zum Inhalt

Digitale Transformation in der Berufsausbildung: Zukunftsfähige Kompetenzen gesucht

VR-Brillen, Tablets, Lern-Apps: Berufsausbildungen werden immer digitaler – und damit für viele junge Menschen attraktiver. abi» zeigt dir, welche Auswirkungen die digitale Transformation in Unternehmen auf Ausbildungsberufe hat und welche digitalen Kompetenzen heutzutage gefragt sind.

Spielzeugroboter in Aktion.

Ein Haus brennt lichterloh. Die Feuerwehr ist vor Ort, um den Brand zu löschen und zu überprüfen, ob sich noch Menschen im Gebäude befinden. Eine brenzlige Situation, in der es auf jede Sekunde ankommt und jeder Handgriff sitzen muss. Erstmals mittendrin: eine unerfahrene Auszubildende zur Berufsfeuerwehrfrau. Keine Sorge, diese Situation ist nicht real. Die junge Frau ist Teil einer virtuellen Welt, in die sie im Rahmen einer Sicherheitsschulung mithilfe einer Virtual-Reality-Brille gefahrlos eintaucht. Ein entscheidender Vorteil von Virtual Reality (VR): Das Lernen ist unabhängig von der Verfügbarkeit von Lernobjekten, welche beispielweise auch Maschinen, Fahrzeuge oder Menschen sein können.

  • Porträt von Torben Padur

    Digitalisierung ist in allen Ausbildungsberufen ein Riesenthema, wenn auch noch nicht in allen Branchen auf demselben Level.

    Torben Padur, Leiter des Arbeitsbereichs 2.3 „Gewerblich-technische Berufe“ beim Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB)
  • Porträt von Dr. Lars Hanisch

    Einen Brief ordentlich zu schreiben, ist für Betriebe immer noch ein wichtiger Wert, wird aber in Zeiten von WhatsApp, TikTok und Co. im Alltag nicht mehr ausreichend eingeübt. Die Agentur für Arbeit sowie die Kammern bieten bei der Erstellung der Bewerbungsunterlagen ihre Hilfe an.

    Dr. Lars Hanisch, Teamleiter „Berufsberatung vor dem Erwerbsleben“ bei der Agentur für Arbeit in Bochum
  • Porträt von Dirk Palige

    Digitalisierung im Handwerk umfasst viele Dinge im betrieblichen Alltag, wie etwa die digitale Kommunikation mit Kolleginnen und Kollegen sowie mit der Kundschaft über entsprechende Applikationen, die elektronische Zeiterfassung per App, das digitale Berichtsheft oder die digitale Projektplanung und -steuerung mit dem Laptop.

    Dirk Palige, DH-Geschäftsführer

Veränderte Ausbildungsprofile

„Digitalisierung ist in allen Ausbildungsberufen ein Riesenthema, wenn auch noch nicht in allen Branchen auf demselben Level“, sagt Torben Padur, Leiter des Arbeitsbereichs 2.3 „Gewerblich-technische Berufe“ beim Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB). Als Ausbildungsinhalt ist der Umgang mit Daten und digitaler Technik sowie virtuelles Arbeiten inzwischen verpflichtend für jeden neugeordneten Beruf.

Die fortschreitende Digitalisierung ändert ganze Berufsfelder – und es entstehen sogar ganz neue Ausbildungsberufe, zum Beispiel der/die „Gestalter/in für immersive Medien“, der im August 2023 an den Start ging. Digitale Kompetenzen sind also gefragt – und die gehen über einen geübten Umgang mit dem Smartphone hinaus. Das betrifft zum einen die Ausbildung im Betrieb, wo die Azubis in der Industrie etwa den Umgang mit Robotern und vernetzten Maschinen lernen oder sich im Bereich Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik mit intelligenter Gebäudetechnik und der digitalen Auslesung von modernen Anlagen auskennen müssen.

Zum anderen wird das Lernen an der Berufsschule digitaler, Stichworte: hybrides Lernen, digitale Lernmittel und Schulungen mithilfe von VR. „Die Ausbildungsberufe sind dadurch für junge Menschen, insbesondere für Abiturientinnen und Abiturienten, deutlich attraktiver geworden. Es muss also nicht immer das Studium sein“, führt der BIBB-Experte aus.

