Rubrik:
studium
20.01.2020
Autor:
Marie
Rubrik:
studium
20.01.2020
Für meinen Studienabschluss musste ich ein Pflichtpraktikum machen und anschließend einen Praktikumsbericht darüber schreiben. Darin stelle ich zum Beispiel das Unternehmen vor, in dem ich gearbeitet habe, umreiße meine Aufgaben und schreibe darüber, was ich dabei gelernt habe und was das mit meinem Studium zu tun hat. Weil ich es direkt nach dem Praktikum nicht geschafft habe, den Bericht zu schreiben, habe ich mich erst jetzt daran gesetzt – und dabei noch einmal darüber nachgedacht, wie wichtig Praktika für uns geworden sind.
Ich studiere Sozialwissenschaften: Da gehören Praktika einfach dazu. Einige nehmen sich nach dem Abi bereits ein Jahr Zeit, um Praktika zu machen. Andere verwenden ihre Semesterferien dafür oder hängen noch ein Jahr dran, um mehr Zeit zu haben. Weil wir viel Theorie und wenig Praxis in der Uni lernen, ist es schon fast Pflicht, nach dem Studienabschluss einige Praktika vorweisen zu können.
Letztendlich betrifft das aber nicht nur uns Sozialwissenschaftler oder Geisteswissenschaftler. Eine meiner Schulfreundinnen studiert Medizin: Ein dreimonatiges Pflegepraktikum musste sie gleich zu Anfang vorweisen. Eine andere Freundin studiert Sprachtherapie. Um ihre Krankenkassenzulassung zu erhalten, muss sie die ganzen Semesterferien für Praktika nutzen. Was wir alle gemein haben: Die Praktika sind entweder gar nicht oder nur schlecht bezahlt.
Sich Praktika leisten zu können, ist also auch ein Privileg. Wer zum Beispiel in den Semesterferien arbeiten muss, um sich sein Studium finanzieren, hat oftmals keine Zeit, auch noch Praktika zu machen. Wer finanziell auf Bafög angewiesen ist, kann es sich außerdem oft nicht leisten, länger als die vorgegebene Regelstudienzeit zu studieren. Praxissemester sind eine gute Lösung: In dieser Zeit sind die Studierenden regulär eingeschrieben, haben aber Zeit, Praxiserfahrung zu sammeln.
Am Ende sind wir selbst Teil des Problems: Dass wir mehr und mehr Praktika machen, erhöht die Konkurrenz untereinander. Helfen könnte der Mindestlohn, der aktuell aber nur bei Praktika gezahlt wird, die länger als drei Monate dauern und keine Pflichtpraktika sind. Beim Schreiben meines Praktikumsberichts ist mir wieder bewusst geworden: Da muss sich etwas ändern.
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