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Ist das wirklich so? Berufe und Klischees: Landwirtin

Landwirte und Landwirtinnen versorgen Region und Land mit frischen Lebensmitteln, kümmern sich um Tiere und Pflanzen und müssen sich auch mit ihrer Technik gut auskennen. Alte Vorurteile über den Beruf halten sich hartnäckig, aber im abi» Podcast hört ihr, was davon schon längst überholt ist.

  • Portraitfoto von Kathrin S.

    Wir arbeiten mit Tieren, wir arbeiten auf dem Feld, wir sehen, wie unser Feld aufgeht, wie unsere Ansaat kommt. Wenn man da übers Jahr zuschauen kann und dann die Ernte einfährt und es passt: Das ist einfach so was Schönes.

    Kathrin Schlickenrieder ist Landwirtin.

Textversion des Podcasts zum Lesen (Audio-Transkript)

Jingle: abi», dein Podcast für die Berufsorientierung

abi»: Herzlich willkommen zum abi» Podcast. Mein Name ist Klaus und ich habe mich heute mit Kathrin Schlickenrieder, einer Landwirtin aus Bayern, unterhalten. Kaum ein Beruf hat sich in den letzten 100 Jahren so sehr verändert, wie der des Landwirts oder der Landwirtin. Durch Agrarroboter, spezialisierte Fahrzeuge und smarte Bewässerungsanlagen ist der Beruf immer technischer und computergesteuerter geworden. Alte Vorurteile dagegen halten sich sehr hartnäckig. Landwirte und Landwirtinnen werden immer noch als ungebildete Bauern gesehen, die auf dem Hof nur körperlich arbeiten müssen. Gerade das Frauenbild in diesem Beruf ist bei vielen veraltet. Annahmen wie Frauen sind nicht stark genug für die körperliche Arbeit, oder Landwirtinnen halten nur dem Landwirt mit Kochen und um die Kinder kümmern den Rücken frei, sind immer noch weit verbreitet. Wie es tatsächlich ist und wie sich der Beruf in den letzten Jahren verändert hat, hört ihr im abi» Podcast. Guten Morgen, Kathrin!

Kathrin Schlickenrieder: Guten Morgen!

abi»: Es geht ja bei uns um Klischees, und ich möchte gleich mit dem ersten Klischee anfangen: Die Landwirtin ist nur die Assistenz für den Landwirt und kümmert sich hauptsächlich um Kochen und Kinder. Stimmt das?

Kathrin Schlickenrieder: Also ich würde sagen, früher hat es auf jeden Fall gestimmt. Da hat jeder so seinen Platz gehabt, und der Bauer war froh, wenn er mittags was Gescheites zum Essen gehabt hat, und die Bäuerin war froh, dass sich außen jemand gekümmert hat. Aber heute ist es immer so: Die Mädels können außen genauso ihren Mann stehen, wie die Männer auch mal am Herd stehen und kochen. Das hat sich gewandelt, auf jeden Fall.

abi»: Landwirtschaft ist ja auch eine extrem körperliche Arbeit, und die ist nur auf dem Feld oder im Stall. Stimmt das, oder ist es jetzt schon technischer, und hat sich das vielleicht in deiner Zeit als Landwirtin schon geändert?

Kathrin Schlickenrieder: Technisch ist auf jeden Fall ganz viel passiert und passiert jedes Jahr ganz viel. Es ist natürlich immer noch körperliche Arbeit, das schon. Aber es ist auch viel Technik dabei mittlerweile, die uns hilft, sodass Frauen mehr auf dem Feld arbeiten können. Weil eine Frau kann genauso die Joysticks von einem großen Schlepper bedienen wie ein Mann. Da macht der Schlepper keinen Unterschied. Früher war das mit dem Pflug und dem Pferd doch sehr viel körperlicher. Das ist heute nicht mehr so. Dass das nur Feldarbeit ist, ist auch nicht so, sondern wir sitzen leider ganz viel im Büro. Bürokratie bestimmt unser Leben mittlerweile, und deswegen müssen wir ganz fit im Büro sein.

abi»: Was für technische Hilfsmittel gibt es denn so für die Feldarbeit?

