Projektmanagerin:
Ein Zertifikat für mehr Ernährungssicherheit
Lisa Heinemann (30) arbeitet bei der Welthungerhilfe an der Einführung eines Zertifizierungsstandards, der für mehr Ernährungssicherheit in Ländern des globalen Südens sorgen soll. Als Projektmanagerin kümmert sie sich um die Beschaffung von Fördermitteln sowie um die Planung und die Bekanntmachung des Projekts.
„Ich brenne für das Thema Entwicklungszusammenarbeit. Die Machtungleichheit auf dem internationalen Markt ist ein großes Problem. Ich will herausfinden, welche Lösungen und Instrumente es gibt, um Veränderungen anzustoßen“, sagt Lisa Heinemann. Die 30-Jährige leitet bei der Welthungerhilfe das Projekt „Food Security Standard“ (FSS). „Unser Ziel ist es, das Menschenrecht auf Nahrung in ernährungsunsicheren Ländern im globalen Süden sicherstellen“, erklärt sie.
Der Fokus liegt dabei auf Menschen, die in der landwirtschaftlichen Produktion arbeiten. Haben die Arbeiter/innen, die in Lateinamerika jene Kaffeebohnen ernten, die wir in Deutschland konsumieren, genug zu essen? Werden sie angemessen bezahlt? Funktioniert die Trinkwasserversorgung? Das sind nur einige Fragen, die bei der Überprüfung des FSS eine Rolle spielen.
Lisa Heinemann
Foto: privat
Eine Herausforderung für das Verbundprojekt von Welthungerhilfe, World Wide Fund for Nature (WWF) und dem Zentrum für Entwicklungsforschung der Uni Bonn: Unternehmen, die landwirtschaftliche Produkte aus ernährungsunsicheren Regionen in Afrika, Lateinamerika und Asien importieren, sind nicht verpflichtet, bei der Auswahl ihrer Partner darauf zu achten, ob bei diesen gute Arbeits- und Lebensbedingungen herrschen. „Der Food Security Standard ist freiwillig“, erläutert Lisa Heinemann. „Wir müssen also zunächst eine Nachfrage generieren, indem wir gesellschaftlichen und politischen Druck aufbauen. Einkaufende Unternehmen sollen einen Wettbewerbsvorteil sehen, wenn sie in ernährungsunsicheren Regionen nur mit FSS-zertifizierten Partnern handeln und damit ihrer sozialen Verantwortung gerecht werden.“
Dann wiederum sei die Zertifizierung auch ein Anreiz für die Produzenten, nicht das kostengünstigste, sondern das nachhaltigste Produkt anzubieten. Dann ließen sich gemeinsam mit lokalen Akteuren Strategien entwickeln, um die Produktionsbedingungen zu verbessern. Der gesellschaftspolitische Druck steige bereits, ist sich Lisa Heinemann sicher: „Verbraucher erwarten zunehmend, dass Unternehmen Verantwortung für Mensch und Umwelt übernehmen.“ Das habe sich zuletzt in der Verabschiedung des Lieferkettengesetzes durch den Deutschen Bundestag im Juni 2021 gezeigt. „Bei der Erfüllung der menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten von Unternehmen spielen Nachhaltigkeitsstandards eine große Rolle“, weiß die Projektmanagerin.
Die FSS-Kriterien wurden bereits vor Ort auf ihre Umsetzbarkeit getestet. Lisa Heinemann kümmert sich nun weiter darum, den FSS bekannt zu machen. Neben der Akquise von Fördermitteln ist es ihre Aufgabe, den Projektfahrplan und die Kommunikationsstrategie zu entwickeln sowie das Netzwerk zu pflegen und neue Partnerschaften zu gewinnen. Dabei profitiert sie von ihrem Masterstudium Regionalstudien Lateinamerika mit dem Schwerpunkt Sozialwissenschaften an der Uni Köln. Inhaltlich sei ihr die Spezialisierung auf Politik und Wirtschaftsgeografie von Nutzen. Zudem habe sie gelernt, verständlich und auf den Punkt zu formulieren.
Nach dem Studium arbeitete sie bei einem privatwirtschaftlichen Unternehmen, das ebenfalls ein Zertifizierungssystem für die Landwirtschaft betreibt. Dort kam sie mit dem FSS in Kontakt – und als im Frühjahr eine Projektmanagerin gesucht wurde, wechselte sie zur Welthungerhilfe. Für die nächste Projektphase seien Dienstreisen in die relevanten Regionen geplant, was sie sehr begrüßt: „Es ist wichtig, die Situation einmal selbst vor Ort mitzuerleben.“ Jetzt aber setzt sie sich erst einmal weiter von Bonn aus für das Menschenrecht auf Nahrung ein: „Wenn wir es richtig machen, kann der FSS einen sehr großen positiven Einfluss haben.“
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