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Master live: Barrierefrei durch Paris

Foto von abi>> Bloggerin Pia am Strand

Autor:
Pia

Rubrik:
studium

02.06.2022

„Barrierefrei durch Paris“ – das war die naive Hoffnung meiner Cousine und mir, als wir für ein Wochenende in die französische Metropole flüchten wollten. Allerdings war es nicht nur eine Hoffnung, sondern vielmehr eine Notwendigkeit. Meine Cousine ist vor einigen Jahren an Knochenkrebs erkrankt und hat dadurch ein Bein verloren. Alle Versuche, eine passende Prothese für sie zu bekommen, sind leider bislang gescheitert. Daher ist sie auf Krücken, einen Rollstuhl und ihre Sonderanfertigung eines Liegefahrrads angewiesen.

Vor ein paar Monaten lag meine Cousine mal wieder im Krankenhaus und war für einige Wochen dort ans Bett „gefesselt". Auch in den Monaten zuvor musste sie einige Male dort sein, da sich der Stumpf immer wieder entzündete. Wenn sie dann entlassen wurde, musste sie jedes Mal den ganzen versäumten Schulstoff nachholen und Klassenarbeiten schreiben. Dass das zusätzlich enorm belastend ist, ist absolut verständlich. Um endlich was anderes zu sehen, fragte sie mich dann, ob ich Lust hätte, mit ihr nach Paris zu fahren. Als absolute Paris-Liebende sagte ich ihr auf der Stelle zu.

Wir buchten Hin- und Rückreise und das Hotel, packten den Rolli und die Krücken ein und fuhren nach Paris. Dort angekommen, fuhren wir quer durch die Stadt zu unserem Hotel. Bereits auf dieser Fahrt merkten wir, dass die nächsten Tage schwierig werden könnten. Die größeren Bahnhöfe oder Haltestellen des ÖPNVs sind zwar meist in der Theorie barrierefrei, aber letztendlich gab es in der Praxis häufig irgendwelche Probleme. Zum Glück ist meine Cousine so mobil, dass sie mit den Krücken einige Meter laufen und sogar Treppen überwinden kann. Leute, die zwingend jederzeit auf einen Rollstuhl angewiesen sind, haben es echt schwer in Paris. Was man aber auch merkt: Wir haben im gesamten Urlaub nur zwei weitere Menschen in Rollstühlen gesehen und das finde ich in einer so großen Stadt und bei diesen Menschenmassen sehr erstaunlich.

Eigentlich wollten wir während unseres Aufenthalts die Stadt mit der Metro erkunden, allerdings haben viele Metrostationen keinen Aufzug. An den großen Stationen waren die vorhandenen Aufzüge oder die Schranken davor oft defekt. Dann blieb häufig eine Treppe und in besonderen Glücksfällen eine Rolltreppe (die in die richtige Richtung führt). Generell ist es in Paris so, dass an jeder Metrostation ein Drehkreuz, eine kleine Schranke oder eine andere Art von Barriere ist, sodass man nur mit gültigem Ticket hindurchkommt. So weit ist dies auch verständlich, allerdings ist es offensichtlich nicht barrierefreundlich! Nicht nur, dass die Schranken nicht breit genug für einen Rollstuhl sind (den wir glücklicherweise zusammenklappen konnten), sie schließen auch nach sehr kurzer Zeit wieder, sodass es für etwas langsamere Leute schwierig ist, hindurchzugelangen.

An manchen Stationen gibt es extra breitere Tore, die geöffnet werden können, allerdings wird dafür ein besonderes Ticket benötigt, das man als Touristin oder Tourist nicht bekommt. Manchmal haben uns Bahnmitarbeitende gesehen und das Tor geöffnet oder uns wurde über einen Hilfe-Knopf und eine Sprechanlage das Tor geöffnet. Bei letzterer muss man aber Glück haben, dass jemand an der Sprechanlage zugegen ist. Dazu muss man auch das ziemlich schnelle Französisch verstehen und auf Französisch erklären können, wo man ist, dass man gerne durch das Tor gehen würde und den Grund, weshalb man nicht durch die normale Schranke gehen möchte beziehungsweise kann.

Wenn man das dann alles geschafft hat (Treppe in die Metrostation rein und durch die Schranke hindurch), kommt nur noch ein Rauf und Runter per Treppen und Tunnel unter den Gleisen bis zur Haltestelle. Wenn dann die Metro anrollt, muss man darauf hoffen, dass man möglichst schnell einen Sitzplatz bekommt, denn die Metro fährt schnell und holprig los und es ist nicht so einfach, dieses Geholper auf einem Bein auszubalancieren. Beim Ausstieg erwarten einen dann wieder lange, unterirdische Wege mit Treppen und auch beim Ausgang gibt es wieder das Problem mit den nicht barrierefreien Schranken.