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Lehramt Sonderpädagogik: „Problemlösungskompetenz ist sehr wichtig“

Lucas Schrader (20) studiert im fünften Semester Lehramt an Förderschulen an der Uni Halle-Wittenberg. Während eines Praktikums sammelt er erste Erfahrungen in Schulklassen und ist sich der Verantwortung bewusst, die er dabei trägt.

Ein Schüler in der Schule

Zwei Stunden pro Woche steht Lucas Schrader vor Siebtklässlern in einer besonderen Klasse aus Jugendlichen, die den Förderschwerpunkt Lernen haben. Zu sagen, er unterrichtet sie, würde seine Aufgabe zwar korrekt, aber weniger gut beschreiben als: Er betreut sie. Denn er ist hier für viel mehr zuständig, als „nur“ für Wissensvermittlung. „Wir müssen sehr breit aufgestellt sein“, sagt der 20-Jährige, der im fünften Semester Lehramt an Förderschulen an der Uni Halle-Wittenberg studiert.

Bei seinem Praktikum sammelt er erste Berufserfahrung, plant Unterricht und führt ihn durch – unterstützt von einer Lehrerin als Mentorin. Als Beobachter hatte er bereits während eines Orientierungspraktikums im zweiten Semester Förderschul-Unterricht kennengelernt, studierte damals aber noch Lehramt an Sekundarschulen. Die Praktikumserfahrung motivierte ihn, zur Förderschul-Ausrichtung zu wechseln. „Die Klassen sind sehr klein, was es ermöglicht, einen intensiveren und persönlicheren Kontakt zu jedem einzelnen Schüler aufzunehmen“, erklärt er und ergänzt: „Man trägt sehr viel Verantwortung, muss erziehen, zuhören, motivieren. Und immer wieder unvorhersehbare Situationen und Probleme auf unterschiedlichen Ebenen lösen, zumal viele Schüler aus Familien mit einem niedrigen sozioökonomischen Status kommen.“

Hoher Pädagogikanteil

Problemlösungskompetenz sei demnach essentiell. Oft begleite man die Jugendlichen zudem über die Schule hinaus und unterstütze sie etwa bei der beruflichen Integration – eine Thematik, die auch in seinem Studium aufgegriffen wird.

Der Pädagogik-Anteil in Lucas Schraders Studium ist sehr hoch. Rehabilitations- und Integrationspädagogik sowie inklusive Pädagogik stehen unter anderem auf seinem Stundenplan. Inhaltlich geht es dabei zum Beispiel um die Diskriminierung von behinderten Menschen oder die Entstehung von und den Umgang mit Behinderung.

Zudem entscheidet man sich neben zwei Grundschulfächern oder einem Sekundarschulfach – Lucas Schrader hat Ethik gewählt – für zwei förderpädagogische Fachrichtungen. Lucas Schrader hat Lernbehinderten- und Verhaltensgestörten-Pädagogik belegt, da die beiden Bedarfe sich häufig wechselseitig bedingen: „Kinder mit einem Förderbedarf im Bereich der emotionalen und sozialen Entwicklung etwa haben häufig auch Lernschwierigkeiten.“

Hohe Verantwortung

Beim Förderschwerpunkt Lernbehindertenpädagogik belegt er auch Module, in denen es um den Schriftspracherwerb geht und darum, wie man Mathe im Anfangsunterricht vermittelt. Das ist auch deswegen wichtig, weil es aufgrund des Lehrermangels an Sonderschulen passieren könnte, dass er – bis auf Ausnahmen wie Ethik, Sport und Chemie – auch fachfremd beispielsweise Deutsch oder Mathe unterrichten muss. Außerdem lernt Lucas Schrader, wie Gefühls- und Verhaltensstörungen diagnostiziert und klassifiziert werden.

Das Erstellen von sonderpädagogischen Gutachten und die darauf aufbauende individuelle Förderplanung gehört später ebenfalls zu seinen Aufgaben. Während eines förderdiagnostischen Praktikums wird er entsprechende Feststellungsverfahren begleiten. Vor der Diagnostik habe er Respekt, meint der 20-Jährige: „Damit entscheidet man schließlich über das Schicksal eines Kindes mit.“

Neun Semester dauert das Studium in der Regel, es schließt mit dem Ersten Staatsexamen ab. Nach dem Referendariat möchte Lucas Schrader weiter an einer Förderschule unterrichten. Er befürwortet die Bestrebungen zu mehr Inklusion, ist aber auch davon überzeugt, dass es Kinder und Jugendliche gibt, die den geschützten Raum, die Aufmerksamkeit und den sehr persönlichen Bezug benötigen, die Förderschulen ihnen bieten.