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An der Umsetzung der Energiewende arbeiten viele Berufe mit. Besonders das Handwerk ist gefragt und bietet vielfältige berufliche Möglichkeiten. Dr. Lydia Malin vom Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KOFA) am Institut der deutschen Wirtschaft (IW) erläutert im abi» Interview, welche Berufe gesucht werden und wie das Handwerk von morgen aussieht.
Dr. Lydia Malin: An der Energiewende sind mehr Berufe beteiligt, als man oftmals denkt. Da gibt es die Handwerker/innen, die Produkte für Solar- und Windkraftanlagen oder auch Wärmepumpen herstellen und installieren. Dafür braucht es beispielsweise Fachkräfte aus dem Bereich Bauelektrik, der Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik sowie Dachdecker/innen. Zur Steigerung der Energieeffizienz im Gebäudesektor braucht es aber auch Sanierung im Bestand, weshalb Glaser/innen, Fachkräfte zur Baustoffherstellung oder Maler/innen und Lackierer/innen zur Dämmung relevant sind. Für die Mobilitätswende sind zudem Kraftfahrzeug- sowie Zweiradmechatroniker/innen nötig. Man braucht aber auch Ingenieurinnen und Ingenieure aus den Bereichen Elektrotechnik und Bauplanung sowie IT-Fachkräfte, um Windkraftanlagen oder Solarparks zu planen und zu warten, Verwaltungsangestellte, welche die Bauanträge bearbeiten, und Expertinnen und Experten für Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit, welche der Bevölkerung die politischen Entscheidungen nahebringen. Für den Solar- und Windkraftbereich nennen wir in unserer KOFA-Studie aus dem Jahr 2022 190 Berufsbilder, die insgesamt relevant sind.
Dr. Lydia Malin: Alle Top-fünf-Mangelberufe für beruflich Qualifizierte sind für die Energiewende relevant: Bauelektroniker/innen (Elektriker/in mit Fachrichtung Energie- und Gebäudetechnik oder Gebäude- und Infrastruktursysteme), Anlagenmechaniker/innen für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik, Kfz-Mechatroniker/innen, Fachkräfte für den Holz-, Möbel- und Innenausbau sowie für den Metallbau. Allein bei den ersten drei Berufen fehlen jeweils über 13.000 Fachkräfte. Im Bereich Bauelektrik sind es sogar knapp 18.000.
Dr. Lydia Malin: Durch die Energie- und Mobilitätswende ist der Bedarf so stark gestiegen, dass die Nachfrage nach entsprechend qualifizierten Fachkräften momentan nicht mehr gedeckt werden kann. Wie unser IW-Kurzbericht aus dem Jahr 2022 zeigt, nimmt zwar in einigen dieser Berufe – allen voran die Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik sowie die Berufe der Bauelektrik – die Zahl der Ausbildungsplatzbewerberinnen und -bewerber seit Jahren zu, aber das reicht längst nicht aus. Die Entwicklung braucht da etwas mehr Zeit – und die haben wir in Bezug auf die Klimawende leider nicht.
Dr. Lydia Malin: Handwerk ist mittlerweile in vielen Bereichen anders als das Bild, das wir häufig noch im Kopf haben. Handwerk kann modern, digital und zukunftsweisend sein. Durch die neuen Entwicklungen sind Ausbildungen teilweise sehr anspruchsvoll geworden und deshalb besonders für junge Menschen mit Abitur oder einem abgebrochenen Studium interessant. Viele Handwerksmeister/innen gehen in den nächsten Jahren in Rente. Da braucht es eine neue Generation, die Innovationen in die Fläche bringt. Dabei geht es um Fachliches, aber auch um neue Arbeitswerte wie Vereinbarkeit, Flexibilität, Weiterbildungs- und Fehlerkultur und Mitarbeitermitbestimmung. Das Handwerk hat weitere Vorteile: Durch die Auftragslage sind die Jobs vergleichsweise sicher und die Arbeitsverträge oft unbefristet. Zudem bieten sie teilweise gute Karriere- und Verdienstoptionen, besonders mit Weiterbildungsabschluss. Meister/innen oder Techniker/innen verdienen – je nach Beruf – durchschnittlich sogar mehr als Akademiker/innen. Außerdem sind diese Berufe sinnstiftend: Man trägt mit seinem Beruf aktiv zum Klimaschutz bei und weiß jeden Abend, was man am Tag geleistet hat.
Dr. Lydia Malin: In den Ausbildungen geht es heute nicht mehr nur darum, bestehendes Wissen weiterzugeben. Vielmehr spielt Problemlösungskompetenz eine Rolle: Die Jugendlichen lernen, sich Probleme zu erschließen und eigenständig eine Lösung zu entwickeln. Dafür braucht es Teamgeist und Kooperationsbereitschaft, aber auch Kreativität und Kommunikationsfähigkeit. Für die technisch anspruchsvollen Probleme, die derzeit teilweise zum ersten Mal auftreten, gibt es keine vorgefertigten Lösungen. Die müssen gefunden werden, und somit hat man die Möglichkeit, die Zukunft im Handwerk und in der Energiewende aktiv mitzugestalten.
Dr. Lydia Malin ist Referentin für berufliche Qualifizierung und Fachkräftesicherung im Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KOFA) am Institut der deutschen Wirtschaft (IW).
Stand: 03.07.2023
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