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Mein Freiwilliges Jahr: Auch Senioren finden Tattoos schön

Schatten von Bloggerin Melissa.

Autor:
Melissa

Rubrik:
orientieren

24.11.2022

Immer mehr Menschen lassen sich tätowieren. Insbesondere bei jungen Menschen ist es beliebt, sich zumindest etwas Kleines stechen zu lassen. Auch ich habe zwei Tattoos, eins am Rücken und ein kleines am Bein. Obwohl ich meine Tattoos wirklich gerne mag, bin ich froh, sie in manchen Situationen abdecken zu können. Bei meiner Arbeit in der Tagespflege beispielsweise werde ich, sobald man ein Tattoo von mir sehen kann, so gut wie immer darauf angesprochen. Und mir fällt auf, dass das Thema „Tattoos“ immer noch Diskussionen auslöst und oftmals in einem Generationskonflikt endet. Von Vorurteilen geleitet, bilden sich dann die älteren Menschen ihre Meinung und sind eher skeptisch. Aber viele sind auch überraschend tolerant. Sie sind interessiert an dem, was wir jungen Leute so mögen. Sie wollen meine Tattoos unbedingt sehen und fragen, wie sich das Stechen angefühlt hat.

Bei vielen Kleidungsstücken, die ich trage merken sie an, wie schön sie die Sachen finden, aber dass es für sie kaum denkbar gewesen wäre, solche Sachen zu kaufen, als sie jung waren. Für mich ist es jedes Mal interessant, wenn sie anfangen, über ihre Jugend zu erzählen und wie es damals mit Trends und der Mode war. Dann denke ich mir, dass wir doch gar nicht so verschieden sind. Auch sie waren mal jung, haben die Freiheit geliebt und ihren eigenen Kopf gehabt. Ich finde es schön, sich darauf einzulassen und mich in sie hineinzuversetzen. Und auch wenn ich nicht mit jedem Gast bei den Themen auf einen gemeinsamen Nenner komme, so kann ich mit den meisten zumindest diskutieren und meinen Standpunkt erläutern. Oft merke ich, dass es viel zu wenige Menschen gibt, die genau das tun.

Ich habe das Gefühl, dass Senioren gegenüber der Jugend oftmals kritischer eingestellt sind. Grundsätzlich glaube ich nicht, dass sie uns etwas Böses wollen. Manche können vielleicht bestimmte Neuheiten einfach nicht nachvollziehen und haben vergessen, wie es war, als sie selbst mal jung waren. Im Endeffekt ist jeder einzelne von ihnen ein Mensch mit seiner eigenen Geschichte – genau wie ich und begegnet mir mit einer gewissen Offenheit und Neugier, nur die wenigsten sind ausschließlich stur. Aktuelle Trends wie Tätowierungen können für sie befremdlich sein, aber trotzdem lassen sie sich immer wieder auf mich ein, genauso wie ich mich auf sie. Und das macht meinen Alltag zu etwas Besonderem. Wir haben nicht dieselben Ansichten, aber wir versuchen einander zu verstehen. Und oft wird mir klar, dass ein wenig mehr gegenseitiges Zuhören die Welt ein kleines bisschen besser machen würde. So muss ein Generationsunterschied eben nicht gleich in Meinungsverschiedenheiten enden. Denn auch Senioren können Tattoos schön finden.