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Szenarien: Hilfe zur Selbsthilfe bei besonderen Bedarfen

Alle Schülerinnen und Schüler bringen ihre ganz persönlichen Voraussetzungen, Wünsche und Sorgen mit, auf die Lehrkräfte in der Berufsorientierung möglichst spezifisch eingehen wollen. Besonders betrifft das Jugendliche aus einkommensschwachen Haushalten, aus Nicht-Akademiker-Familien oder mit einer Behinderung. abi» informiert darüber, welche Fragen Jugendliche mit besonderen Bedarfen haben und wie Lehrkräfte beim Antworten-Finden helfen können.

Grundsätzlich gilt in der (schulischen) Berufsorientierung: nicht zuerst auf die Schwächen schauen, sondern herausfinden, wo die eigenen Stärken liegen. Gerade Jugendliche mit schwierigen sozialen Hintergründen, aus einkommensschwachen Familien oder mit gesundheitlichen Einschränkungen brauchen Ermutigung, trotz ihrer besonderen Bedarfe offen, frei und unvoreingenommen ihr Zukunftsszenario zu entwerfen. Dabei kann es helfen, ihnen Wege aufzuzeigen, wo sie Infos und Unterstützung erhalten, ihnen positive Erlebnisse zu ermöglichen und ihnen zu zeigen, dass sie mit den Herausforderungen nicht allein sind.

Sie als Lehrkraft für den Berufsorientierungsunterricht sollten sich darüber bewusst sein, dass Sie selbst nicht Expertin oder Experte für jeden Fall sein können – und es auch nicht müssen. Sie können helfen, Infos sowie Ansprechpartnerinnen und -partner zu finden. Zudem gibt es verschiedene Initiativen, die in Schulen über Studium und Ausbildung informieren. Etwa die Initiative ArbeiterKind, die sich an Schülerinnen und Schüler aus Familien richtet, in denen bisher niemand studiert hat. Sie bietet Info-Veranstaltungen für Schulen an, in denen auf Themen wie Stipendien und BAföG näher eingegangen werden kann.

Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen und chronischen Krankheiten

Komme ich mit meinem Rollstuhl überall hin? Habe ich aufgrund meiner gesundheitlichen Beeinträchtigung beim Studium beziehungsweise in der Berufsausbildung Anspruch auf einen Nachteilsausgleich? Soll ich mich mit meiner nicht-sichtbaren Behinderung (Diabetes, Autismus, psychische Erkrankung u.a.) überhaupt „outen“?

Das sind einige Fragen, die sich Schülerinnen und Schüler mit einer sichtbaren oder nicht-sichtbaren Behinderung hinsichtlich ihres Ausbildungswegs vielleicht stellen. Bei der Bundesagentur für Arbeit helfen Reha-Teams Jugendlichen mit Beeinträchtigung. Neben der beruflichen Rehabilitation kümmern sich die Teams auch um persönliche Beratung zu den Themen Behinderungen, Hilfe vor und während der Ausbildung sowie im Berufsalltag. In fast allen Hochschulen und vielen Studierendenwerken gibt es laut Deutschem Studentenwerk Beauftragte und Beratende mit spezifischer Expertise für das Thema „beeinträchtigt studieren": „Sie können gezielt informieren, individuell unterstützen und sind zur Verschwiegenheit in Beratungssituationen verpflichtet.“ Beim Studentenwerk selbst ist die Informations- und Beratungsstelle Studium und Behinderung (IBS) beheimatet. Das Kompetenzzentrum setzt sich für inklusive Hochschulen ein, wie der Leiter Jens Kaffenberger im Interview auf abi» erläutert. Die Industrie- und Handelskammern sowie die Handwerkskammern widmen sich im Internet ebenfalls dem Thema. Auch dort werden Ansprechpartnerinnen und -partner genannt.

Hilfreiche Tipps, die Sie in der schulischen Berufsorientierung weiterreichen können, sowie weiterführende Links auf abi» finden sich im Beitrag „Berufliche Orientierung mit Behinderungen“, „Studieren mit Behinderungen“ sowie „Ausbildung mit Behinderungen“.

