zum Inhalt

Freundschaften schließen

Schatten von Bloggerin Melissa.

Autor:
Melissa

Rubrik:
studium

17.12.2023

Zu einem neuen Lebensabschnitt gehört es gewissermaßen dazu, neue Leute kennenzulernen. Bei der Masse an Menschen an meiner Uni war ich am Anfang etwas überfordert und dachte kurz, dass ich hier wohl niemals jemanden kennenlernen würde. Glücklicherweise hatte ich dann aber in der Orientierungswoche meines Studiengangs doch die Möglichkeit, mich mit ein paar anderen Studierenden anzufreunden.

Dabei habe ich mich und die anderen immer wieder beobachtet und gemerkt, dass es mir manchmal schwerfällt, mich zu öffnen und anderen zu vertrauen. In den letzten Wochen habe ich mich deshalb immer wieder gefragt, woran das wohl liegen kann. Meine neuen Bekannten sind allesamt nett und es gibt keinen erkennbaren Grund, ihnen nicht zu vertrauen. Und trotzdem bin ich oft unsicher und habe Angst, dass sie mich aus irgendeinem Grund doch nicht mehr mögen, mich links liegen lassen. Ich glaube, dass das der Grund ist, warum ich versuche, es allen irgendwie recht zu machen, gut dazustehen, aus Angst, nicht dazuzugehören. Gleichzeitig ertappe ich mich aber auch dabei, wie ich selbst einigen sehr abweisend gegenüber bin und ihnen unterbewusst schlechte Absichten unterstelle, ohne sie überhaupt richtig zu kennen. Als ich das realisiert habe, war ich schockiert von mir selbst. Denn eigentlich dachte ich, ich wäre tolerant und würde andere nicht so leicht verurteilen.

Aus diesem Grund habe ich mir fest vorgenommen, dass ich das so nicht mehr möchte, dass ich so nicht sein will. Dafür musste ich mich erst einmal fragen, woher mein Verhalten überhaupt kommt. Nach wirklich langem Überlegen habe ich die Verbindung zu meiner früheren Freundesgruppe hergestellt, die mich, ohne mit mir jemals so richtig zu sprechen, nach jahrelanger Freundschaft immer mehr ausgeschlossen hat. Um ehrlich zu sein, klingt das ziemlich banal; ich dachte, dass ich damit längst fertig bin, auch wenn der Schmerz bei der Erinnerung an die schönen Zeiten noch sehr präsent ist. Und dass, obwohl ich trotzdem einige langjährige tolle Freundschaften habe.

Das, was war, kann ich aber nun einmal nicht ändern. Allerdings heißt das nicht, dass meine heutigen Beziehungen darunter leiden müssen. Meine Freund*innen von heute sind nicht meine Freund*innen aus der Schulzeit. Es sind völlig neue Menschen, deren Geschichte ich noch nicht kenne und verstehe. Andersherum kennen sie meine Geschichte nicht, wissen nicht, warum ich die Person bin, die ich heute bin. Sie können nicht alles nachvollziehen, nicht Rücksicht auf etwas nehmen, das sie nicht wissen. Deshalb ist es essenziell, dass ich lerne, mich zu öffnen. Nur so kann eine Freundschaft funktionieren.

Momentan fällt mir das noch schwer. Jeder Schritt in die Richtung der anderen kostet mich Kraft, ich bin oft begleitet von der Angst, nicht genug zu sein, wieder enttäuscht zu werden. Ein Teil meines Handelns ist noch stark davon gelenkt. Und doch gibt es auch kleine Erfolgsmomente. Ich merke, dass ich angenommen werde. Dass die anderen Personen nicht skeptisch sind, wenn ich etwas erzähle, dass sie Rücksicht auf mich nehmen und andersherum. Dass ich nicht allein bin mit meinen Erfahrungen. Auch andere sind schon ausgeschlossen worden, haben Freund*innen verloren und können mich verstehen. Das Wichtigste für mich ist aber, dass ich merke, dass ich willkommen bin, dass ich sein darf, wer ich bin. Das bedeutet mir sehr viel und gibt mir den Mut, mich weiter zu öffnen, den anderen zu vertrauen. Und auch wenn es sehr anstrengend ist, freue ich mich jedes Mal, wenn wir uns treffen – und bin hoffnungsvoll, dass es dieses Mal anders ist und sich mein Mut auszahlt. Dass daraus einige Freundschaften werden könnten. Denn das würde ich mir wirklich wünschen.