Rubrik:
studium
08.07.2021
Autor:
Conny
Rubrik:
studium
08.07.2021
Meine Wohnsituation war im vergangenen Monat so verzweigt wie noch nie zuvor. Aus der Zeit im Lockdown hatte ich einige Sachen bei meinen Eltern. Ab und zu übernachtete ich auch noch bei ihnen. Gleichzeitig hatte ich meine neue, eigene Wohnung in Halle bereits bezogen und alle großen Möbel hierhin transportiert. Darüber hinaus lief der Mietvertrag für meine Wohnung in München noch bis zum Ende des Monats. Auch hier hatte ich vorsorglich ein paar Dinge zurückgelassen, denn ich musste nochmal für einige Tage nach München und brauchte deshalb eine Unterkunft.
Alles, was sich noch in dieser Wohnung befand, wollte ich entweder mit dem Koffer nach Halle transportieren oder über Ebay verschenken. Die beiden alten Fahrräder waren schnell weg. Nur meine Schlafcouch fand lange keinen Abnehmer. Als ich schon entschlossen war, sie auf den Wertstoffhof zu bringen, meldete sich doch noch jemand. Allerdings konnte die Person die Couch nur am Wochenende und damit drei Nächte vor meiner Abreise abholen. Trotzdem sagte ich zu. Ich hatte wenig Zeit und Lust mich anderweitig um die Couch zu kümmern und wollte sie so unkompliziert wie möglich loswerden. Allerdings war ich damit auch meinen Schlafplatz los. Drei Nächte auf dem Boden – diesen harten Preis werde ich wohl oder übel zahlen müssen, dachte ich mir. Doch dann kam mir der Sitzsack meines Mitbewohners in den Sinn. Er wollte ihn erst in zwei Wochen abholen.
Ich breitete den großen blauen Sack wie eine Matratze flach auf dem Boden aus. Er war gefüllt mit abertausenden von Styroporkügelchen, die bei jeder Bewegung ein beachtliches Meeresrauschen imitierten. Ein Bettlaken darüber gelegt und schon war meine neue Bettstatt vollendet. Vor der ersten Nacht hatte ich etwas Respekt und ein wenig Sorge um meinen Rücken am nächsten Morgen. Doch kaum hatte ich mich hingelegt, schon war ich eingeschlafen. Es war überraschend bequem in dem Meer aus Kügelchen.
So ganz ohne Möbel hatte die Wohnung auch etwas für sich. Ich stellte fest, dass ich in der großen leeren Wohnung gut nachdenken und arbeiten konnte. Viele Kilometer pendelte ich grübelnd und telefonierend zwischen Wohnzimmer und Schlafzimmer hin und her. Beim Sprechen hallte es wie in einem Schloss. Am dritten Tag jedoch spürte ich die emotionale Kälte der leeren Räume und war froh, die Wohnung schlussendlich verlassen zu können. Ein sentimentales Gefühl stellte sich wegen des Abschieds aus München bei mir ein. Es vermischte sich aber mit einer großen Vorfreude auf meine eigene und nunmehr einzige Wohnung. Endlich nur noch ein Lebensmittelpunkt! Vielleicht kaufe ich mir ja auch so einen Sitzsack…
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