zum Inhalt

Schülerleben live: Arbeit auf dem Bauernhof

Ein Porträt-Foto von Lina

Autor:
Lina

Rubrik:
orientieren

13.11.2020

Ich brauche einen Job – dieser Erkenntnis musste ich mich vor ein paar Wochen stellen. Denn wenn ich bereits nächstes Jahr, wie bisher geplant, anfangen werde zu studieren, dann brauche ich etwas mehr Geld. Dazu kommen die zu bezahlenden Fahrstunden, und auch persönliche Wünsche, für die etwas Geld nicht schaden könnte.
Und so habe ich begonnen, mich nach Minijobs umzusehen. Beworben habe ich mich letztendlich auf eine Stelle im Café auf einem Bauernhof. Auf meine E-Mail folgte eine Einladung zum Probe-Arbeiten, und so stand ich vor zwei Wochen das erste Mal auf dem sogenannten „Sonnenhof“ und wusste nicht so recht, wohin mit mir. Gekommen war ich mit der Vorstellung, ein wenig eingearbeitet zu werden, um dann an der Theke beim Kassieren und bei der Essensausgabe zu helfen. Die Realität sah dann aber eher wie folgt aus: Ich wurde, ohne irgendjemanden vorgestellt zu werden, hinter die Theke geschubst und sollte Kundinnen bedienen. Ohne jegliches Vorwissen – Erklärungen gab es keine, denn alle Mitarbeiterinnen waren total im Stress, weil die Kassen genau an diesen Tag nicht so funktionierten wie sie sollten (oder sie einfach komplett ausfielen), es an Personal mangelte und aufgrund des guten Wetters der Hof total überlaufen war. Nachdem ich mich dann mehr schlecht als recht durch ein paar Stunden Bedienen durchgekämpft hatte und nur ein paar wenige Beleidigungen schlecht gelaunter Kunden hatte hinnehmen müssen, wurde ich dann vom Chef nach draußen gerufen – dort wurde ich von ihm erwartet, und zwar mit einem Pferd an der Hand. Ich solle jetzt das Pony-Reiten übernehmen, jemand sei ausgefallen. Ich habe zwar tatsächlich etwas Erfahrung mit Pferden, aber ich hatte mich ausdrücklich auf die Gastronomie beworben und war dementsprechend überrumpelt mit dieser Aufgabe. Im Endeffekt hat glücklicherweise alles eigentlich ganz gut geklappt – doch seltsam fand ich es irgendwie trotzdem, einem wildfremden Mädchen ein Pferd mit Kind anzuvertrauen.
Inzwischen war ich bereits dreimal auf dem Hof. Jedes Mal war es genauso unübersichtlich, unstrukturiert und stressig wie beim ersten Mal; auch wenn ich mich mittlerweile ein wenig eingearbeitet habe. Wir bekommen etwas unter dem Mindestlohn bezahlt, und allgemein ist die Arbeit auch kaum so, wie ich sie mir vorgestellt habe. Trotzdem möchte ich vorerst den Job behalten – einmal natürlich, weil ich das Geld gut gebrauchen kann, aber auch aus einem anderen Grund: eine Freundin und ich haben uns heute aus Spaß die Rezessionen zum Sonnenhof durchgelesen. Besonders im Gedächtnis geblieben ist mir eine ganz bestimmte: Die Person schrieb davon, dass sie sich den Ausflug mit Kindern auf den Bauernhof definitiv anders vorgestellt hätte. Der Sonnenhof würde seinem Namen nicht gerecht werden – ein Sonnenschein hingegen wäre das „kleine Mädchen“ an der Ausgabe bei der Kuchentheke gewesen. Und genau das ist der ausschlaggebende Punkt, warum ich bleiben möchte: ich möchte diese Art von Sonnenschein für die Besucher sein.