zum Inhalt

Aktuar: Daten lügen nicht

Wie viel wird die Kfz-Versicherung im kommenden Jahr kosten? Das berechnet Oliver Beerlage (34). Er arbeitet als Aktuar bei der Versicherungsgesellschaft AXA. Komplexe mathematische Analysen durchführen und die Ergebnisse an verschiedene Abteilungen kommunizieren – das ist für ihn Routine.

Schiefertafel mit mathematischen Formel auf dem Campus der Universitaet Augsburg.

Die Aufgaben sind breit gefächert – etwas, was Oliver Beerlage besonders an seinem Beruf schätzt. „Man rechnet nicht den ganzen Tag alleine vor sich hin, sondern wir arbeiten mit verschiedenen Fachbereichen zusammen“, erklärt er: etwa mit Kolleginnen und Kollegen aus dem Produktmanagement, der IT und Rechtsabteilung. Auch Vertriebsworkshops stehen regelmäßig an. „Wir informieren unsere Vertriebspartnerinnen und -partner über neue Produkt- und Tarifinhalte. Hierfür muss man komplexe Tarifentscheidungen transparent vermitteln – warum man etwa einen Tarif erhöht oder senkt, beziehungsweise strukturelle Anpassungen vornimmt“, erklärt der 34-Jährige. Die erforderlichen kommunikativen Skills hat er unter anderem als Tutor erworben. „Ich habe den Studierenden den Vorlesungsstoff erklärt und so Übung darin bekommen, komplexe Sachverhalte näherzubringen.“

Die mathematische Kernkompetenz von Oliver Beerlage ist die Tarifierung. Seine Abteilung, das Kraftfahrt-Aktuariat, beschäftigt sich mit der Preisfindung. Dafür führt sein Team regelmäßig Produktkalkulationen durch. Anhand statistischer Modelle versuchen er und seine Kolleginnen und Kollegen vorherzusagen, wie das zukünftige Schadenverhalten sein wird – auf Basis der unternehmensinternen Schadenerfahrungen. Die mathematische Prognose besteht aus großen Datensätzen, in denen unter anderem Vorhersagen zu Schadenhäufigkeit und Schadenhöhe zu finden sind. Diese statistischen Modelle werden in Tarife übersetzt.

Die Weichen stellen

Porträt-Foto von Oliver Beerlage. Porträt-Foto von Oliver Beerlage.

Oliver Beerlage.

Die große Herausforderung besteht darin, die Balance zu finden. „Wir wollen wettbewerbs- und risikogerecht tarifieren“, erklärt Oliver Beerlage. Dabei begeistert es ihn, wenn seine Entscheidungen zu einem erfolgreichen Produkt führen: So gelang es, junge Kundinnen und Kunden mit einem entsprechend attraktiven Kfz-Tarif anzusprechen. „Aktuarinnen und Aktuare sind mit für den finanziellen Erfolg eines Unternehmens verantwortlich, wir stellen die Weichen“, sagt Oliver Beerlage, der seit 2014 bei AXA arbeitet und sich mit der Kraftfahrtversicherung nach eigener Aussage in einem „extrem dynamischen und wettbewerbsorientierten Umfeld“ bewegt.

Davor hat er Mathematik (Bachelor und Master) mit Schwerpunkt Wahrscheinlichkeitstheorie und Volkswirtschaftslehre im Nebenfach an der Uni Münster studiert. Neben dem Beruf hat er die Ausbildung der Deutschen Aktuarsvereinigung absolviert. Nach fünf Jahren im Kraftfahrt-Aktuariat leitet er seit Anfang 2020 die Abteilung.

„Versicherungsbranche ist extrem vielseitig“

Das quantitative Arbeiten macht Oliver Beerlage Freude, denn: „Daten lügen nicht.“ Aber auch die technische und methodische Entwicklung des Aktuarberufs, die in den vergangenen Jahren sehr dynamisch verlief, faszinieren ihn: „Wir entwickeln Tarife mit neuen Programmiermethoden, sind umgezogen auf eine Cloud-Umgebung, es gibt neue Ansätze des maschinellen Lernens für die Tarifkalkulation. Man lernt täglich dazu, weil immer neue statistische Modelle diskutiert werden.“

Beruflich stehen Oliver Beerlage bei einem Vollversicherer wie AXA viele Wege offen. „Die Versicherungsbranche hat den Charme, dass sie extrem vielseitig ist.“ Er ist in der Sachversicherung tätig. Aktuar*innen arbeiten aber auch bei der Lebens- und Krankenversicherung oder im Risikomanagement. Jeder dieser Bereiche verwendet andere Methoden und geht anderen Fragestellungen nach. „In meinem Bereich ist die Schnittstelle zu klassischen Data-Science-Aufgaben sehr hoch, sodass ich mir vorstellen könnte, auch außerhalb der Versicherungsbranche eine neue Herausforderung zu finden.“