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Master live: Corona oder der Strich durch die Rechnung

Ein Porträt-Foto von Bo

Autor:
Bo

Rubrik:
studium

15.09.2020

Nach einigen Wochen Funkstille melde ich mich wieder – jedoch nicht aus Island.

Vor knapp drei Wochen hätte mein Flug nach Reykjavik ablegen sollen, aber nur wenige Tage vor meinem Abflug änderte sich vieles. Ich bekam eine Mail der dortigen Universität, dass entgegen aller Versprechen nun doch spontan alle Kurse online stattfinden würden. Grund dafür war die steigende Zahl von Corona-Infizierten in Island. Das war schon ein ziemlicher Schlag. Schließlich hatte ich mich extra für Island entschieden, da ich dort Präsenzlehre erwartet habe. Dennoch wollte ich weiterhin nach Reykjavik – ich hatte hier in Potsdam mein Zimmer und meinen Nebenjob gekündigt, die Flüge und Versicherungen waren bereits bezahlt. Mir blieb kaum etwas übrig, außer weiterzumachen und auf das Beste zu hoffen. Auch hatte ich bereits mit vier Freunden einen Island-Roadtrip im August geplant und war einfach zu sehr in die Planung involviert, um überhaupt an ein Aufgeben zu denken!

Wenige Stunden nach der ersten Mail trudelten die nächsten besorgniserregenden Nachrichten in meinem Mailpostfach ein: Über Nacht hatte die isländische Regierung beschlossen, dass jeder nach Island Einreisende fünf Tage lang in Quarantäne und sich zweimal auf Corona testen lassen muss. Meine Freunde haben dann verständlicherweise den gemeinsamen Urlaub storniert, da es keinen Sinn gemacht hätte für eine Woche Urlaub fünf Tage in Quarantäne zu gehen. Die Regeln waren außerdem so strikt, dass ich die Quarantäne nicht in meiner WG hätte machen können. Panisch habe ich versucht das International Office meiner Universität in Reykjavik zu erreichen und Unterstützung zu erhalten. Niemand konnte mir dort sagen, wo ich die Quarantäne machen könnte. Würde es spezielle Hotels geben? Würde die Uni für die ausländischen Studierenden Zimmer bereitstellen? Welche Kosten würden entstehen? Wer würde mir in den fünf Tagen Lebensmitteln bringen können? Auf alle diesen Fragen gab es keine einzige Antwort!

Da ich absolut ratlos war, wie es für mich weitergehen sollte, rief ich meine Heimatuniversität an und führte ein langes Gespräch mit meiner Betreuerin. Darin wurde immer deutlicher, dass ein Abbruch des Semesters die einzig sinnvolle und sichere Entscheidung sei. Zu viele Eventualitäten und Unsicherheiten standen im Raum als dass ich dort ein gutes Semester hätte verbringen können. Also bin ich jetzt hier in Potsdam, in Deutschland und weder in den USA noch in Island. Ich habe noch nie so viel Energie in ein Projekt gesteckt, dass im Anschluss so dermaßen an die Wand gefahren wurde. Aber ich kann nichts dafür und die Welt ehrlicherweise auch nicht. Manches muss man wohl einfach akzeptieren.