Rubrik:
studium
01.10.2021
Autor:
Rosie
Rubrik:
studium
01.10.2021
Sein ganzes Leben lang ist man aufgeräumt. In der Kinderkrippe, im Kindergarten, in der Schule. Nach dem Abitur war das anders. Damals wollte ich noch Medizin studieren, hatte aber den Schnitt knapp verfehlt und musste jetzt doch noch den Medizinertest machen. Für mich hieß das „Gap Year“. Wegen Corona konnte ich das allerdings schwer im Ausland verbringen. Ich schrieb mich für ein Studium naturale, also ein naturwissenschaftliches Orientierungsstudium ein. Alles war online. Der Fakt plötzlich nirgendwo mehr sein zu müssen, hat mich total aus der Bahn geworfen. Mit dieser neuen Freiheit musste ich erst lernen umzugehen. Über das letzte Jahr hinweg war ich immer wieder enttäuscht von mir, kam mir zu faul vor. Hatte nicht das Gefühl genug zu tun. Doch rückblickend glaube ich sagen zu können, dass das gar nicht stimmt. Ich hatte in der Oberstufe kaum Naturwissenschaften belegt und habe das an der Uni nachgeholt. Dort hatte ich sehr interessante Kurse zu Chemie und Biologie belegt. Außerdem habe ich angefangen Französisch zu lernen, Nachhilfe zu geben und für mich am allerwichtigsten, ich habe es geschafft eine Fernbeziehung aufrecht zu erhalten, all der Corona-Regelungen zum Trotz. Das war am schwierigsten für mich. Ich habe noch nie in meinem Leben so viel geweint, so viel vermisst, doch ich war auch so unglaublich glücklich. Ich habe so viel geschafft, obwohl mich das ständige Isolieren während der Lockdowns beinahe depressiv und verrückt gemacht hat. Wir sollten vor allem in diesen sehr speziellen Zeiten nicht zu hart mit uns sein. Manche Dinge funktionieren eben einfach nicht mehr so gut, aber dafür tun sich auch neue Möglichkeiten auf. Neue Träume können geträumt werden. In diesem Jahr habe ich verstanden, dass meine Zukunft mir gehört und ich damit machen kann was ich möchte. Ich muss nichts studieren, was Jobsicherheit verspricht, oder meinem Abiturschnitt angemessen wäre. Ich kann das tun, was mich glücklich macht. Als ich das begriffen hatte, habe ich mich für ein Studium in der Schweiz beworben. Ich wollte keine Fernbeziehung mehr, denn so sehr man einander auch liebt, man leidet auch. Ich wollte nach Lausanne, an den Genfer See. Das Problem? Ich hatte kein Französisch in der Schule. Ich brauchte aber ein B1-Niveau, um an der Uni angenommen zu werden.
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