige Verlagerung des Bewerbungsprozesses in das Metaversum auch als Altersdiskriminierung wahrgenommen werden. Viel positiver empfinde ich allerdings die Möglichkeiten hinsichtlich Diversität, Chancengleichheit und Inklusion. Avatare geben keine Auskunft über Geschlecht, ethnische Herkunft, Alter, eine mögliche Behinderung. Viele der Vorurteile, die wir unbewusst in uns tragen, könnten einfacher überwunden werden.