Rubrik:
studium
19.06.2020
Autor:
Eva
Rubrik:
studium
19.06.2020
In den Pfingstferien machte ich ein freiwilliges Praktikum in einem Kinderheim. Ich wollte diese Erfahrung sammeln, um nähere Einblicke in das Zuhause meiner späteren Schüler zu erhalten. In meinen letzten Schulpraktika waren nämlich mindestens zwei Kinder Heimkinder. Ich wollte diese Negativbehaftung von Heimen abwerfen und mich vom Gegenteil überzeugen.
In dem Kinderheim, in dem ich mein Praktikum absolvierte, ist jede Gruppe in einem eigenen Haus mit Garten untergebracht. Außerdem gibt es dort einen gemeinsamen Spiel- und Sportplatz sowie eine Turnhalle. Die Kinder sind freiwillig im Heim und dürfen teilweise am Wochenende oder in den Ferien zu ihren Eltern fahren. Zudem gibt es feste Telefonzeiten mit den Eltern für die Kinder. Manche Kinder dürfen diese allein führen, andere nur im Beistand eines Erziehers. Das Heim verfügt zusätzlich über einen ambulanten Psychologen.
Ich verbrachte meine Zeit in einer achtköpfigen Gruppe. Die Kinder waren elf bis neunzehn Jahre alt. Zunächst führte mich eine Erzieherin auf dem Gelände herum und zeigte mir alles, danach lernte ich die Kinder kennen. Es war eine bunt gemischte Truppe: Manche begrüßten mich herzlich, andere hielten Abstand. Ich denke, die Kinder sind an diesen ständigen Wechsel von Erziehern, das Kommen und Gehen, gewohnt. Es lohnt sich für sie einfach nicht, eine Beziehung zu mir aufzubauen, da ich sie nach zwei Wochen wieder verlassen würde. Dennoch öffneten sie sich Tag für Tag mehr. Ich spielte verschiedene Gesellschaftsspiele mit ihnen, machte lange Spaziergänge oder kickte mit ihnen auf dem Sportplatz. Ich fügte mich in die Strukturen des Haushaltes ein, die für die Kinder wichtig waren. Wir aßen gemeinsam Mittag und zu Abend, was mir gut gefallen hat.
Die Kinder erzählten viel von sich und ihren Familien. Nähere Hintergründe offenbarten sie mir aber nicht, was völlig in Ordnung war. Es wirkte, als würden sich die Kinder im Heim erholen, als könnten sie sich dort frei in einem sicheren Zuhause entfalten. Ich genoss es, abends mit ihnen einen tollen Film zu schauen, sie lachen zu hören und mit ihnen Zeit zu verbringen. Ich erhielt unheimlich viele Einblicke. Die negativen Gefühle und Gedanken, die ich mit einem Kinderheim assoziierte, verschwammen immer mehr. Für mich stellte dieser Ort etwas Gutes dar, der den Kindern zahlreiche Möglichkeiten bietet. Sie haben hier nicht nur unheimlich viele Spielsachen und Bücher, sondern auch Ansprechpartner.
Verbildlicht stellte dieser Ort für mich einen schützenden Kokon dar, der versucht, den Kindern einen Raum zum Wachsen zu geben. Sie können sich dort zu einem Schmetterling entwickeln, was ihnen ohne diesen Kokon wahrscheinlich nicht gelungen wäre.
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