Rubrik:
orientieren
01.06.2024
Autor:
Anna
Rubrik:
orientieren
01.06.2024
Ich wollte für mein Jahr als Au-pair in Irland am liebsten auf einen Pferdehof. Das Problem dabei: Die Agentur, über die ich gebucht habe, verlangt mindestens fünf Jahre Reiterfahrung sowie Videos als Nachweis. Ich bin zwar in meiner Grundschulzeit geritten, was mich zwar theoretisch auf mehr oder weniger fünf Jahre bringt, diese lässt sich jedoch nicht filmen, weil sie eben nur auf dem Papier vorhanden ist. Zwei Jahre hatte ich jedoch auf einem kleinen Pferdehof in der Hippotherapie, ein Reitangebot, das ich an Kinder mit einer Behinderung richtet, mitgeholfen. Durch diese Arbeit konnte ich durchaus Erfahrung mit Pferden und das Drumherum sammeln. Für meine Bewerbung hat mir also „nur“ das Reiten an sich gefehlt.
Ich hatte mich erst im Januar meines letzten Schuljahres für das Auslandsjahr entschieden und somit nur ein halbes Jahr Zeit gehabt, um reiten zu lernen. Dass ich vorher schon mal auf einem Pferd gesessen habe, war auf jeden Fall hilfreich und hat eine gute Grundlage gebildet, aber ich war trotzdem totale Anfängerin. Das, zusammen mit dem Wissen, dass ich nur ein halbes Jahr Zeit habe, was 24 Wochen und somit, bei einer Reitstunde pro Woche, insgesamt auch nur 24 Unterrichtsstunden sind, hat mich manchmal an meiner Entscheidung zweifeln lassen. Es hat nämlich nicht immer unbedingt so geklappt, wie ich wollte. Ich hatte diverse Probleme, die von Woche zu Woche kein Stückchen besser geworden sind. Manchmal habe ich mich gefragt, ob ich einfach aufgeben sollte, ich würde in dieser kurzen Zeit nicht zur perfekten Reiterin werden und welcher Hof würde eine Anfängerin nehmen? Es wäre einfacher gewesen, aufzuhören, es sein zu lassen. Es wäre einfacher gewesen, nicht bei Regen und Schnee durch Pfützen zu traben und den gleichen Fehler zum hunderttausendsten Mal zu machen. Aber die einfache Lösung ist nicht immer die beste. Ich wollte unbedingt nach Irland. Ich wollte unbedingt die Platzierung mit Pferden. Und ich bin ein extrem ehrgeiziger Mensch. Ich kann nicht einfach aufgeben und meine Zweifel, die Stimme, die mir sagt: „Du kannst das doch eh nicht!“ gewinnen lassen. Und deshalb habe ich mich durchgebissen und weitergemacht. Und bin jede Woche zu meiner Reitstunde gegangen, selbst, wenn ich keine Lust hatte. Am Ende ist mein Video das sicherlich schlechteste gewesen, das meine Gastfamilie je gesehen hat, aber sie haben mich trotzdem genommen.
Diese Erfahrung hat mir total viel Mut gemacht. Mein Ergebnis war (natürlich dank der Hilfe von anderen, aber auch dank mir und meiner Arbeit dafür) am Ende das beste, das ich für mich selbst in dieser limitierten Zeit erreichen konnte. Es ist nicht perfekt gewesen, aber es hat gereicht. Ich habe daraus gelernt, wie wichtig es ist, dass man sich an sich selbst misst, an dem, was im Rahmen der eigenen Möglichkeiten und den vorliegenden Bedingungen erreicht werden kann, anstatt auf das zu schauen, was andere können und haben und daran den eigenen Wert festzulegen. Man muss an sich selbst glauben, das Quäntchen Ehrgeiz und Selbstdisziplin haben, dann kann man (fast) alles erreichen. In 99 Prozent der Fälle ist man selbst das größte Hindernis auf dem Weg zum Ziel. Daher fang an! Kauf das Instrument, lern die Sprache, probier den Sport aus, den du schon immer ausprobieren wolltest. Ignorier, was andere sagen: Entweder können sie es noch schlechter oder sie sind auch mal bei null gestartet. Und nach einem halben Jahr bist du dann auf jeden Fall schon mal besser als all die, die nicht den Mut und Ehrgeiz hatten, überhaupt anzufangen.
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