Rubrik:
studium
07.04.2020
Autor:
Marie
Rubrik:
studium
07.04.2020
Kinofilme fand ich ziemlich lange ziemlich langweilig. Inzwischen glaube ich, ich hatte einfach viel Pech mit schlechten Filmen: Die Stadt, in der ich aufgewachsen bin, hatte kein Kino. Wenn wir ins Kino wollten, fuhren wir mindestens eine halbe Stunde mit dem Auto dorthin: Weil wir deshalb nicht oft ins Kino gegangen sind, habe ich vor allem Filme gesehen, für die viel Werbung gemacht wurde – und war meist enttäuscht und dachte, dass Filme nicht für mich sind.
Medienwissenschaft hab ich aus anderen Gründen angefangen zu studieren. Eigentlich haben mir auch alle Module gut gefallen – bis auf die zu Filmwissenschaft. Dort gab es vor dem zweistündigen Seminar jeweils eine Sichtung: Der Film, der anschließend besprochen werden sollte, wurde dort gemeinsam geschaut. Ich fand das vor allem viel zu zeitaufwendig und habe es erfolgreich geschafft, nur die filmwissenschaftlichen Seminare zu belegen, die ohne Sichtung auskamen. Spätestens im Auslandssemester hatte ich Kinos dann sowieso abgehakt: Solange mein Chinesisch bei absoluten Grundkenntnissen blieb, machte es sowieso keinen Sinn, taiwanesische Kinos zu besuchen – ganz davon abgesehen, dass man dort eh lieber zum Karaoke geht.
In diesem Jahr hat es dann aber Klick gemacht. Seitdem habe ich vor allem eins verstanden: In größeren Städten gibt es unzählige Kinos, die ganz viele tolle Filme abseits vom Mainstream zeigen. Köln hat beispielsweise ein Kino, das eine Reihe von Filmen bringt, die sie als „zu gut für die Oscars“ bezeichnen. In den vergangenen acht Wochen war ich viermal im Kino – für mich ist das ziemlich viel.
Mein absoluter Lieblingsfilm bisher war „Systemsprenger“: Bei dem Film geht es um ein Mädchen, das praktisch durch alle Sicherungsnetze der deutschen Jugendhilfe rutscht. Sie wohnt zuerst bei Pflegefamilien, dann in Wohngruppen, zwischenzeitlich in einer Kinder- und Jugendpsychiatrie. Bei ihrer Mutter kann sie nicht leben, auch wenn das ihr größter Wunsch ist. Mir ist dabei aufgefallen, dass der Film keinen typischen Filmverlauf mit einer Einleitung, einem Spannungsbogen, einem Höhepunkt und einer Auflösung hat. Stattdessen hat er mich immer wieder überrascht: Ich konnte mir überhaupt nicht vorstellen, wie der Film ausgeht. Eine Zeit lang war der Film auch für die Oscars im Gespräch: Geklappt hat es damit nicht. Mich hat er dafür wieder für das Kino begeistert.
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