Digitale Kompetenzen als Basis

Eine gewisse digitale Grundfitness ist also gefragt – und das schon bei der Bewerbung, meint Dr. Lars Hanisch, Teamleiter „Berufsberatung vor dem Erwerbsleben“ bei der Agentur für Arbeit in Bochum. „Der Ausbildungsmarkt ist zum Bewerbermarkt geworden. Vor allem Jugendliche mit Abitur haben aufgrund ihres Schulabschlusses kaum Einschränkungen bei den Angeboten. Sie müssen daher aus noch mehr Informationen und Optionen wählen und (aus-)sortieren. Das bedarf einer geübten Internetkompetenz und wird oft unterschätzt.“ Bei aller Euphorie der jungen Menschen für das Digitale gibt der Experte aber zu bedenken: „Einen Brief ordentlich zu schreiben, ist für Betriebe immer noch ein wichtiger Wert, wird aber in Zeiten von WhatsApp, TikTok und Co. im Alltag nicht mehr ausreichend eingeübt. Die Agentur für Arbeit sowie die Kammern bieten bei der Erstellung der Bewerbungsunterlagen ihre Hilfe an.“

Bessere berufliche Teilhabechancen

Was die digitale Transformation in Unternehmen außerdem schafft, sind Verbesserungen für Menschen mit Beeinträchtigungen: Dank technischer Arbeitshilfen, neuer Technologien und Software-Programmen können zum Beispiel Arbeitsplätze erschlossen werden, die bisher nicht barrierefrei waren, oder sie erleichtern den Arbeitsalltag von bereits beschäftigten Menschen mit Behinderungen. „Ein gutes Beispiel ist Sprachsoftware. Sie kann Texte einfach vorlesen. Teils ist sie schon in andere Software eingearbeitet, sodass die Bedienung immer niedrigschwelliger wird“, erklärt Lars Hanisch und ergänzt: „Bei Mobilitätsproblemen spielt die Digitalisierung ebenso eine große Rolle, da Arbeit zunehmend in Heimarbeitsplätzen erfolgen kann.“

Handwerksberufe im Wandel

Die digitale Transformation macht auch vor den Handwerksbetrieben nicht halt. Laut einer Studie des Digitalverbands Bitkom und des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) nutzen bereits zwei Drittel der Betriebe digitale Technologien und Anwendungen. Folglich wandeln sich auch die 130 Ausbildungsberufe im Handwerk. „Digitalisierung im Handwerk umfasst viele Dinge im betrieblichen Alltag, wie etwa die digitale Kommunikation mit Kolleginnen und Kollegen sowie mit der Kundschaft über entsprechende Applikationen, die elektronische Zeiterfassung per App, das digitale Berichtsheft oder die digitale Projektplanung und -steuerung mit dem Laptop“, sagt ZDH-Geschäftsführer Dirk Palige.

Digitalisierung im Handwerk umfasse zum anderen aber auch die großen Themen, wie beispielsweise sich mit einem digitalen Geschäftsmodell betrieblich breiter aufzustellen und neue Kundengruppen zu erschließen. Internetplattformen, Künstliche Intelligenz und smarte Produkte bieten vielfältige neue Möglichkeiten: Das Angebot reicht von Building Information Modelling (virtuelles Bauwerksmodell, kurz: BIM) in den Bauhandwerken bis zum 3-D-Drucker bei den Zahntechnikern/-technikerinnen.

Digitalisierung im Handwerk umfasst somit viele Schattierungen und ist vielfältig wie das Handwerk selbst. „Die Ausbildungsbetriebe, unterstützt durch die überbetrieblichen Bildungsstätten des Handwerks, sorgen dafür, dass Auszubildende auf die Digitalisierung in ihrem künftigen beruflichen Alltag umfassend vorbereitet werden“, weiß Dirk Palige. Und das trifft mit Sicherheit branchenunabhängig auf alle Betriebe zu, die sich dem Zukunftsthema „Digitale Transformation in der Berufsausbildung“ öffnen.

Weitere Informationen

BERUFENET

Das Onlinelexikon der Bundesagentur für Arbeit bietet über 3.000 aktuelle Berufsbeschreibungen in Text und Bild. www.arbeitsagentur.de/berufenet

BERUFE.TV

Das Filmportal der Bundesagentur für Arbeit listet Filme über Ausbildungsberufe und Studiengänge. www.berufe.tv

Ausbildungsplatzsuche

Die Ausbildungsplatzsuche der Bundesagentur für Arbeit ermöglicht die Suche nach dualen Ausbildungsplätzen in ganz Deutschland. www.arbeitsagentur.de/ausbildungsplatzsuche

Berufsausbildung und mehr

Dieses Angebot der Bundesagentur für Arbeit erlaubt die bundesweite Recherche nach schulischen Ausbildungen. www.arbeitsagentur.de/berufsausbildung

Bitkom e. V.

Branchenverband der deutschen Informations- und Telekommunikationsbranche www.bitkom.org

Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB)

www.bibb.de

Deutscher Bildungsserver

Informationen zum Thema „Digitales Lernen und Lehren in der Berufsbildung“ www.bildungsserver.de/berufsbildung-12720-de.html