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Rechtspflege: Im Staatsdienst Recht ausüben

Von Insolvenzverfahren bis Testamentseröffnungen – während ihres dreijährigen Vorbereitungsdienstes an der Norddeutschen Hochschule für Rechtspflege in Hildesheim lernt Fenja (22) ihre Aufgaben als zukünftige Rechtspflegerin kennen.

Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Nahaufnahme in einer Bibliothek).

Als „zweite Säule der dritten Gewalt“ spielen Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger im deutschen Rechtswesen eine besondere Rolle. Sie sind Beamtinnen und Beamte des gehobenen Justizdienstes und in verschiedenen Rechtsgebieten bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften tätig. Dabei sind sie sachlich unabhängig und in ihren Entscheidungen nicht an Weisungen von Vorgesetzten gebunden.

„In der Rechtspflege müssen wir Verantwortung übernehmen und auf Grundlage von Gesetzen selbstständig Entscheidungen treffen“, sagt Fenja. „Am Anfang ist das nicht immer leicht, aber die Sicherheit kommt mit der Zeit, und dann macht es Spaß, sich eine Meinung zu bilden und zu dieser auch zu stehen.“ Die angehende Rechtspflegerin befindet sich aktuell in ihrer zweiten Praxisphase am Amtsgericht Celle in der Zwangsversteigerungsabteilung. Die Inhalte ihrer Arbeit hatte sie während der ersten Theoriephase an der Hochschule durchgenommen und kann nun erleben, wie die Gesetze in der Realität Anwendung finden. Dabei bearbeitet Fenja bereits selbstständig Akten und bespricht ihre Ergebnisse im Anschluss mit der jeweiligen Ausbilderin beziehungsweise dem jeweiligen Ausbilder.

Rechtspflege: Ein Studium mit klarem Berufsbild

Nach dem Abitur hatte sich Fenja zunächst dafür entschieden Gymnasiallehramt zu studieren, brach aber nach zwei Semestern ab. Ihr sagte weder die Fächerkombination – Theologie und Englisch – zu noch die Art des Lernens. Auf der Suche nach einem Beruf in der Justiz entschied sie sich zunächst für die Ausbildung zur Justizfachwirtin und hängte direkt danach das Studium der Rechtspflege an.

Die Bewerbung für das Studium der Rechtspflege richtet sich nicht an eine Hochschule, sondern an das jeweilige Oberlandesgericht. „Der große Vorteil meines Studiums ist, dass wir in einem konkreten Beruf ausgebildet werden und anschließend direkt an den Gerichten oder in der Staatsanwaltschaft arbeiten können.“ Vorkenntnisse seien für das Studium nicht notwendig, dafür aber eine Affinität zu logischem und strukturiertem Denken sowie zu Zahlen, da der Beruf viel mit Kostenfestsetzung und Vergütungsregelungen zu tun hat.

Video: Rechtspfleger/in

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Artikel, Paragraphen und Sätze

Das Studium ist nicht in Semester, sondern in Theorie- und Praxisphasen gegliedert. Im Grundstudium lernte Fenja die Grundlagen der Rechtswissenschaft und Methodik. Sie erfuhr, was Paragraphen und Sätze sind und wie sie sich mit Gesetzen zurechtfinden kann. Auch Familienrecht, Zivilrecht und Strafvollstreckungsrecht standen auf dem Stundenplan.

Mit dieser Vorbereitung ging es in die erste Praxisphase. Am Amtsgericht Celle lernte Fenja, wie die Kostenfestsetzung in Zivilsachen funktioniert, also beispielsweise wer welche Gerichtskosten tragen muss. Danach absolvierte Fenja den Praxisteil an der Staatsanwaltschaft. „Es gibt Fälle, die wir in der Theorie lernen, die aber in der Praxis nur einmal im Jahr vorkommen. Wenn die Fälle dann aber auftreten, müssen wir natürlich trotzdem wissen, wie wir damit umgehen“, sagt Fenja.

Im anschließenden Hauptstudium wurden Zwangsvollstreckungsrecht, Grundbuchrecht, vertieftes Familienrecht, Erbrecht und viele andere Rechtsgebiete vermittelt. Nach der zweiten Praxisphase kann Fenja nun im letzten Hochschulabschnitt Fächer frei wählen, die sie vertiefen möchte. Die Diplomarbeit hat sie bereits abgegeben. Im neuen Studienmodell, das seit Oktober 2022 in Kraft ist, muss allerdings keine Diplomarbeit mehr geschrieben werden. Das duale Studium beinhaltet somit 24 Monate Studium an der Hochschule für Rechtspflege und 12 Monate Praxisausbildung bei Gerichten und Staatsanwaltschaften.

Einsatz nach Bedarf

Angehende Rechtspflegerinnen und -pfleger erhalten bereits mit Beginn des Studiums ein Gehalt – die sogenannten Anwärterbezüge. Auch die Verbeamtung erfolgt mit Aufnahme des Studiums, zunächst unter dem Titel Beamtin/Beamter auf Widerruf. Wer das Hochschuldiplom besteht, wird in der Regel als Beamtin oder Beamter auf Probe übernommen und nach drei Jahren Tätigkeit zur Beamtin beziehungsweise zum Beamten auf Lebenszeit ernannt.

An welchem Gericht und in welcher Abteilung die fertigen Rechtspflegerinnen und -pfleger eingesetzt werden, richtet sich nach dem Bedarf der Gerichte, für die die jeweilige Hochschule ausbildet. „Kurz vor Ende des Studiums zeigen die Gerichte an, wo sie wie viele Personen in der Rechtspflege benötigen. Wir können Erst-, Zweit- und Drittwünsche angeben, aber nicht immer kann das berücksichtigt werden“, weiß Fenja, die sich selbst sehr für das Nachlassgericht interessiert.

Rechtspflege studieren

Das duale Studium der Rechtspflege ist ein Vorbereitungsdienst für die gehobene Beamtinnen- und Beamtenlaufbahn mit Fachstudien und berufspraktischen Studienzeiten. Die Bewerbung auf das Studium erfolgt an Gerichten und Staatsanwaltschaften, wo auch die Praxisphasen absolviert werden. Das Studium findet an Hochschulen des öffentlichen Rechts statt.

Weitere Informationen

BERUFENET

Das Onlinelexikon für Berufe der Bundesagentur für Arbeit mit über 3.000 aktuellen Berufsbeschreibungen in Text und Bild
www.arbeitsagentur.de/berufenet

Studiensuche

Mit der Studiensuche kannst du Studienbereiche entdecken und die richtige Auswahl treffen.

www.arbeitsagentur.de/studiensuche   

studienwahl.de

Infoportal der Bundesagentur für Arbeit und der Stiftung für Hochschulzulassung

www.studienwahl.de

Norddeutsche Hochschule für Rechtspflege

www.hr-nord.niedersachsen.de

Berufe in der Justiz

www.in-ihrem-namen.de/jobs-finden