Studiengänge rund um Abfallentsorgung und -vermeidung:
Gegen die Müllflut
Deutschland gehört zu den größten Müllproduzenten der Welt. Wie unser Müllproblem gelöst werden kann, damit beschäftigen sich immer mehr Studiengänge. abi» berichtet über einen Bereich, der spannende Forschung sowie zukunftsweisende Tätigkeiten bietet und enorm wichtig ist. Für uns und für die Umwelt.
„Der Bereich Abfallentsorgung und -vermeidung ist wirklich ein schönes, weites Feld“, sagt Thomas Probst, der beim Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung (bvse) für das Thema Kunststoffrecycling zuständig ist. Ökologie und Ökonomie, Technik und Naturwissenschaften, Politik und Psychologie – der Bereich verbindet verschiedene Fachrichtungen miteinander. „Je nach Interesse kann hier jeder den idealen Studiengang oder -schwerpunkt finden.“
Thomas Probst
Foto: bvse e.V.
Prinzipiell gehe es dabei erst mal darum, in Abfall nicht nur wertlosen Müll zu sehen, sondern einen Rohstoff, sagt Thomas Probst. „Kunststoff gehört eben nicht ins Meer, sondern wieder zurück in die Industrie.“ Bei Papier oder Glas funktioniert dieser Stoffkreislauf. „Bei Plastik stehen wir jedoch immer noch am Anfang – das muss sich dringend ändern.“ Er sieht dabei Deutschland im Zugzwang. Nicht nur, weil das Land zu den größten Müllverursachern gehört: „Deutschland ist ein rohstoffarmes Land, wir können es uns schlicht nicht leisten, Rohstoffe nur einmal zu verwenden.“
Vor allem Krisen wie der Ukrainekrieg und die Covid-19-Pandemie würden zeigen, wie wichtig eine gesicherte Versorgung mit Energie und Rohstoffen sei, unterstreicht der Experte. „Da kann die Kreislaufwirtschaft ihre Beiträge leisten. Ich denke hier an die Ersatzbrennstoffe, Holzpellets, Biogas, Deponiegas und natürlich die Rückgewinnung kritischer Rohstoffe.“
Wie viel Gewicht dieses Thema hat, betont auch Berit Grautmann von der Agentur für Arbeit in Bad Homburg. „Das merkt man allein daran, dass es immer mehr Studiengänge im Bereich Abfallentsorgung und -vermeidung gibt.“ Dennoch werde bei der Berufsberatung noch selten danach gefragt. „Vielen Schülerinnen und Schülern ist gar nicht bewusst, wie vielfältig dieser Bereich ist.“
Berit Grautmann
Foto: Oliver Rüther
Es gibt Bachelorstudiengänge, die thematisch vergleichsweise breit aufgestellt sind, etwa Umweltingenieurwesen oder Energie- und Umwelttechnik. Im Bauingenieurwesen gibt es Vertiefungen wie Wasser- und Ressourcenwirtschaft. Andere Studiengänge befassen sich mit einzelnen Teildisziplinen, zum Beispiel Hydrowissenschaften oder Recycling und Entsorgungsmanagement. „Allen, die nicht hundertprozentig sicher sind, rate ich, einen allgemeineren Bachelorstudiengang zu wählen und sich erst im Master zu spezialisieren“, erklärt die Berufsberaterin. Bei dieser Vielfalt den Überblick zu behalten, sei schwer, gibt Berit Grautmann zu. „Es ist ein Bereich, in dem man nicht einfach drauflos studieren sollte.“ Sie rät zu einer Beratung und guter Planung, da viele Studiengänge Vorpraktika verlangen.
Dafür sind die Zukunftsaussichten hervorragend. „Die Arbeitsmarktlage in dem Berufsfeld gestaltet sich angesichts seiner Bedeutung positiv: Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ist 2021 gewachsen, die Nachfrage nahm zu und die Arbeitslosigkeit ab“, weiß Claudia Suttner vom Team Arbeitsmarktberichterstattung der Bundesagentur für Arbeit. Thomas Probst bestätigt diesen Trend: „Firmen suchen auf allen Ebenen händeringend Leute, vom Müllmann bis zur Fach- und Führungskraft.“
Diese Entwicklung schreibt er nicht allein dem generellen Fachkräftemangel zu. Vielmehr seien die aktuellen Krisen Initialzündung dafür, umzudenken: „Wir steuern auf einen Mangel in der Energieversorgung zu. Aber dieser Mangel führt zu neuer Kreativität dahingehend, wie vorhandene Rohstoffe neu genutzt werden können. Recycling wird deutlich attraktiver, denn nun arbeiten die Leute verstärkt darauf hin, den Mangel zu beheben und nach Alternativen zu suchen.“ Daran wurde schon vor dem Krieg in der Ukraine geforscht, aber nun werden dem Experten zufolge neue Entwicklungen viel schneller umgesetzt.
Ob in der Forschung, bei Unternehmen, die ihre Produkte immer ressourcenschonender herstellen wollen, oder in Ministerien und Behörden – die Einsatzbereiche für Absolventinnen und Absolventen sind vielfältig. „Sie können später in Leitungsfunktion auf dem lokalen Recyclinghof arbeiten, neue Maschinen entwickeln, als Experten für Nachhaltigkeit bei den Vereinten Nationen oder in der Entwicklungshilfe landen“, verdeutlicht Berit Grautmann. Thomas Probst fügt hinzu: „Wer sich für die Abfallentsorgung entscheidet, kann Umweltschutz ganz aktiv mitgestalten. Jetzt ist die richtige Zeit dafür.“
Video: Ingenieurwissenschaften
Der Artikel enthält ein Video mit weiteren Informationen.
Weitere Filme findest du auf der abi» Videoübersicht.
BERUFENET
Das Onlinelexikon für Berufe der Bundesagentur für Arbeit bietet über 3.500 ausführliche Berufsbeschreibungen in Text und Bild (Suchwörter: Abfall / Umweltschutz).
www.arbeitsagentur.de/berufenet
studienwahl.de
Infoportal der Stiftung für Hochschulzulassung in Kooperation mit der Bundesagentur für Arbeit. Hier findest du Informationen über die Studienmöglichkeiten in Deutschland.
www.studienwahl.de
Umweltbundesamt
Deutschlands zentrale Umweltbehörde setzt sich für eine gesunde Umwelt ein, informiert die Öffentlichkeit und berät die Politik.
www.umweltbundesamt.de
Bundesverband für Sekundärstoffe und Entsorgung
Die Unternehmen im Verband setzen sich dafür ein, dass aus Abfällen wieder Rohstoffe werden.
www.bvse.de
Bund der Ingenieure für Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft und Kulturbau (BWK)
Das Junge Forum des BWK unterstützt auch bei Karriereplanung und Bewerbung.
www.bwk-bund.de
NABU
Der älteste und mitgliederstärkste Umweltverband in Deutschland informiert auf seiner Homepage auch zum Thema Abfall und Recycling und in der Jobbörse über freie „grüne“ (Praktika-)Stellen.
www.nabu.de
Utopia.de
Die Online-Plattform zum Thema Nachhaltigkeit hat eine Übersicht zu Studiengängen rund um Umwelt, Ökologie und Nachhaltigkeit zusammengestellt.
utopia.de
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