Rubrik:
orientieren
30.06.2023
Autor:
Thea
Rubrik:
orientieren
30.06.2023
Es war Freitag, und wie jeden Freitag fuhr ich mit den Öffis übers Wochenende in die Heimat. Wie immer lief das natürlich nicht nach Plan. Wer öfters Bahn fährt, weiß genau, wovon ich spreche. Verspätungen, Ausfälle, Baustellen. Und mich trafen vergangene Woche die Baustellen, sodass ich das letzte Stück mit dem Schienenersatzverkehr fahren musste. Und genau das war der Punkt, der mich wahrscheinlich aus dem Konzept brachte, da er meine Routine aufbrach. Tja, und dadurch war ich dann scheinbar so abgelenkt, dass ich mit weniger Gepäck ausstieg, als ich eingestiegen bin. Voller Freude fiel ich an der Endstation meinem Freund in die Arme. Er holte mich dankenswerterweise gute 20 Kilometer von zu Hause entfernt an der Bushaltestelle ab, an der ich sonst gestrandet wäre.
Müde und erschöpft von der mal wieder nervenaufreibenden Fahrt wollte ich mich in sein Auto retten, welches im Gegensatz zum Bus auf einigermaßen aushaltbare 25 Grad heruntergekühlt war. So fuhren wir also los, während ich ihm von meinem abenteuerlichen Ritt erzählte und mich mal wieder so richtig in Rage redete. Dann ein kurzer Griff in die Hosentasche, um sicherzustellen, dass ich mein Handy dabeihatte und anschließend der zweite Kontrollgriff in die Brusttasche. Denn da sollte mein Schlüssel sein. Kurze Panik, denn dort war er nicht. Ich grübelte kurz und rettete mich anschließend mit der Hoffnung: Dann ist er wohl im Rucksack bei meinem Portemonnaie. Dieses habe ich gleich im Anschluss kontrolliert. Rucksack auf: Portemonnaie ist da, Schlüssel aber immer noch nicht! Okay, wenn er jetzt nicht in meiner Hosentasche ist, wäre ein bisschen Panik durchaus angebracht. Und? Die Hosentasche war natürlich auch leer. Wo zu Hölle habe ich ihn denn jetzt schon wieder hingeschmissen? In die Autotür vielleicht? Geistesgegenwärtig unter den Autositz gepfeffert? – Zweimal negativ.
„Ähm, du?“, fragte ich meinen Freund, der mein gestresstes Durchwühlen sämtlicher Taschen mittlerweile natürlich mitbekommen hatte. „Kannst du kurz mal rechts ranfahren?“ – „Ja?“, antwortete er skeptisch, wusste aber, dass es wohl schon seinen Grund haben würde und folgte meiner Anweisung kommentarlos. Kaum angehalten sprang ich auf und durchkämmte den gesamten Fahrgastraum, während ich meinen Freund über den Verlust meines Schlüssels aufklärte. Und natürlich war auch hier weit und breit kein Schlüssel zu finden.
Ich wollte doch einfach nur nach Hause, raus aus der Hitze und während des Wochenendes all den Stress der vergangenen fünf Tage hinter mir lassen. Zudem sollte es doch in ein paar Minuten auch schon weitergehen. Ich hatte keine Zeit, mich jetzt um den verlorenen Schlüssel zu kümmern. Aufgrund des Schienenersatzverkehres war ich ohnehin schon wieder später dran als geplant, sodass ich zum Treffen mit meinen Freund*innen entweder zu spät oder vollkommen abgehetzt ankommen würde. Aber es ging nicht anders. Und der Schlüssel hatte nun leider höhere Priorität.
Ich versuchte also meine Gedanken zu sortieren, während die Autos mit sicherlich mehr als 50 km/h innerorts an uns vorbeirasten. „Erst rufst du jetzt mal unsere Freund*innen an, dann meldest du deinen Schlüssel als verloren und dann drehen wir noch mal um“, half mir mein Freund weiter. Guter Plan, hätte ich auch selbst draufkommen können. Gesagt, getan. Und während ich mich frustriert mit meiner Situation abfand, war ich ziemlich dankbar, das gerade nicht alleine managen zu müssen. Das Telefonat mit der DB-Hotline war ziemlich ernüchternd, da verlorene Gegenstände bei der DB erst nach ungefähr drei Werktagen wiedergefunden werden. Ich konnte durch das Wochenende also nicht mit Montag, sondern erst Mittwoch rechnen. Mittwoch. Also drei Tage ohne WG-, Arbeits-, Jugendcafé- und Fahrradschlüssel.
Und so sehe der best case aus! Was, wenn mein Schlüssel gar nicht wiedergefunden würde? Ich werde in einer Woche umziehen und muss dann natürlich meinen alten WG-Schlüssel abgeben. Den, der gerade irgendwo durch das Sauerland fährt! Und der Arbeitsschlüssel … Das ist leider so ein Hightech-Gerät, das blinken und Töne machen kann. Wie teuer der ist, will ich mir gar nicht vorstellen. Und wenn es denn nur der Schlüssel wäre! Ein neues Fahrradschloss brauchte ich dann ja auch! Aber was, wenn jetzt im Jugendcafé, auf der Arbeit und in der WG die Schlösser getauscht werden müssen? Dann sollte ich mir vorm Überweisen der nächsten Miete besser einen eigenen Spendenlauf organisieren. Supi. Was ein Freitag.
Fortsetzung folgt >>
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