zum Inhalt

Bioinformatiker: An der Schnittstelle zum Leben

Krankheiten im Erbgut aufspüren, Schwachstellen von Viren finden, die Evolution verstehen – bei all diese Fragestellungen spielen Bioinformatikerinnen und Bioinformatiker wie Rolf Schröder (33) eine entscheidende Rolle. Mithilfe von Software helfen sie, das Geheimnis des Lebens weiter zu entschlüsseln.

Hand schreibt Formel an Tafel

„Die Bioinformatik ist ein weites Feld“, sagt Rolf Schröder. Der 33-Jährige ist Bioinformatiker bei einem Hersteller für Genetik-Software in Rostock. „Ich programmiere Software für Erbgutanalysen, andere unterstützen bei der Erstellung von Populationsstatistiken, bei der Modellierung und Visualisierung von ökologischen Prozessen oder bei der Auswertung von Medikamentenstudien.“ Was alle Bioinformatiker/innen gemeinsam haben, sei, dass sie Daten aus den Lebenswissenschaften weiterverarbeiten. „In meinem Fall füttern Genetik-Labors unsere Software mit Rohdaten und erhalten Ergebnisse, die Ärzten helfen, Befunde zu schreiben.“

Kontakt zu den Labormitarbeitenden, die Blutproben analysieren oder Ärzten und Ärztinnen, die Blutproben nehmen, hat er nur selten. Rolf Schröders Arbeitsplatz ist der Schreibtisch. Wie andere Programmierer/innen sitzt er hautsächlich am Computer; wie sie arbeitet er mit Java, Python oder Perl, versteht aber auch die Sprache der Biologie, Medizin und Pharmazie. „Fortschritte in der Forschung zur Erbgutanalysen, neue Erkenntnisse muss unsere Software abbilden können. Man hält deshalb immer die Augen offen, ob es neue Veröffentlichungen gibt“, erklärt er. „Die muss ich lesen und verstehen können. Wenn es zum Beispiel einen neuen Richtwert für eine bestimmte Erbkrankheit gibt, kann ich dies nur in der Software integrieren, wenn ich verstanden habe, worum es geht.“

Software unterstützt bei Diagnosen

Rolf Schröder Rolf Schröder

Rolf Schröder

Rolf Schröder und sein Arbeitgeber tragen große Verantwortung. Das ist ihm bewusst. Sie müssen „höllisch aufpassen“, wie er sagt, dass die Software keine falschen Ergebnisse liefert. Schließlich kann dies, zugespitzt gesagt, manchmal über Leben oder Tod entscheiden. „Ärzte erhalten eine Bewertungsgrundlage für schwerwiegende Diagnosen“, betont er. Neben dem Verstehen der biologischen Zusammenhänge und dem eigentlichen Programmieren, ist deshalb das Validieren ein wichtiger Teil seiner Arbeit. „Die Daten müssen stimmen. Das Validieren dauert unter Umständen genauso lang wie das Programmieren. Wochen und auch Monate.“

Genau wegen dieser Verantwortung ist der Rostocker gerne Bioinformatiker. „Ich kann mich voll und ganz mit dem, was wir machen, identifizieren. Unsere Software hilft Menschen. Das ist für mich was wirklich Sinnvolles“, erklärt er. Bei aller Begeisterung – er ist in den Bereich eher ungeplant „reingerutscht“, wie er lachend erläutert. Biologie hat Rolf Schröder in der Oberstufe sogar abgewählt und stattdessen Physik belegt. In seinem anschließenden Informatikstudium am Deutsch-Französisches Hochschulinstitut absolvierte er dann eher zufällig ein Praktikum im Robert Koch-Institut und „leckte Blut“. Im wahrsten Sinne des Wortes. Er belegte daraufhin spezifische Bioinformatik-Module und beschäftigte sich in seinem Masterstudium in Berlin als studentische Hilfskraft mit Proteinstrukturvorhersagen.

Arbeitsplatz Forschung

„Es ist ganz schön abgefahren, was da so in unserem Körper abgeht. Da kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus. Gerade die Entschlüsselung von Erbinformationen ist äußert spannend, da wird es in den nächsten Jahren noch viele neue Erkenntnisse geben“, erklärt er. Wie lange er sich mit diesem Themenkomplex beschäftigen möchte, weiß er noch nicht. Konkrete Karrierepläne hat er keine. Die meisten Bioinformatiker/innen, die er aus dem Studium kennt, sind in der Forschung geblieben und promovieren, erzählt er. Stand heute, hat er das aber nicht vor. „Ich bleibe lieber dabei und programmiere etwas, das bald zum Einsatz kommt. Wenn ich sehe, das eine neue Version unserer Software ausgerollt wird und erste Rückmeldungen von Nutzern reinkommen. Das macht mir Spaß, das finde ich cool.“

Weitere Informationen

BERUFENET

Das Onlinelexikon für Berufe der Bundesagentur für Arbeit mit über 3.000 aktuellen Berufsbeschreibungen in Text und Bild (Suchworte: Bioinformatik)
Bioinformatiker/in

studienwahl.de

Infoportal der Bundesagentur für Arbeit und der Stiftung für Hochschulzulassung. Hier kannst du dich über Studienmöglichkeiten in Deutschland informieren.
Studienfeld Informatik
Studienfeld Bio-, Umweltwissenschaften

Fachgruppe Bioinformatik (FaBi)

Zusammenschluss mehrere Arbeitsgruppen verschiedener Fachgesellschaften, die sich mit dem Themengebiet Bioinformatik beschäftigen. bioinformatik.de

German Network für Bioinformatics Infrastructure (deNBI)

denbi.de/

Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechologie (DECHEMA)

dechema.de

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS)

gmds.de

Verband Biologie, Biowissenschaften & Biomedizin in Deutschland (VBiO)

vbio.de