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Humanmedizin studieren: Wie werde ich Arzt oder Ärztin?

Von Anatomie über Krankheitsbilder bis hin zum Kontakt mit Patientinnen und Patienten: Das Studienfach Humanmedizin bereitet intensiv auf die praktische Tätigkeit als Arzt/Ärztin vor und prüft Studierende auf Herz und Nieren. Obwohl das Studium als extrem lernintensiv gilt und die Hürden für die Zulassung hoch sind, zählt es seit Jahren zu den beliebtesten Studienfächern.

Patientin im Kernspint

Wie gehe ich damit um, jeden Tag mit kranken Menschen zu arbeiten? Was macht das mit mir? Fragen, die Svea S. vor ihrer Bewerbung für das Medizinstudium durch den Kopf gingen. Um Antworten zu finden, absolvierte sie nach ihrem Abitur mehrere Praktika. „Angefangen habe ich mit einem Krankenpflegepraktikum, das man ohnehin während des Studiums machen muss“, berichtet die 24-Jährige. Nach einem weiteren Praktikum in einer Klinik stand die Entscheidung fest: „Die Arbeit mit den Patienten hat mir so viel gegeben und ich habe in dieser Zeit so viel positives Feedback bekommen, dass ich mich für das Medizinstudium beworben habe.“

Mittlerweile befindet sich die Studentin im elften Semester an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel im klinischen Teil des Studiums. Morgens besucht sie Vorlesungen an der Uni, nachmittags stehen Unterricht am Krankenbett, Praktika oder Seminare auf dem Stundenplan. Nebenbei lernt sie für den zweiten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung: die letzte große schriftliche Prüfung im Medizinstudium, bei der noch einmal ein großer Teil des gesamten Lernstoffs abgefragt wird. Danach folgt das Praktische Jahr in einem Krankenhaus. Parallel schreibt Svea S. an ihrer Doktorarbeit. „Es gibt immer Phasen im Studium, die anstrengend und lernintensiv sind. Ich meistere solche Zeiten mit einem guten Ausgleich durch Sport, Ehrenamt und Sozialleben.“

Selbstbewusster geworden

Ein Porträt-Foto von Svea S. Ein Porträt-Foto von Svea S.

Svea S.

Ihr Fleiß und Durchhaltevermögen haben sich für die Studentin ausgezahlt: „Ich habe nicht nur extrem viel Faktenwissen gesammelt, sondern auch viel über mich selbst gelernt. Ich habe mich in vielen Situationen überwinden müssen, bin so selbstbewusster und sicherer geworden und habe mich während meines Studiums weiterentwickelt“, sagt die Studentin. Und: „Es gibt immer wieder schöne Momente, auf die man stolz sein kann und die motivieren, weiterzumachen. Zum Beispiel, wenn man eine anstrengende Klausurenwoche erfolgreich abgeschlossen hat.“
Besonders gerne denkt Svea S. an ihr Auslandssemester auf der französischen Insel La Réunion im Indischen Ozean zurück. „Ich fand es spannend, das französische Studien- und Gesundheitssystem kennenzulernen und natürlich, diese wundervolle Insel zu erkunden.“

Das Studium: Vorklinik, Klinik und PJ

Ein Porträt-Foto von Dörte Meiering Ein Porträt-Foto von Dörte Meiering

Dörte Meierung

In Deutschland wird das Studium der Humanmedizin in zwei Varianten angeboten, als Regel- und als Modellstudiengang. (Siehe die Reportage Modellstudiengang sowie das FAQ Regel- oder Modellstudiengänge.) Der klassische Regelstudiengang unterteilt sich in einen vorklinischen und einen klinischen Studienabschnitt. „Im vorklinischen Abschnitt, der zwei Jahre dauert, liegt der Fokus auf den naturwissenschaftlichen Fächern Anatomie, Physiologie und Biochemie und – vorbereitend auf die ärztliche Tätigkeit – auf der Medizinischen Psychologie, vor allem in Form der ärztlichen Gesprächsführung“, erklärt Dörte Meiering, die das Studiendekanat der Universitätsmedizin Greifswald leitet. Am Ende der Vorklinik steht der erste Abschnitt der Ärztlichen Prüfung in schriftlicher und mündlicher Form, umgangssprachlich Physikum genannt.

Im zweiten Abschnitt werden die Studierenden drei Jahre lang durch den Unterricht am Krankenbett an die klinisch-praktischen Tätigkeiten herangeführt. „Dabei werden erste Untersuchungstechniken in verschiedenen Fachdisziplinen vermittelt, die später im Rahmen von klinischen Blockpraktika vertieft werden. Ein verpflichtendes zweiwöchiges Blockpraktikum in der Allgemeinmedizin bietet zudem einen intensiven Einblick in die Tätigkeit eines niedergelassenen Hausarztes“, zeigt Dörte Meiering auf. Danach folgt der zweite Teil der Ärztlichen Prüfung, der sowohl aus schriftlichen Prüfungen in Form von Multiple-Choice-Fragen als auch aus mündlich-praktischen Prüfungen besteht.

