Rubrik:
studium
15.04.2019
Autor:
Thilo
Rubrik:
studium
15.04.2019
Ich stecke meine ID-Karte ein, melde mich am PC vor dem Behandlungszimmer an, lege mir das Stethoskop um den Hals, schnappe mir meinen Notizblock und öffne die Tür. Drinnen sitzt eine Patientin, circa 30 Jahre alt, etwas schwer atmend. Ich stelle mich vor und frage sie, warum sie in die Praxis gekommen ist. Sie schildert einen Aufenthalt in Indien für drei Wochen. Seit dem Flug gestern Abend habe sie Schmerzen im Bereich der linken Wade. Sie selbst vermutet, dass sie beim Yoga-Kurs, den sie in Indien gemacht habe, umgeknickt sei oder schlicht und einfach ihren Fuß überlastet habe, es werde schon nichts Schlimmes sein. Ich bitte die Patientin, sich hinzulegen, denke dabei an meine Famulatur in der Orthopädie in Leipzig und lasse mir Zeit bei der Untersuchung der Knochen, des Fußgelenkes und der Muskulatur, kann aber nichts Auffälliges finden. Dann kommt mir in den Sinn, dass es sich um Thrombose handeln könnte. Ich rate der Patientin, sich in nächster Zeit wenig zu setzen und selten zu stehen, sondern lieber in Bewegung zu bleiben oder zu liegen und entlasse sie mit einem verschriebenen Blutverdünner.
Der beschriebene Fall ist zum Glück kein echter. Und deshalb ist es auch nicht fatal, dass ich die Gefahr der Lungenembolie bei der Patientin nicht erkannt habe – obwohl sie schwer atmete. Hätte ich sie wie beschrieben nach Hause entlassen, wäre sie vermutlich an der Lungenembolie gestorben. Es war ein Szenario im Rahmen der sogenannten „Limette“, in der wir Schauspielpatient*innen behandeln, ähnlich wie wir es im fünften Semester im Studienhospital getan haben. Wir werden bewusst in Situationen gebracht, die wir eigentlich schon lösen könnten, da unser Wissen aus den bisherigen Seminaren und Vorlesungen ausreichen sollte. Wir sollen jetzt Fehler machen, damit wir wissen, weshalb wir sie gemacht haben, und sie somit nicht bei echten Patient*innen wiederholen.
Mich erinnern diese Szenen sehr an den einen Nachmittag in der Notaufnahme in Leipzig, den ich mit einem Assistenzarzt verbringen durfte. Es ging darum, innerhalb kürzester Zeit alle relevanten Informationen von einem Menschen zu bekommen und notwendige körperliche Untersuchungen zu machen – und anschließend muss eingeschätzt werden, ob die Person risikoreich erkrankt ist oder schlicht eine Erkältung vorliegt. Auf diese Situation bereitet die „Limette“ wirklich gut vor. Und mir wird mein Fehler nicht erneut passieren. Da bin ich mir sicher.
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