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Wenn große Veränderungen in Unternehmen anstehen, können externe oder interne Fachkräfte helfen, solche Prozesse zu starten. Change-Managerinnen und -Manager konzeptionieren, kommunizieren und setzen große Veränderungsprojekte um. Wie sie das genau machen, fragt abi» im Podcast nach.
Ein Change-Manager oder eine Change-Managerin ist je nach Einsatzgebiet Übersetzer, Brückenbauer und manchmal auch so ein bisschen Konfliktschlichter in allen Arten von Veränderungen.
Sarah Kisliuk ist Change-Managerin
Jingle: abi», dein Podcast für die Berufsorientierung
abi»: Herzlich willkommen zum abi» Podcast. Mein Name ist Klaus, und ich habe mich heute mit Sarah Kisliuk über den Beruf der Change-Managerin beziehungsweise des Change-Managers unterhalten. Neue Technologien entstehen in unserer Zeit viel schneller als früher und verlangen von Unternehmen eine schnelle Anpassungsfähigkeit. Um große Veränderungen in den Unternehmen einzubauen, kann es helfen, extern oder intern Fachkräfte zu haben, die sich mit der Organisation und Kommunikation solcher Prozesse auskennen. Change-Managerinnen und Manager konzeptionieren, kommunizieren und setzen große Veränderungsprojekte um. Wie der Berufsalltag von Change-Managerinnen und Change-Managern aussieht und wie man in diesen Beruf kommt, frage ich heute nach. Hallo Sarah.
Sarah Kisliuk: Hallo, vielen Dank für die Einladung.
abi»: Ja, gerne, doch was ist denn eine Change-Managerin oder ein Change-Manager überhaupt?
Sarah Kisliuk: Ein Change-Manager oder eine Change-Managerin ist im Prinzip je nach Einsatzgebiet, weil Veränderungen gibt es ja an ganz vielen verschiedenen Ecken, Übersetzer, Brückenbauer und manchmal auch so ein bisschen Konfliktschlichter in allen Arten von Veränderungen und so ein bisschen eine Schnittstelle zwischen den Leuten, die die Veränderung gerne voranbringen möchten, und den Leuten, die die Veränderung dann betrifft.
abi»: Jetzt in deinem Fall explizit, was machst du in Unternehmen?
Sarah Kisliuk: Also ich persönlich, ich bin Change-Managerin in der IT. Das bedeutet, ich komme vor allem zu Unternehmen, die ganz faktisch irgendwelche Veränderungen in der eigenen IT, also sprich in der gesamten Programm- und Systemlandschaft, haben. Das heißt, ich bin relativ nahe an der Technik, weil ich ja verstehen muss, was da irgendwie überhaupt passieren soll. Die Leute, mit denen ich also ganz häufig schon mal erste Gespräche habe, sind so typische IT Projektleiter oder generell Projektleiter in Unternehmen bei Entwicklungsprojekten. Wenn es quasi mal vorangehen soll, auch technisch, dass man vielleicht von veralteten Systemen wegkommt und neue Systeme einführt oder auch sagt, wir haben so viele verschiedene Systeme, das wollen wir jetzt mal vereinheitlichen, da bringen wir jetzt irgendwie alle an einen Tisch zusammen und gucken mal, wie wir das dann sauber aufgleisen.
Das heißt, ich gehe in Unternehmen, die schon gesagt haben, wir würden gerne unsere IT-Struktur verändern. Damit das dann am Ende beim Endanwender auch so läuft, dass die zufrieden sein können, dass sie sich nicht riesig rumärgern müssen mit irgendwelchen neuen Systemen, dafür bin ich dann mit dabei.
abi»: Und mit wem im Unternehmen arbeitest du dann zusammen?
Sarah Kisliuk: Ich arbeite hauptsächlich, also in Absprachen, arbeite ich dann viel mit dem Projektteam zusammen. Wir haben auch häufig dann noch mal Gespräche mit Geschäftsleitungen, die eben auch gerne bei Projekten oft so ein bisschen als Botschafter mit eingebunden werden, und dann innerhalb von den Projekten. Wenn jetzt im Projektteam nicht schon explizit angebunden ist, zum Beispiel eine Kommunikationsabteilung, wenn das Unternehmen eine eigene hat. Ein Schnittstellenjob ist das in dieser Hinsicht auch wirklich.
Die restlichen Ansprechpartner sind dann häufig die Empfänger der Veränderung, das heißt die Leute, die dann informiert werden: „Hey, ihr bekommt ein neues System. Uns ist es aber natürlich wichtig zu wissen, was soll das denn alles haben. Deswegen kommen jetzt vielleicht mal Entwickler vorbei, die sich ansehen, wie ihr arbeitet. Wer von euch hat denn da gerade Zeit und Lust, sich vielleicht mit dazu zu packen?“ Also sprich, wir informieren dann am Ende auch immer die.
abi»: Wie wird man denn überhaupt Change-Managerin?
