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Nachrichtenflut

Ein Porträt-Foto von Lina

Autor:
Lina

Rubrik:
studium

16.11.2023

Seit ich TikTok und Instagram deinstalliert habe, sucht sich mein Gehirn oft andere Tätigkeiten, um trotzdem sinnlos Zeit scrollend am Handybildschirm zu verbringen. Da verbringe ich dann plötzlich sehr viel Zeit auf meiner Fotogalerie, habe eine wiederentdeckte Liebe für Candy Crush entwickelt und eine ganz neue Faszination für die Tagesschau-App gefunden.

Letzteres hat seine guten, aber auch schlechten Seiten. Einerseits bin ich jetzt top informiert, was das aktuelle Weltgeschehen angeht. Ich finde Rechtschreibfehler in Artikeln schneller als das Tagesschau-Team selbst, bemerke sofort, wenn eine neue Überschrift auftaucht – kurzum: Ich weiß Bescheid. An sich ja etwas durchaus Gutes!

Auf der anderen Seite ist die Nachrichtenlage in letzter Zeit so erdrückend, dass ich mich oft so fühle, als würde ich in dieser Nachrichtenflut untergehen. Während man beim Scrollen auf Instagram durch das Anschauen von Partyszenen, Picknicks im Park und leckerem Essen höchsten FOMO (Fear Of Missing Out) bekommt, bin ich durch das ständige Scrollen auf der Tagesschau-App von tiefstem Weltschmerz getroffen. Alte Kriege, neue Kriege, Erdbeben, Überflutungen, Hungersnöte, Armutsgrenzen, Grenzüberschreitungen im politischen wie auch im privaten Sinne. All das ständig zu sehen und gleichzeitig zu wissen, dass man nichts dagegen tun kann, ist sehr frustrierend. Die Gewohnheit des Scrollens fesselt mich gefühlt schon fast an die App – ich kann mich von den Nachrichten nicht lösen. Und ich möchte ja auch informiert sein! Auch wenn ich persönlich nicht allein gegen all das Übel in der Welt vorgehen kann, fühle ich trotzdem eine gewisse Verantwortung, wenigstens Bescheid zu wissen. Manchmal fühle ich mich dann so, als dürfte mich das alles gar nicht so mitnehmen. Ich meine, andere erleben diese Nachrichten ja hautnah – und ich sitze mit einer sicheren Entfernung vor meinem Handybildschirm. Trotzdem reicht es aus, mich wirklich schlecht fühlen zu lassen.

Nach all diesen schrecklichen Nachrichten gibt es für gewöhnlich zwei mögliche Lichtblicke: Fußball und das Wetter. Ich sage möglich, denn wenn die Wettervorhersage mir 31 Grad im Oktober prophezeit, macht mich das nur noch verzweifelter. Genauso, wie wenn die Lieblingsfußballmannschaft meiner Familie nur verliert. Tatsächlich läuft es für den VfB in letzter Zeit aber ziemlich gut – und so habe ich wegen all der schlechten Nachrichten davor sogar ein noch nie zuvor dagewesenes Interesse am Ligaplatz einer Fußballmannschaft entwickelt. Und das ist vielleicht auch gut so. Denn vielleicht sind genau diese im Vergleich winzigen und eigentlich doch unwichtigen Nachrichten ein Rettungsring, an dem man sich in der Nachrichtenflut klammern kann.