Rubrik:
orientieren
14.02.2024
Autor:
Anna
Rubrik:
orientieren
14.02.2024
Hey, ich bin Anna!
Ich habe letzten Mai mein Abi geschrieben, bin im Juni achtzehn geworden und habe in demselben Monat mein Abizeugnis bekommen. Ich war plötzlich erwachsen, mit Schulabschluss – in einer Welt, von der ich kaum Ahnung habe und gleichzeitig tausend Möglichkeiten. Auch wenn ich schon relativ lange wusste, dass ich nach meinem Abi nicht direkt mit einem Studium anfangen möchte, war ich mir lange nicht sicher, was genau ich in der Zwischenzeit machen will. Ich habe überlegt, ein Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ) zu machen, doch nichts gefunden, was mich zu hundert Prozent angesprochen hat.
Schließlich ist mir die Idee gekommen, ein Jahr im Ausland zu verbringen. Ich hatte allerdings nicht früh genug angefangen, Geld zu verdienen (und dieses auch zu sparen), um nur zu reisen oder „Work & Travel“ machen zu können. Außerdem habe ich nur Englisch und Französisch in der Schule gelernt, wobei sich mein Französisch auf die Bestellung von Baguette und Croissants beschränkt. Mein Fazit daraus war: Ich brauche eine feste Arbeit in einem englischsprachigen Land, am besten mit Familienanschluss, da ich alleine reisen würde. Alles in allem ziemlich genau die Beschreibung für einen Au-pair-Job.
Ein ganzes Jahr lang nur auf Kinder aufzupassen, erschien mir jedoch ziemlich langweilig. Nach etwas Suchen habe ich schließlich eine Agentur gefunden, die neben reiner Au-pair-Arbeit auch Platzierungen in landwirtschaftliche Betriebe vermittelt, wobei ich eine Stelle auf einem Pferdehof favorisiert habe. Nachdem ich meine Bewerbung abgeschickt hatte, habe ich die erste Hälfte des Sommers mit Warten verbracht, ängstlich, dass ich aus irgendwelchen Gründen keine passende Platzierung bekommen würde. Nach zwei Monaten habe ich endlich ein Angebot von meiner Agentur bekommen: eine Familie mit vier Kindern, Pferdehof und einem Milchkuhbetrieb. Ich würde bei den Pferden und Kindern mithelfen. Nach einer Woche Überlegen habe ich zugesagt.
In der zweiten Hälfte des Sommers habe ich dann meinen Freund*innen zugesehen, wie eine/r nach dem anderen weggezogen ist. Das war ein komisches Gefühl – und der Moment, in dem ich realisiert habe, dass mein bisheriger Lebensabschnitt der Schulzeit, den ich so oft verflucht hatte, endgültig vorüber und vielleicht doch nicht so schlimm und langweilig war, wie ich immer behauptet habe. (Auch, wenn ich das meinen Eltern gegenüber natürlich nicht zugeben konnte.) Ende September ging mein Flug nach Irland. Ich habe mich monatelang auf diesen Moment gefreut, doch als mein Flugzeug abhob und ich auf den Frankfurter Flughafen herabschaute, wissend, dass ich die nächsten zehn Monate nicht heimkommen würde, musste ich doch weinen.
Heute ist etwas mehr als ein Drittel meiner Zeit in Irland vorbei. Ich liebe es hier, habe eine zweite Familie gefunden und jetzt schon Angst vor dem Moment, an den ich ihnen „Bye“ statt „See you later“ sagen muss. Die Tage hier vergehen extrem schnell und ich versuche, jeden Moment zu genießen, jede Erinnerung und Erfahrung mitzunehmen. Den Fehler, alles nur an sich vorbeiziehen zu lassen, den ich während meiner Schulzeit gemacht hatte, möchte ich nicht wiederholen. Ich glaube, ich schlage mich ganz gut. Ich habe unglaublich viele interessante Leute kennengelernt, neue Städte gesehen und tausend Bilder gemacht, um mich auch noch in zehn Jahren an meinen Lebensabschnitt hier erinnern zu können. Und ich freue mich darauf, ab jetzt auch dich während meiner Zeit hier mitnehmen zu können. Viel Spaß beim Lesen!
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