Kathrin Schlickenrieder: Natürlich die großen Schlepper, also ob groß oder klein, aber auf jeden Fall die Schlepper, die uns die Arbeit natürlich erleichtern. Dann gibt's mittlerweile ganz viele computergesteuerte Anbaumaschinen, das ist nicht mehr so, dass man das mit der Hand oder im Kopf ausrechnen muss, sondern da gibt es Computer dafür, die im Schlepper eingebaut sind oder die man im Schlepper nachrüsten kann und die Arbeit bei der Ansaat oder bei der Ernte ganz enorm erleichtern.

abi»: Wir hatten es gerade über die körperliche Arbeit: Das Klischee, dass Frauen die körperliche Arbeit gar nicht schaffen können. Was ist denn da dran?

Kathrin Schlickenrieder: Also, ich sage jetzt mal, wir Frauen sind körperlich dem Mann unterlegen, das stimmt. Aber ich glaube, dass Frauen, also ich spreche jetzt von mir und von meinen ganzen Kolleginnen, die ich kenne, wir machen das wett mit Technik und mit Köpfchen. Eine Frau muss andere Wege finden, um eine körperliche Arbeit zu leisten. Dort gibt's ganz viele Sachen eben mit Technik, mit Hebetechnik, die wir dann machen können, und dann können wir die körperliche Arbeit genauso.

abi»: Ein anderes Klischee ist ja, dass Landwirte oder Bauern immer noch als ungebildet dargestellt werden. Wie ist das denn wirklich?

Kathrin Schlickenrieder: Also das muss ich jetzt mal sagen, ein dummer Bauer, der wird seinen Hof nicht lang führen, weil wir ja eben im Büro wirklich fit sein müssen. Wir sind Unternehmer. Wir sind ja nicht nur die, die jetzt das Gras mähen, sondern wir sind diejenigen, die unsere Förderungen beantragen, wir müssen vielleicht Mitarbeiter versichern, wir müssen unsere Altenteile mitversorgen. Wir führen hier Unternehmen, wir müssen uns mit Pflanzenschutz auskennen. Also, es ist nicht so, dass wir hier das einfach nur so raushauen, sondern wir müssen uns da wirklich genau auskennen. Wir müssen uns mit Physik, mit unserem Dünger müssen wir uns gut auskennen, wir müssen gut ausgebildet sein mit Tieren. Man kann nicht nur einfach mit Tieren umgehen. Man muss wissen, wie ist das Tier beieinander, die Vitalfunktionen also, wir müssen auch tierisch wirklich fit sein. Also, dumme Bauern gibt es hier in Deutschland, sag ich jetzt mal, nicht mehr viele. Ausnahmen bestätigen die Regel.

abi»: Weshalb hast du dich denn für den Beruf als Landwirtin entschieden?

Kathrin Schlickenrieder: Für mich hat es nie was anderes gegeben. Ich bin auf einem landwirtschaftlichen Betrieb groß geworden. Mein Papa war schon Landwirt mit Leib und Seele, meine Mama kommt eigentlich nicht aus der Landwirtschaft, hat sich dann eben in den Landwirt verliebt und auch in die Landwirtschaft, das für sie einfach der schönste Beruf ist. Wir arbeiten mit Tieren, wir arbeiten auf dem Feld, wir sehen, wie unser Feld aufgeht, wie unsere Ansaat kommt. Das ist einfach was, wenn man da übers Jahr zuschauen kann und dann die Ernte einfährt und es passt: Das ist einfach so was Schönes. Oder wenn ein Tier geboren wird und man sich darum kümmern darf und sieht, dass es dem Tier gut geht und das Tier gesund ist und das Tier einem vertraut. Das ist einfach so ein wunderschöner Beruf, der nichts anderes mehr zulässt, wenn man da einmal Blut geleckt hat oder reingeboren wurde, da gibt's nichts anderes mehr.

abi»: Schön, und welche Herausforderungen bringt der Beruf mit sich?

