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Geisteswissenschaften studieren: Alles andere als brotlos

Unter dem Oberbegriff Geisteswissenschaften versammelt sich eine große Anzahl unterschiedlicher Fächer. Sie beleuchten das menschliche Leben aus verschiedenen Perspektiven, wie Kultur, Sprache oder Geschichte. Die Auswahl der Studiengänge ist entsprechend groß – und die berufliche Zukunft vielversprechend.

„Die Geisteswissenschaften erschließen ein sehr umfangreiches Themengebiet und die einzelnen Disziplinen greifen oft ineinander“, fasst Marc Momberger, Berufsberater vor dem Erwerbsleben an der Arbeitsagentur Gießen zusammen. Unter die Geisteswissenschaften fallen sowohl Sprach- und Literaturwissenschaft, Geschichte und Kunstgeschichte als auch Philosophie und Religionswissenschaft, Musikwissenschaft und Anthropologie.

„Allen Fächern gemeinsam ist, dass sie sehr leseintensiv sind“, weiß der Berufsberater und ergänzt: „Wer sich für ein geisteswissenschaftliches Studium entscheidet, sollte Interesse am Umgang mit Texten haben. Texte verstehen und analysieren ist eine Kernaufgabe des Studiums. Außerdem braucht es eine gute Ausdrucksfähigkeit, um selbst wissenschaftliche Arbeiten zu schreiben.“

  • Marc M.

    Es gibt für geisteswissenschaftliche Absolventinnen und Absolventen keinen klassischen Arbeitsmarkt, sondern eine große Bandbreite von Möglichkeiten.

    Marc Momberger

Sprachliche Fächer

Sprachkenntnisse und das Wissen über andere Länder sind ein Pluspunkt der sprachlichen Fächer. In Romanistik liegen die Schwerpunkte beispielsweise auf dem Erwerb von Kenntnissen in den Sprachwissenschaften sowie der Literatur, Geschichte und Kultur des jeweiligen Landes. Dazu kommt der sprachpraktische Unterricht in Französisch, Spanisch, Italienisch, Portugiesisch und/oder Rumänisch. Bei der Wahl des Studiengangs ist jedoch Vorsicht geboten: „Die Hochschulen haben besonders in den Geisteswissenschaften sehr unterschiedliche Fachprofile. Da können sich Studienfächer mit gleichem Namen von Studienort zu Studienort stark unterscheiden. Man sollte sich vor der Auswahl des Faches und der Hochschule genau informieren und am besten beraten lassen“, rät Marc Momberger.

In der Romanistik können Studieninteressierte je nach Hochschule wählen, ob sie eine, zwei oder mehr Sprachen studieren möchten. Während des Studiums findet dann eine Spezialisierung statt: Man entscheidet, mit welcher Sprache und welcher wissenschaftlichen Richtung man sich bis zum Abschluss intensiver beschäftigen möchte. In Fächern wie Romanistik ist außerdem ein Auslandsaufenthalt empfehlenswert oder sogar Pflicht. Neben klassischen Berufswegen wie Lehrer/in, Dolmetscher/in oder Übersetzer/in stehen Absolventinnen und Absolventen sprachlicher Studiengänge viele weitere Bereiche offen. So sind die Sprach- und Landeskenntnisse in der Wirtschaft ebenso gefragt wie in internationalen Organisationen oder im Medien- und Verlagsbereich.

Geschichte

Im Studium der Geschichte beschäftigen sich Studierende dagegen mit politischen, kulturellen und sozialen Aspekten des Lebens in früheren Zeiten. Zu Beginn erfolgt ein Überblick über alle Epochen von der Antike über das Mittelalter und die Frühe Neuzeit bis zur Neueren und Neuesten Geschichte. Bis zur Abschlussarbeit wird dann ein Schwerpunkt auf eine Epoche und einen Teilaspekt der Geschichte gesetzt. Auch in den Geschichtswissenschaften gibt es Unterschiede von Hochschule zu Hochschule. Während beispielsweise die eine Universität viele Vorlesungen zu Europäischer Geschichte anbietet, ist an der anderen Hochschule Sozialgeschichte das Schwerpunktthema.