Sarah Kisliuk: Ich glaube, das ist ganz unterschiedlich. Ich habe immer schon gerne mit Menschen gearbeitet, habe dann nach dem Abitur noch eine kleine Ausbildung zwischen geschoben, dann aber ganz gezielt BWL studiert, also Betriebswirtschaftslehre, weil natürlich Change-Management an sich, das gibt es schon relativ lange und ist auch eigentlich schon relativ etabliert. Das heißt, man kann sich aus verschiedenen Richtungen ins Change-Management entwickeln. BWL-Basis eben mit dem Wirtschaftsfokus, schadet sicherlich nicht.
Es hat auch einen sehr hohen Kommunikations- und Psychologieanteil. Man muss ja auch irgendwie verstehen, warum Menschen tun, was sie tun, und warum man jetzt nicht nur, weil man beschließt, jeden Morgen jetzt Sport zu machen, auch wirklich jeden Morgen aufsteht und Sport macht. Also, Veränderungen brauchen Zeit und Verhaltensänderungen halt auch. Das heißt auch Psychologie ist eine Richtung, aus der man sich dann auch, also Wirtschaftspsychologie zum Beispiel ist auch häufig ein Hintergrund von Change-Managern und tatsächlich auch ein Kommunikationsstudium. Also wenn man sagt, man möchte was Richtung Kommunikation machen, auch da ist Change-Management eine ganz tolle Möglichkeit, auch ja ein bisschen was anderes zu machen als Texte zu schreiben, sondern halt auch wirklich so am Menschen dran ist, so ein bisschen interdisziplinär. Das finde ich eigentlich auch ganz toll dran.
abi»: Wie reagieren denn die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, wenn du jetzt als Expertin von außen in eine Firma kommst, um Veränderungen reinzubringen?
Sarah Kisliuk: Also, das hängt immer davon ab, welche Erfahrungen die Mitarbeitenden bislang mit Veränderungen gemacht haben. Wenn jetzt schon mehrfach in Unternehmen irgendwie probiert worden ist, was Neues einzuführen, und das hat jedes Mal geknallt, dann erlebe ich zum Beispiel die Mischung aus Erleichterung, dass jetzt mal jemand dazu geholt wird, der das professionell macht, und teilweise aber auch Frustration, dass halt schon wieder jetzt was gemacht werden soll. Das heißt, da haben wir ganz unterschiedliche Reaktionen.
Da wir ganz häufig auch mit sogenannten Key-Usern, das heißt Leuten, die innerhalb von so einem IT-System halt die ersten sind, die angelernt werden, zusammenarbeiten, kriegen wir von denen auch schon immer einen guten ersten Überblick, wie es denn eigentlich in den Unternehmen hinsichtlich Veränderungen aussieht. Das geht von wirklicher Begeisterung, dass sich die Leute freuen, dass jetzt was Neues kommt. Und dann gibt es meistens einen kleinen Anteil an Leuten, die vielleicht gerade auch aufgrund vergangener Veränderungserfahrungen sagen „ich habe da überhaupt keine Lust drauf. Müssen wir das wirklich machen?“ Also gerade, wenn viel auf einmal passiert, sind die Leute auch oft einfach super gestresst, völlig nachvollziehbarerweise.
abi»: Und wie gehst du dann mit so einem Stress um?
Sarah Kisliuk: Das ist ganz unterschiedlich. Manchmal wollen die Leute einfach nur schimpfen, und da muss man sie auch einfach mal schimpfen lassen. Wichtig ist aber dann, den Leuten in ihrer Frustration auch Wege zu zeigen, also so ein „Hey, ja, wir wissen, dass die vergangenen Veränderungen nicht gut gelaufen sind. Was würdest du uns denn raten? Wie sollen wir es denn am besten angehen, dass das für euch gut läuft? Welche Bedenken hast du denn, was können wir denn mitnehmen in das Projekt, dass das so gut und so reibungslos wie möglich am Ende auch für euch ist?“
Manchmal muss man auch einfach sagen, gut, Person XYZ ist gerade vielleicht mit dem Projekt ein bisschen … Da fangen wir vielleicht nicht als erstes an, sondern starten vielleicht einfach an einem anderen Punkt, jetzt nicht bei der einen Abteilung, die geschlossen dagegen demonstriert, sondern wir fangen vielleicht mal bei einer Abteilung an, die Lust drauf hat. Dann führen wir das ein, und dann zeigen wir einfach mal das Ergebnis, also auch so ein bisschen Erfolge zeigen und natürlich auch Erfolge feiern, dass halt die Leute, die von außen skeptisch drauf gucken, auch sehen, so schlimm läuft das gar nicht.