Kathrin Schlickenrieder: Die größte Herausforderung ist, dass wir oder wir Bauern uns die Wertschätzung erarbeiten müssen oder manchmal schon wirklich erkämpfen müssen. Wir arbeiten ja nicht nur für uns, sondern wir arbeiten oft für die ganze Region. Wir versorgen die Menschheit und die Verbraucher rundrum mit wertvollen und guten Lebensmitteln, und da ist die Wertschätzung einfach die Tage nicht mehr so groß beziehungsweise wird man noch angefeindet. Und sich da nicht ins Bockshorn jagen zu lassen, sondern trotzdem dazustehen und zu sagen: „So sind wir nicht.“ Das ist eine große Herausforderung, weil wir Landwirte untereinander wissen, was wir jeden Tag leisten, und das nicht nur an fünf Tagen die Woche mit 40 Stunden, sondern oft sieben Tage mit 100 Stunden. Das ist die größte Herausforderung.

abi»: Gibt es noch Möglichkeiten, wie man sich in dem Beruf weiterentwickeln kann?

Kathrin Schlickenrieder: Ja, absolut, also man ist jetzt nicht nur der kleine Landwirtschaftsgeselle, sondern die meisten machen noch Winterschule, das heißt die Vorbereitung für die Meisterschule oder für den Meister, dann eben klassisch der Meister oder auch ein Techniker. Da geht man dann eher auf die Technikerschule, wenn man eher in die Dienstleistungsrichtung gehen möchte, wenn man jetzt keine eigene Landwirtschaft hat, und da kann man dann ganz, ganz viel machen. Man kann in landwirtschaftlichen Unternehmen arbeiten, wie bei der Baywa oder im Bauernverband. Also es gibt ganz, ganz viele Möglichkeiten und ganz viele Aufstiegsmöglichkeiten.

abi»: Vielen Dank.

Kathrin Schlickenrieder: Ja, gerne.

abi»: Wenn ihr euch für Berufe in der Landwirtschaft interessiert, findet ihr auf abi.de eine Studienreportage zum Thema Agrarmanagement bei Studium > Studienbereiche > Agrar-, Forst- und Ernährungswissenschaften > Agrarwissenschaften oder eine Ausbildungs- und eine Berufsreportage zur Fachkraft Agrarservice bei Ausbildung > Berufsfelder > Landwirtschaft, Natur und Umwelt > Berufe mit Pflanzen. Das war dein abi» Podcast. Redaktion und Produktion Klaus Harfmann für den Meramo Verlag im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit.

Weitere Informationen

BERUFENET

Die Webseite der Bundesagentur für Arbeit bietet über 3.000 aktuelle Berufsbeschreibungen in Text und Bild.

www.arbeitsagentur.de/berufenet

BERUFE.TV

Das Filmportal der Bundesagentur für Arbeit listet 350 Filme über Ausbildungsberufe und Studiengänge.

www.berufe.tv

Check-U – das Erkundungstool der Bundesagentur für Arbeit

Mit dem Erkundungstool Check-U findest du heraus, welche Ausbildungsberufe und Studienfelder besonders gut zu deinen Stärken und Interessen passen.

www.check-u.de

Studiensuche der Bundesagentur für Arbeit

In der Studiensuche kannst du recherchieren, welche Studiengänge an welchen Hochschulen in Deutschland angeboten werden.

web.arbeitsagentur.de/studiensuche

Berufsausbildung und mehr

Ausbildungsplatzsuche der Bundesagentur für Arbeit

www.arbeitsagentur.de/berufsausbildung

Deutscher Bauernverband e.V.

Der Deutsche Bauernverband ist die größte landwirtschaftliche Berufsvertretung in Deutschland.

www.bauernverband.de