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Baltistik, Buchwissenschaft, Mineralogie: Entscheidest du dich für ein sogenanntes „Nischenfach“ oder „Orchideenfach“, solltest du dich früh mit deinen Berufsvorstellungen beschäftigen. abi» gibt Tipps zum Einstieg in die Arbeitswelt.
Wie kommt ein digitales Produkt bei den Nutzenden an? Was erwarten sie von einer App? Welche Erfahrungen haben sie mit einer Website gemacht? Mit diesen Fragen beschäftigt sich Jonas Setzkorn in seiner Arbeit als UX-Researcher. UX steht für User Experience, also Nutzererfahrung, Research bedeutet Forschung. Ein möglicher Zugangsweg zu diesem Beruf: Ein Studium der Kognitionswissenschaften oder „Cognitive Science“.
Oft sind es begeisterte Idealistinnen und Idealisten, die sich aus einem starken persönlichen Interesse heraus für ein Nischenfach entscheiden.
Astrid Hißen, Berufsberaterin Agentur für Arbeit Krefeld
Nutzerorientierte Gestaltung, Design Thinking, Usability-Tests – diese Schlagwörter begegneten ihm bereits in seinem Bachelorstudium Produktgestaltung an der Hochschule für Gestaltung Schwäbisch-Gmünd. Schon damals begann er, gezielt auf seinen heutigen Beruf hinzuarbeiten. Beim Volkswagen-Konzern absolvierte er ein Praktikum im Bereich Nutzerforschung und Trendanalyse. Seine Bachelorarbeit über die Entwicklung eines Roboters, der mit Demenzerkrankten interagiert, verfasste er als Werkstudent am Fraunhofer-Institut.
Danach suchte er nach einer passenden Spezialisierung. Fündig wurde der 32-Jährige mit dem interdisziplinären Masterstudiengang „Cognitive Science“ an der Universität Osnabrück. Als studentische Hilfskraft sammelte er weitere Praxiserfahrungen, „um die berufliche Landkarte abzustecken“. Der Berufseinstieg gelang ihm nahtlos: Beim Philips-Konzern in Eindhoven verfasste er seine Masterthesis und konnte anschließend direkt als Usabilty Engineer anfangen. Heute arbeitet er für die Digitalagentur Digitas in Berlin. Seine Aufgaben als Kognitionswissenschaftler: Nutzerstudien durchführen, Daten interpretieren und Kunden beraten.
Cognitive Science, auf Deutsch Kognitionswissenschaft, ist ein sogenanntes „Orchideenfach“. Besonders häufig findet man diese laut Duden „ausgefallenen, ungewöhnlichen und deshalb nur von wenigen gewählten Studienfächer“ in den Geisteswissenschaften. Doch allein ein Blick auf die insgesamt 162 Einträge umfassende Liste der Arbeitsstelle „Kleine Fächer“ der Johannes Gutenberg-Universität Mainz zeigt, dass auch andere Fachgebiete vertreten sind – von Abfallwirtschaft über Buchwissenschaft, Kriminologie, Mineralogie, Neuroinformatik und Umweltchemie bis zur Zukunftsforschung. Eine ihrer Gemeinsamkeiten: „Kleine Fächer leisten einen unverzichtbaren Beitrag zur Weiterentwicklung von Wissenschaft und Kultur und schaffen wichtige Grundlagen, um auf aktuelle gesellschaftliche und politische Herausforderungen zu reagieren.“ So formulieren es die Präsidien von Hochschulrektoren- und Kultusministerkonferenz in einer Erklärung zum Projekt der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.
„Oft sind es begeisterte Idealistinnen und Idealisten, die sich aus einem starken persönlichen Interesse heraus für ein Nischenfach entscheiden“, weiß Astrid Hißen, Berufsberaterin der Agentur für Arbeit Krefeld. Eine gute Voraussetzung, um das Studium erfolgreich abzuschließen – was aber nicht unbedingt bedeutet, dass Absolventinnen und Absolventen einen Job in exakt dieser Nische finden. „Wichtig ist es, realistisch in die berufliche Zukunft zu schauen: Die Schnittmenge aus Spezialwissen und Arbeitsmarkt ist in der Regel klein“, merkt die Berufsberaterin an. Daher sollte man stets offen für Neues bleiben und die Fähigkeit erwerben, sich auf unbekanntem Terrain zu behaupten.