Absolventinnen und Absolventen der Geschichtswissenschaften finden Beschäftigung als Lehrer/innen oder im kulturellen Bereich, wie in Museen, Bibliotheken und Archiven. Aber auch in den Medien oder bei Verlagen sind sie gern gesehen. Für den späteren beruflichen Weg ist neben praktischen Erfahrungen während des Studiums die Wahl des Nebenfachs ein wichtiger Faktor: „Viele geisteswissenschaftliche Studiengänge müssen mit einem Zweitfach studiert werden“, erläutert der Berufsberater. „Hier kann man schon einen Schwerpunkt für den späteren Beruf setzen. Kombiniert man beispielsweise Geschichte mit Film- und Medienwissenschaften und absolviert bereits im Studium Praktika in diesem Bereich, erhöht das die Chancen auf dem Arbeitsmarkt.“

Philosophie

Im Studium der Philosophie geht es um die theoretischen Grundlagen des menschlichen Denkens und Handelns. In Disziplinen wie Logik, Ethik, Metaphysik oder Erkenntnistheorie werden wegweisende Schriften aus Geschichte und Gegenwart behandelt und diskutiert. Neben dem klassischen Philosophiestudium gibt es auch spezialisierte Angebote wie Angewandte Philosophie oder Philosophie der Naturwissenschaften. Nach Einführungen in die verschiedenen Disziplinen der Philosophie erfolgt auch hier bis zum Abschluss eine Spezialisierung und Vertiefung auf einen Teilbereich.

Die wenigsten Philosophiestudierenden arbeiten später als Philosophen. Ihre Fähigkeit, analytisch und präzise zu denken, macht sie jedoch für viele Bereiche des Arbeitsmarktes attraktiv: „Absolventinnen und Absolventen in den Geisteswissenschaften sind in fachfremden Branchen gefragt“, weiß Marc Momberger. „So können Philosophiestudierende etwa Beschäftigung in der Unternehmensberatung oder als Wirtschaftsprüfer und im Recruiting finden. Die Soft Skills, die sie sich während des Studiums aneignen, sind dort beliebt: schnelle Auffassungsgabe, komplexe Zusammenhänge erfassen, sich präsentieren können und offen sein für neue Perspektiven.“ Aber auch das Lehramt, der Medien- und Kulturbereich sowie die Verlagsbranche stehen Absolventinnen und Absolventen der Philosophie offen.

Ethnologie und Religionswissenschaft

Die Ethnologie (auch Sozial- oder Kulturanthropologie) erforscht die kulturelle und gesellschaftliche Entwicklung verschiedener Kulturkreise. Die Religionswissenschaften beleuchten dagegen die religiösen Aspekte dieser Kulturkreise in Geschichte und Gegenwart. Beide Fächer verlangen dafür erweiterte Sprachkenntnisse und haben je nach Hochschule unterschiedliche Schwerpunkte. Nach der Einführung in die verschiedenen Bereiche der jeweiligen Fächer, wie soziale Beziehungen oder religiöse Strömungen, erfolgt die Spezialisierung bis zur Bachelorarbeit. Dabei spielen aktuelle Fragestellungen eine große Rolle: Wie gehen wir mit unserem kolonialen Erbe um? Wie leben wir Globalisierung heute? Wie kann bei zahlreichen Kirchenaustritten Religiosität heute gelebt werden?

Auch Ethnologinnen und Ethnologen sowie Religionswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler sind vielseitig einsetzbar. Durch ihren offenen Blick auf fremde Kulturen in einer globalisierten Welt sind sie im kulturellen, pädagogischen, aber auch im wirtschaftlichen und im Medienbereich gefragt.

Der Weg in den Beruf

Auch auf dem Weg in den Beruf kommen Geisteswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern ihre Fähigkeiten zugute: „Absolventinnen und Absolventen der Geisteswissenschaften haben gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Das liegt besonders daran, dass die Fähigkeiten und Soft Skills, die sie sich im Studium erarbeiten, in vielen Bereichen gefragt sind“, erklärt Marc Momberger.

„Es gibt für geisteswissenschaftliche Absolventinnen und Absolventen keinen klassischen Arbeitsmarkt, sondern eine große Bandbreite von Möglichkeiten“, fasst der Experte zusammen. „Wichtig ist, dass man sich schon während des Studiums orientiert und praktische Erfahrungen sammelt. Wer offen ist für Neues, im Studium über den Tellerrand schaut und sich Netzwerke aufbaut, hat später gute Chancen, einen erfüllenden und gut bezahlten Job zu finden.“

Video: Geisteswissenschaften studieren

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