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Bachelor live: Die Schweiz ist eine Armee

Ein Porträt-Foto von Rosie

Autor:
Rosie

Rubrik:
studium

09.09.2021

Die Schweiz. Ein wunderschönes idyllisches Land. Ein Paradies voller Seen. Malerische Bergketten, an denen Häuser wie Spielzeug kleben. Die Schweiz ist schön und reich – und auch nicht parteiisch. Was will man mehr? Aber ist die Schweiz wirklich so unparteiisch und neutral? Die Neutralität der Schweiz ist in erster Linie ein außenpolitisches Instrument, das nur bedeutet, dass sie nicht an den Kriegen fremder Länder militärisch teilnimmt. Auf die eigene Verteidigung bezieht sie sich nicht. Als ich zum ersten Mal in die Schweiz kam, wusste ich davon nichts. Bis ich herausfand, dass mein Freund Geld bezahlen muss, um sich de facto von der Wehrpflicht freizukaufen. Denn die gibt es in der Schweiz noch. Trotz Neutralität und allem. Nach Absolvierung der Wehrpflicht, werden Uniform und Waffen mit nach Hause genommen. Die Schweiz ist also „allzeit bereit“. Daher kommt das Sprichwort: „Die Schweiz ist eine Armee“. Hinter der märchenhaften Fassade verbirgt sich ein durchaus wehrhaftes Land. Mein Freund hat mich schon öfters mit in die Berge genommen. Ich liebe die Natur und das wunderbare Panorama. Auf dem Rückweg sagte er zu mir: „Siehst du wie breit diese Straße ist? Das ist eigentlich ein Militärflughafen.“ Und als wir über eine Brücke fahren zeigt er auf den Berg vor uns: “Siehst du das Geschütz dort?“ Ich war total perplex. Die Berge hier sind wie ein Schweizer Käse. Löchrig. Wegen all der Bunker darin. Strategisch wichtige Brücken und Straßen sind bis in die 90er Jahre mit Dynamit gespickt worden, um potenziellen Feinden den Weg abzuschneiden. Außerdem gibt es ganze Berge, innen ausgehöhlt, die als Bunker fungieren. Darin gibt es sogar Küchen und Krankenhäuser. Die Eingänge sind nahezu perfekt getarnt, dem Bergmassiv farblich und strukturell angepasst. Heute sind das Museen, doch zur Zeit des 2.Weltkrieges, waren diese irren Bergbau-Projekte durchaus berechtigt. Nachdem Frankreich kapituliert hatte, war die Schweiz eingekesselt von den Nazis im Norden und den Faschisten im Süden. Um die Panzer der Feinde abzuhalten, wurde eine Kette aus massiven “Toblerone-Steinen“ gebaut, die sich vom Genfer See bis in das Jura Gebirge erstreckt. Wenn man im Schweizer Hochland einen Kuhstall aufmacht, ist möglicherweise eine Kanone darin und wenn man an einem Berg vorbeifährt, ist er vielleicht gar nicht echt, sondern nur Tarnung für das, was darunter liegt. An nahezu jeder größeren Brücke kann man, wenn man genau hinschaut, versteckte Geschütze finden, die im Ernstfall die Brücke zerstören. Schätzungsweise gibt es um die 2.000 solcher Verteidigungsanlagen. Doch auch in den Städten war man vorbereitet. Als ich im Keller meines Freundes Wäsche waschen wollte, fiel mir eine dicke weiße Tür auf. Ich vermutete dahinter einen Heizungsraum (auch wenn die Tür schon sehr dick für einen Heizungsraum gewesen wäre). Mein Freund erklärte mir später, dass bis in die 90er, jedes Haus in der Schweiz einen Bunker haben musste.

All das hätte ich nicht erwartet. Das nächste Mal, wenn ihr in der Schweiz seid, schaut ihr euch die hübschen Häuser und Berge ja vielleicht ein bisschen genauer an.