Und dann ist es immer ganz wichtig, den Leuten auch einen gesichtswahrenden Einstieg in das Thema zu geben, also sowas zu sagen wie „Hey, vielen Dank für die für die vielen super konstruktiven Anmerkungen gerade am Anfang. Das hat uns weitergebracht und deswegen konnten wir es jetzt in der und der Abteilung so gut umsetzen. Dürfen wir das nächste Mal vielleicht auch mal mit euch reden, was euch weiterhin wichtig ist?“ Also, dass die Leute die Möglichkeit haben, dass, wenn sie viel geschimpft haben, dann trotzdem aber einen guten Einstieg wieder kriegen und nicht dann sagen: „Jetzt habe ich so viel geschimpft, jetzt ist es ja peinlich, wenn ich es gut finde.“
abi»: Was findest du an dem Beruf am spannendsten?
Sarah Kisliuk: Am spannendsten finde ich einfach zu sehen, was Menschen anstellen können, wenn sie sich zusammensetzen und sich einen Plan machen. Das finde ich einfach immer wieder toll, dass man aus ganz vielen Situationen einfach rauskommt, indem man einmal alle an einen Tisch bringt, miteinander redet und dann einfach gemeinsam weiter nach vorne geht.
abi»: Und umgekehrt, was ist die größte Herausforderung daran?
Sarah Kisliuk: Wenn es nicht läuft, das kann halt immer passieren, sei es jetzt, weil die Zeit beim Projektteam zum Beispiel nicht da ist, weil die Leute Sachen machen, die wir empfohlen haben, nichts zu tun. Dann ist es natürlich eine große Herausforderung, auch nicht zu sagen, wir haben es euch doch gesagt, sondern zu sagen, gut, wie gehen wir denn jetzt von hier aus weiter? Einfach so ein bisschen Frustrationstoleranz, obwohl man aufgezeigt hat, was passiert, wenn man den schwierigen Weg geht, die Leute dann überrascht sind, dass genau das passiert, was man gesagt hat.
abi»: Wie zukunftsrelevant findest du den Beruf Change-Manager oder Change-Managerin?
Sarah Kisliuk: Wenn ich jetzt sagen würde, überhaupt nicht, dann wäre ich wahrscheinlich in der falschen Branche. Unsere Welt wird jeden Tag komplizierter, es gibt jeden Tag mehr Informationen und wir müssen immer schneller handlungsfähig sein. Das heißt, Unternehmen müssen sich immer schneller anpassen an die Veränderungen und sind davon auch einfach überfordert. Veränderungen gehen aber nicht weg. Das wird nicht passieren, und je schneller Technologie wird, desto schneller wird sich auch die Gesellschaft verändern und auch anpassen müssen. Und damit wir als Gesellschaft und dann halt im kleinen Spiegel auch als Unternehmen gut durch unterschiedliche Veränderungen oder vielleicht auch Krisen durch können, braucht es Menschen, die in der Lage sind, da durch zu navigieren.
Das heißt, ich halte den Job des Change-Managers für einen sehr zukunftsorientierten, weil das, was am Ende des Tages ein Unternehmen voranbringt, nicht die teuren Maschinen sind, sondern das sind die Menschen. Und solange jemand da ist, der einen Blick auf die Menschen hat, wird das eine Relevanz haben. Und ich erlebe selber auch, dass das Verständnis bei Unternehmen, wie relevant und wie wichtig Change-Management ist, auch steigt und dass auch gerade Unternehmen, die schon viel Geld verbrannt haben für Prozesse und für Veränderungen, die eben nicht ordentlich geführt wurden, mittlerweile sogar auch explizit danach fragen.
abi»: Vielen, vielen Dank für das schöne Interview.
Sarah Kisliuk: Ja, sehr gerne, danke für die Einladung nochmal.
abi»: Wenn ihr euch dafür interessiert, wie sich die Arbeitswelt in der Zukunft verändern wird, schaut euch auf abi.de mal das Top Thema „New Work“ bei „Orientieren > Was will ich? Was kann ich? > Die Arbeitswelt im Wandel > Arbeit im Wandel“ an. Und wenn euch Berufe interessieren, die mit IT und Digitalisierung zu tun haben, schaut euch den Studiengang Technologiemanagement bei „Studium > Studienbereiche > Ingenieurwissenschaften > Wirtschaftsingenieurwesen und Technologiemanagement“ an oder den Elektroniker für Informations- und Systemtechnik bei „Ausbildung > Berufsfelder > Elektro > Berufe in der Informations- und Kommunikationstechnik“. Das war dein abi» Podcast. Redaktion und Produktion Klaus Harfmann für den Meramo Verlag im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit.
Stand: 29.10.2024
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