Wer diesen Abschnitt bestanden hat, bekommt im anschließenden Praktischen Jahr (PJ) erste klinische Aufgaben anvertraut, die selbstständig an Patientinnen und Patienten ausgeführt werden und die auf die spätere Tätigkeit vorbereiten sollen. (Siehe auch die Reportage Arzt im Praktischen Jahr.) Dann steht noch einmal Lampenfieber an, verursacht durch den dritten mündlich-praktischen Abschnitt der Ärztlichen Prüfung, bei der die im Studium erlernten medizinischen Kenntnisse und klinisch-praktischen Fähigkeiten unter Beweis gestellt werden müssen.

Absolventinnen und Absolventen haben übrigens nicht automatisch einen Doktortitel vor ihrem Namen stehen. Hierfür ist eine Promotion notwendig, also das Verfassen einer Doktorarbeit. Möglich ist auch eine Spezialisierung durch eine mehrjährige medizinische Weiterbildung zum Facharzt bzw. zur Fachärztin, etwa für Gynäkologie oder Orthopädie. Insgesamt kann aus über 30 Fachgebieten gewählt werden. In welchem Bereich Svea S. ihre Facharztausbildung machen wird, steht noch nicht fest. „Da ich vieles spannend finde, fällt mir die Entscheidung nicht leicht. Meine Top Drei sind momentan Innere Medizin, Radiologie und Anästhesie.“

Die „Learn-Life-Balance“ bewahren

Das Zulassungsverfahren zum Medizinstudium, das zentral über die Stiftung für Hochschulzulassung erfolgt, hat sich 2020 grundlegend geändert. (Siehe den Beitrag „Neuregelung bei der Studienplatzvergabe“.) Die Abiturbestenquote ist von 20 auf 30 Prozent angehoben und die Wartezeitquote durch die sogenannte Zusätzliche Eignungsquote (ZEQ) abgelöst worden, über die zehn Prozent der Plätze vergeben werden. 60 Prozent der Studienplätze vergeben die Hochschulen weiterhin über eigene Auswahlverfahren und beziehen dabei mindestens zwei schulnotenunabhängige Kriterien mit ein, zum Beispiel einschlägige Berufsausbildungen oder Studierfähigkeitstests wie den Test für Medizinische Studiengänge (TMS). (Siehe den Beitrag „Mehr Möglichkeiten auf dem Weg zur Medizin“.)

Doch woher weiß ich, ob ich für den Beruf des Arztes oder der Ärztin geeignet bin? „Entscheidende Kriterien sind Einfühlungsvermögen, soziale und kommunikative Interaktionsfähigkeit und ein hohes Maß an Stressresistenz. Außerdem sollte man sowohl ein Grundverständnis als auch das Interesse für naturwissenschaftliche Fächer mitbringen und über ein hohes Leistungsvermögen verfügen, um den umfangreichen Lernstoff gut bewältigen zu können“, sagt Dörte Meiering. Im Studium sei es wichtig, auf eine ausgewogene „Learn-Life-Balance“ zu achten. „Neben dem richtigen Zeitmanagement sind gesunde Ernährung, ausreichend Bewegung und mentaler Ausgleich wichtig, um gute Lernergebnisse zu erzielen. Darüber hinaus sollte jeder für sich die passenden Lernstrategien finden und semesterbegleitend mit dem ersten Tag des Studiums anfangen zu lernen.“

Weitere Informationen

BERUFENET

Das Netzwerk für Berufe der Bundesagentur für Arbeit mit über 3.000 aktuellen Berufsbeschreibungen in Text und Bild
berufenet.arbeitsagentur.de

Studiensuche

Die Studiensuche der Bundesagentur für Arbeit hilft dir bei der Auswahl von Studienort und Studienfach.
www.arbeitsagentur.de/studiensuche

studienwahl.de

Infoportal der Stiftung für Hochschulzulassung in Kooperation mit der Bundesagentur für Arbeit. Hier findest du Informationen zu allen Studienmöglichkeiten in Deutschland
www.studienwahl.de

hochschulstart.de

Auf Hochschulstart kann man sich für ein Medizinstudium an einer deutschen staatlichen Hochschule bewerben und findet Informationen zum Bewerbungsverfahren.
www.hochschulstart.de

Medizinischer Fakultätentag (MFT)

Der MFT vertritt die Interessen der medizinischen Fakultäten deutscher Hochschulen in Lehre, Forschung, Politik und Öffentlichkeit.
medizinische-fakultaeten.de

Broschüre der Agentur für Arbeit Osnabrück

Broschüre mit hilfreichen Tipps zum Medizinstudium, zusammengestellt von der Agentur für Arbeit Osnabrück.
Broschüre (PDF-Download)

Test für Medizinische Studiengänge (TMS)

Alle Infos zur Anmeldung, zu Testorten und Terminen bietet die Seite der TMS-Koordinierungsstelle.
tms-info.org

Hamburger Naturwissenschaftstest (HAM-Nat)

Der HAM-Nat ist ebenso wie der TMS ein Studierfähigkeitstest für das Medizinstudium, der von den Universitäten Hamburg, Magdeburg und Greifswald genutzt wird.
auswahltestzentrale.de

Video: Studium der Medizin

Der Artikel enthält ein Video mit weiteren Informationen.

Weitere Filme findest du auf der abi» Videoübersicht.