Wissenschaftsjournalismus: Viel mehr als Erklärbär-Journalismus
Recherchieren, schreiben, produzieren lernen und Fachwissen erwerben: Oskar Köppen studiert im zehnten Semester „Wissenschaftsjournalismus“ an der TU Dortmund. Ein Bachelorstudiengang, der ihm journalistische Fähigkeiten vermittelt und ihn zugleich für ein Ressort spezialisiert. abi» erzählt der 24-Jährige, warum er diese Kombination sinnvoll findet.
Journalistische Recherche und Experimentalphysik, Medienrecht und Messmethoden – wer einen Blick auf Oskar Köppens Stundenplan wirft, könnte denken, der 24-Jährige studiere zwei Studiengänge. Tatsächlich kombiniert der Studiengang Wissenschaftsjournalismus an der TU-Dortmund journalistische und naturwissenschaftlich-technische Inhalte miteinander. Die Regelstudienzeit beträgt acht Semester.
Es sind gute Zeiten für einen Wissenschaftsjournalismus jenseits der Erklärbär-Methode.
Oskar Köppen, Wissenschaftsjournalismus-Student
Berichten für Fachkundige und Laien
„Wir lernen nicht nur das journalistische Handwerk, wir kennen uns auch mit der Materie aus, über die wir berichten“, erklärt Oskar Köppen, der als Zweitfach Naturwissenschaften mit Schwerpunkt Physik gewählt hat. Ein anderer möglicher Schwerpunkt wäre Medizin und Biowissenschaften gewesen, außerdem gibt es die Möglichkeit, als Zweitfächer Daten- oder Technikjournalismus zu wählen.
Als Wissenschaftsjournalist wird er später über die ganze Bandbreite der Wissenschaft und ihre gesellschaftliche Rolle berichten. Speziell zu seinem Schwerpunkt Physik wäre das im Rahmen der Energiekrise die Diskussion rund um Atomkraftwerke gewesen. „Besonders stolz bin ich auf meine eigene Recherche zu betrügerischen Fachjournalen und welche Forscherinnen und Forscher auf sie hereingefallen sind“, berichtet Oskar Köppen. „Es sind gute Zeiten für einen Wissenschaftsjournalismus jenseits der Erklärbär-Methode“, sagt der 24-Jährige. „Gerade in Zeiten der Klimakrise werden wissenschaftliche Themen immer relevanter. An der TU lernen wir, Ergebnisse einer Pressemitteilung nicht nur weiterzugeben, sondern sie zu überprüfen, zu schauen, wie belastbar sie sind und hinter die Kulissen des Wissenschaftssystems zu blicken.“
Crossmediale Lehrredaktion
Das Studium ist sehr praxisorientiert. Es sieht zwei externe Praktika vor, und zwei Semester lang erproben sich die Studierenden in einer crossmedialen Lehrredaktion. Dort lernen sie sämtliche Prozesse des Journalismus-Alltags kennen und erstellen Beiträge für die verschiedenen Campusmedien. „In dieser Zeit konnte ich alles ausprobieren. Ich habe eine Fernsehkamera bedient, stand in der Sprecherkabine für unsere Radiosendung und habe für Online und Print geschrieben.“
Diese Erfahrungen waren zugleich eine gute Vorbereitung für das einjährige Volontärspraktikum bei einem Medienpartner der TU am Ende des Studiums. Dieses absolviert Oskar Köppen derzeit bei der Längengrad Filmproduktion GmbH in Köln, die journalistische TV-Dokumentationen aus den Themenbereichen Natur, Umwelt, Medizin, Zeitgeschehen und Wissenschaft für Fernsehsender produziert. Dort arbeitet er aktuell an einer zehnteiligen umweltjournalistischen TV-Dokumentationsreihe mit, die Lösungsansätze für menschengemachte Umweltprobleme vorstellt.
Das sagt der Berufsberater
Michel Hümmer
Foto: privat
Vor allem im Print- und Rundfunk-Journalismus, aber auch bei Online-Medien, im PR-Bereich und bei Kommunikationsagenturen verlaufe der Berufseinstieg in der Regel über ein Volontariat, erklärt Michel Hümmer, Berufsberater bei der Agentur für Arbeit Fürth. Dabei handelt es sich um eine meist ein- bis zweijährige sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, beispielsweise bei einem Medienunternehmen. Sie ist vergleichbar mit einer praktischen Ausbildung.
„Praxiserfahrung vorweisen zu können ist sowieso die beste Eintrittskarte“, weiß Michael Hümmer. Schnittstellenstudiengänge wie der von Oskar Köppen, bei denen Fachwissen und journalistisches Handwerkszeug gelehrt werden, sind meist sehr praxisnah aufgebaut. Gleiches gelte für Journalisten-Schulen. Auch ein geisteswissenschaftliches Studium vermittele Kompetenzen im Bereich Informationen analysieren, aufbereiten und vermitteln. Zudem sei es möglich, ein Fachstudium, beispielsweise im Bereich Naturwissenschaften, zu wählen und journalistische Erfahrungen während des Studiums über Praktika oder freie Mitarbeit und eben im anschließenden Volontariat zu sammeln.
Egal, welcher Weg in den Journalismus führt und welches Medium gewählt wird: „Wichtig ist die Freude am Kommunizieren, an Sprache sowie an der Aufbereitung und Vermittlung von Informationen“, betont der Berufsberater. Als Arbeitgeber kommen Medienunternehmen infrage. Denkbar sei zudem eine Anstellung im Bereich PR und Öffentlichkeitsarbeit. Dabei weist Michael Hümmer darauf hin, dass sich die Branche im Umbruch befinde: Vor allem Tageszeitungen verlieren zunehmend Abonnentinnen und Abonnenten sowie Werbekunden. Der Trend gehe zu Online-Medien.
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