Schülerinnen und Schüler aus Nichtakademiker- oder sozial schwachen Haushalten

Was sagen meine Eltern dazu, dass ich studieren will? Und ganz grundsätzlich: Kann ich das überhaupt, studieren? Soll ich nicht doch lieber den sicheren, bekannten Weg gehen wie alle in meiner Familie und eine Berufsausbildung machen?

„Nur 27 Prozent der Schülerinnen und Schüler aus einem Nichtakademikerhaushalt beginnen später ein Studium. Bei Akademikerkindern sind es 79 Prozent.“ So lautet ein Ergebnis des Hochschul-Bildungs-Report 2020 des Stifterverbands und der Unternehmensberatung McKinsey. Beim Übergang von der weiterführenden Schule zur Hochschule, der „von zentraler Bedeutung für den Bildungserfolg von Nichtakademikerkindern“ sei, müssten vier Hürden überwunden werden. Neben Kompetenznachteilen, Informationsdefiziten und Finanzierung nennt der Bericht „mentale Barrieren“: „Weniger Erfahrungswerte im unmittelbaren Umfeld lassen die Herausforderungen des Studiums für Nichtakademikerkinder oftmals bedrohlicher wirken. Fehlende Rollenvorbilder führen dazu, dass sich Nichtakademikerkinder ein Studium seltener zutrauen.“

Der Berufsorientierungsunterricht kann beim Abbau von Ängsten und Sorgen helfen, indem er dazu ermutigt, sich tiefgehend mit dem Thema Studium auseinanderzusetzen und niedrigschwellig informiert. „Für Lehrkräfte ist entscheidend, hier habitussensibel zu agieren und zu überlegen, mit welchen Jugendlichen man es zu tun hat und welche Denk-, Wahrnehmungs- und Handlungsmuster ihnen eigen sind“, betont Saskia Wittmer-Gerber, Bereichsleiterin TransferLab bei der Stiftung der Deutschen Wirtschaft, im Interview auf abi». Für Jugendliche sei es zudem wichtig, „über spürbare Erfahrungen persönlich erlebtes Wissen“ zu erwerben. Etwa, indem sie Infotage an Hochschulen besuchen, individuell oder im Klassenverband.

Schülerinnen und Schüler aus einkommensschwachen Haushalten

Meine Familie hat nicht viel Geld, kann sie mich überhaupt unterstützen, wenn ich studieren möchte? Schaffe ich es, neben dem Studium noch einen Job zu machen? Wer kriegt BAföG? Gibt es auch für Auszubildende Finanzierungshilfen?

Eine der Hürden, warum sich Kinder aus einkommensschwachen Haushalten gegen ein Studium entscheiden, sei die Finanzierung, konstatiert der Hochschul-Bildungs-Report und führt aus, dass das BAföG nicht immer ausreichend sei und Nebenjobs das Zeitbudget fürs Studium einschränken. Jugendliche, die sich Sorgen um die Finanzierung ihres Studiums machen, können sich auf abi» informieren, welche Optionen sie haben.

Die Möglichkeiten der Finanzierung sind vielfältig: „Neu ist, dass Studieninteressierte aus einkommensschwachen Haushalten seit 2024 auch die Möglichkeit haben, Studienstarthilfe zu beantragen. Reichen Elternunterhalt und Kindergeld für den eigenen Lebensunterhalt nicht aus, kann das Studium durch BAföG, Nebenjobs, Stipendien oder Studienkredite finanziert werden“, erläutert Sandy Seidel, Sozialberaterin des Studentenwerks Chemnitz-Zwickau. Ihre Kollegin Melanie Kristleit, ergänzt: „Eine Kombination dieser Finanzierungsarten kann sinnvoll sein, um eine gute Balance aus Studium und Nebenjob zu finden. Ausführliche Informationen und individuelle Unterstützung zu diesen Themen erhalten die Studieninteressierten an den örtlichen Beratungsstellen der Studierendenwerke und an den Hochschulen.“

Auch in der Berufsausbildung gibt es zahlreiche finanzielle Unterstützungshilfen, darunter die Berufsausbildungsbeihilfe (BAB). Welche es noch sind, darüber informiert abi» im Artikel „Finanzierungshilfen in der Ausbildung“.