zum Inhalt

Bachelor live: Krieg

Ein Porträt-Foto von Lina

Autor:
Lina

Rubrik:
studium

03.03.2022

Die Waschmaschinen laufen auf Dauerschleife, Menschen machen sich auf den Weg, um neue Unterhosen einkaufen zu gehen und in der Küche werden Nudeln oder Müsli gegessen, weil wir in ein paar Tagen nach Rom fahren, auf Studienreise, und allesamt vergessen haben, unsere Wäsche zu waschen und unsere Kühlschrankreste aufzuessen. 

Trotzdem ist kein hektischer Wirrwarr im Studienheim, keine „Wer hat meinen Geldbeutel gesehen?!“-Rufe im Treppenhaus. Stattdessen gespenstische Stille, geflüsterte Sorgen. Auf dem Küchentisch liegt ein Handy. Ein paar Dutzend Studierenden haben sich darum versammelt. Auf dem Bildschirm läuft der Live Stream der Tagesschau. Geredet wird nicht, nur zugehört. Die Gesichter, die sich verschlafen aus Schlafanzugoberteilen und Bademänteln anschauen, sind fassungslos und müde. Erschreckt, aber gleichzeitig bestätigt.

Aufgeschreckte Blicke, die sich über den Küchentisch hinweg zugeworfen werden, wenn ein Reporter es wagt, den Begriff „Weltkrieg“ in den Mund zu nehmen. 

Ein Schock für alle, aber keine Überraschung.

Der Russland-Ukraine-Konflikt ist eskaliert – eigentlich sollte man in diesem Zusammenhang vermutlich schon gar nicht mehr von einem Russland-Ukraine-Konflikt sprechen; der Ausdruck Russland-Welt-Konflikt scheint laut der Medienberichte irgendwie passender.

Auch wenn es sich nicht um einen Weltkrieg handelt, könnte es sich im schlimmsten Fall zu einem entwickeln.

Ich persönlich finde es irgendwie bizarr, dass sich unsere Leben zumindest in nächster Zeit nicht grundlegend verändern werden. Einerseits wird von dem „dunkelstem Tag für die Sicherheit Europas seit dem Zweiten Weltkrieg“ gesprochen. Andererseits werden bei uns im Haus weiterhin die Waschmaschinen auf Hochtouren laufen, die frisch gekauften Unterhosen in Koffer verstaut und die leeren Kühlschränke ausgewischt werden. Und dann setzen wir uns in einen Bus, der uns nach Rom fährt, wo wir heile Welt spielen werden. Weil anscheinend selbst ein uns eventuell drohender Weltkrieg nicht ausreicht, um uns aus unserer privilegierten Bubble zu reißen.