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Von Vorsätzen und Versuchungen

Ein Porträt-Foto von Maril

Autor:
Maril

Rubrik:
studium

07.03.2024

So ein Studium der Humanmedizin kann sich ziehen. Wird sich ziehen, unweigerlich. Bei 12 Semestern, also 6 Jahren und 3 Monaten, Regelstudienzeit ist das nicht zu vermeiden. Nach dem 3. Staatsexamen geht’s dann direkt weiter mit der Facharztausbildung, die auch gerne mal 5 Jahre in Anspruch nehmen kann. Doch davon möchte ich gar nicht erst anfangen. In dieser Zeit arbeitet man zumindest schon regulär – und nicht zu knapp. Aber das ist wie gesagt ein anderes Thema. Das Studium ist an sich schon recht lang. Sobald dann noch irgendetwas dazukommt, verlängert es sich nur noch weiter. Ein Auslandssemester, vielleicht auch mehrere, eine Doktorarbeit, ein Kind, zwei Kinder, ein gebrochenes Bein, eine nicht bestandene Prüfung, was auch immer. Schnell ist man länger als die vorgegebenen sechs Jahre an der Uni. Und trotzdem gibt es immer mehr Menschen, die sogar nach einer Berufsausbildung und vielleicht sogar noch einigen Jahren Berufserfahrung mit dem Studium beginnen – und es durchziehen, mit Bravour!

Diese lange Studienzeit muss nicht per se ein Problem sein, doch erhöht es die Wahrscheinlichkeit für Durststrecken und Durchhänger. Und das ist auch okay. Von jeder Seite wird man mit Tipps und Empfehlungen belagert, wie man es richtig machen soll. Hier ein paar Beispiele, von den mir berichtet wurde oder die mir selbst schon untergekommen sind:

Waaaaas, du lernst nicht mit Endspurtskripten fürs Physikum? Dann kannst du dir das gleich abschminken.

Waaaaas, du willst keine Auslandsfamulatur machen?

Waaaaas, du machst keine Doktorarbeit?

Waaaaas, du machst eine Doktorarbeit? Dafür interessiert sich doch keiner, wenn du nicht in die Forschung gehst. Und erst nach dem 2. Staatsexamen? Oder gar in der Facharztausbildung? Das wird nichts, glaube mir … (Sprach ein Erstsemester, kein Witz.)

Waaaaas, du nimmst nicht Anki-Karten zum Lernen?

Waaaaas, du gehst nicht zu den Vorlesungen?

Schlimmer, du gehst etwa wirklich hin?

Waaaaas, du gehst nicht zu den Medimeisterschaften?

Waaaaas, du gehst zu den Medimeisterschaften? Du nimmst dein Studium ja nicht besonders ernst.

Gerade an der Uni werden die Ziele und Herangehensweise an das Studium, aber auch an das Leben an sich immer unterschiedlicher – im Vergleich zu beispielsweise Schulzeiten. Es braucht ein gewisses Selbstbewusstsein, sich über seine eigenen Vorstellungen klar zu werden und sich dann nicht von anderen beirren zu lassen. Jeder Mensch lernt auf eine andere Art und Weise. Jeder Mensch hat andere Ansprüche an sich selbst und die Leistungen, die zu erbringen sind. Jeder Mensch hat auch andere Vorstellungen bezüglich seiner Freizeitgestaltung. Die Prioritäten sind bei allen verschieden und dessen muss man sich bewusst sein, wenn man zum Beispiel eine Lerngruppe gründet. Oder sich einfach so mit den Mitgliedern der eigenen Seminargruppe und anderen Kommiliton*innen vergleicht. Bei einer meiner guten Freundinnen hängt eine Postkarte am Kühlschrank: „Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit.“ Ein Zitat von Kierkegaard, wenn man der Quellenlage glauben schenken mag.

Da ist was dran, finde ich. Manchmal ist es gar nicht so einfach zu unterscheiden zwischen einem guten Rat aus eigener Erfahrung und einer Campus-Weisheit, die über stille Post mehr schlecht als recht reproduziert wurde. Natürlich kann man auch mal ältere Kommiliton*innen fragen, wie das in den höheren Semestern so laufen wird. Welche zusätzlichen Kurse sich vielleicht lohnen oder wie man seine Famulaturen am besten aufteilt. Dabei darf man aber nicht vergessen zu hinterfragen, was davon tatsächlich brauchbar ist, gerade für die eigene, ganz persönliche Situation. Also immer Kopf hoch und sich ganz bewusst für die eigene Vorgehensweise entscheiden – auch wenn das eine andere sein mag als die der Leute im eigenen Umfeld.