Ich habe nach einer Spezialisierung gesucht, die mich bestmöglich auf den Aufgabenbereich UX vorbereitet.
Jonas Setzkorn, UX-Researcher
Theoretisch steht Absolventinnen und Absolventen eine breite Palette an Tätigkeitsfeldern offen: Forschung und Lehre, Wirtschaft, Politik, Management, Marketing oder Wissensvermittlung. Um das Feld zu sondieren, sollten Studierende sich früh über ihr späteres Berufsleben Gedanken machen und ihr Profil schärfen. „Eine frühzeitige berufliche Orientierung, Flexibilität und regionale Mobilität sind wichtig für eine erfolgreiche Etablierung am Arbeitsmarkt“, betont Claudia Suttner vom Team Arbeitsmarktberichterstattung der Bundesagentur für Arbeit.
Auch Astrid Hißen unterstreicht die Wichtigkeit von Praxiserfahrungen: ein Freiwilligendienst nach dem Abitur, Nebenjobs, Werkstudententätigkeiten, Auslandsaufenthalte und natürlich Praktika. Gerade bei sehr kleinen Fächern sei es den Hochschulen oft selbst ein Anliegen, Studierende früh in die Praxis einzubinden und an potenzielle Arbeitgeber heranzuführen. Über die Praxis erfährt man zudem, welche Fähigkeiten gefragt sind. „Es ist wichtig, neben dem Spezialwissen Schlüsselqualifikationen zu erwerben“, betont Astrid Hißen. Dazu gehören soziale Kompetenzen wie Kommunikations- und Teamfähigkeit sowie einschlägige Methodenkompetenzen wie Analysefähigkeit oder Präsentationstechniken. Gleiches gilt für Hard Skills, also fachliche oder technische Fähigkeiten, darunter IT- und Softwarekenntnisse oder das Beherrschen einer Fremdsprache.
Mit Kompetenzen und Hard Skills als Stichwort lässt sich in Stellenbörsen nach interessanten Ausschreibungen suchen. Zum Beispiel eignen sich die Studierenden in der Baltistik Fähigkeiten im Dolmetschen und Übersetzen an. „Zudem können sie in Bereichen tätig werden, in denen ihre interkulturellen Kenntnisse und Fähigkeiten gefragt sind“, erläutert Claudia Suttner. So gab es 2023 laut Statistischem Bundesamt rund 300.000 Erwerbstätige, die Sprachwissenschaften studiert haben. Explizit als Baltistiker/in sozialversicherungspflichtig beschäftigt sei jedoch nur eine niedrige zweistellige Zahl.
Oder man sucht mit einer dem Fachgebiet verwandten Berufsbezeichnung. Das ist insbesondere bei „akademisierten“ Berufsausbildungen wie Hebammen- und Pflegewissenschaft oder Physiotherapie sinnvoll. Ein Beispiel ist der Beruf Klinische/r Linguist/in. Mehr Ausschreibungen findet man, wenn man nach Logopäd/in sucht. „Allerdings ist dann die Vergütung in der Regel nicht auf akademische Abschlüsse ausgerichtet“, merkt Berufsberaterin Astrid Hißen an.
Das Online-Lexikon der Bundesagentur für Arbeit bietet über 3.000 aktuelle Berufsbeschreibungen in Text und Bild. (Suchwort: z.B. Klinische/r Linguist/in)
www.arbeitsagentur.de/berufenet
Das Filmportal der Bundesagentur für Arbeit listet 350 Filme über Ausbildungsberufe und Studiengänge.
www.berufe.tv
Infoportal der Bundesagentur für Arbeit und der Stiftung für Hochschulzulassung. Hier findest du Informationen rund ums Studium.
www.studienwahl.de
In der Studiensuche kannst du recherchieren, welche Studiengänge an welchen Hochschulen in Deutschland angeboten werden.
www.arbeitsagentur.de/studiensuche
Die Arbeitsstelle Kleine Fächer ist eine an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz angesiedelte Forschungs- und Serviceeinrichtung. Den zentralen Gegenstand ihrer Untersuchungen bildet die Situation der kleinen Fächer an deutschen Hochschulen. Ihre Kernaufgabe ist die Kartierung der kleinen Fächer.
www.kleinefaecher.de
Stand: 16.06.2025
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