Rubrik:
orientieren
13.04.2023
Autor:
Thea
Rubrik:
orientieren
13.04.2023
Seitdem ich für mein FSJ von zu Hause weggezogen bin, gehe ich regelmäßig Blut und -plasma spenden. Damit habe ich mich schon zu Schulzeiten auseinandergesetzt, war damals aber noch zu jung und die Spendezentren zu weit von meiner Heimat entfernt. Beides ist nun glücklicherweise anders. Dadurch, dass ich mich schon vorher mit der Thematik auseinandergesetzt hatte, war es für mich keine neue Info, dass man nach der Spende eine finanzielle Aufwandsentschädigung ausgezahlt bekommt. Mir ist schnell aufgefallen, dass es keine Ausnahme ist, dass die Spender*innen zum Großteil alle in meinem Alter sind. In meinem Alter, das heißt Anfang 20 und damit häufig in der Ausbildung oder im Studium. Klar, wir sind oftmals fit und gesund und verkraften eine Spende damit meistens besser als beispielsweise Mitte 50-Jährige. Aber sind es wirklich diese eigenen positiven körperlichen Voraussetzungen, welche junge Menschen selbstloserweise in die Spendezentren ziehen?
Wenn ich diese Frage selbst ehrlich beantworte, ist mein Grund ein anderer. Natürlich ist da auch die Motivation, mit einer Spende potenziell Leben zu retten. Auf der anderen Seite sind da aber auch noch bis zu 275 €, welche ich in einem Monat durch die Spenden bekommen könnte. Und das so offen zu sagen, fühlt sich ganz schön komisch an, auch wenn es natürlich kein Geheimnis ist. Mir ist bewusst, dass es sicherlich vielen Studierenden oder Auszubildenen ähnlich wie mir geht, und nicht das ausgezahlte Geld ein netter Nebeneffekt der Spende ist, sondern eher der (Haupt-)Grund, warum man sich für eine Stunde mit Schläuchen in der Armbeuge auf die Liege legt. Und an sich ist die eigene Motivation für das Endprodukt, die Spende, ja auch egal. Meine Spende ist nicht schlechter als die einer Person, welche einzig und allein, um Menschenleben zu retten, spenden geht. Und trotzdem fühle ich mich oftmals schlecht, wenn ich nicht nur mit einer Capri-Sonne in der einen und einem Schokoriegel in der Hand, sondern auch mit 25 Euro mehr im Portemonnaie das Spendezentrum verlasse. Es fühlt sich falsch an, denn eigentlich sollte das gute Gefühl Belohnung genug sein. Es sollte genug sein, Menschen mit meinem Blut oder -plasma helfen, vielleicht sogar retten zu können. Was ist schon die Stunde, welche mich die Spende kostet, im Vergleich zum Leid, welches Menschen erfahren, die auf (meine) Blutspende angewiesen sind? Ich habe manchmal das Gefühl, als nutzte ich deren Notlage zu meinen Gunsten dadurch aus, dass ich für die Spende bezahlt werde. An diesem Punkt kommen wir aber wieder zu meiner vorherigen Argumentation, dass die selbstlose und intrinsische Motivation die Spende nicht zu einer besseren macht. Aber das ist etwas, was mir bis jetzt nur in der Theorie klar ist und ich trotzdem oftmals das Gefühl habe, ein schlechter Mensch zu sein, wenn eher das Geld die Motivation darstellt als der Gedanke, Leben zu retten.
Auf der anderen Seite kann ich den bewusst genutzten finanziellen Anreiz der Spendezentren auch total verstehen. Es funktioniert ja schließlich! Mit Sicherheit würden es sich viele Menschen ein zweites Mal überlegen, wenn die Aufwandsentschädigung „nur noch“ das eigene gute Gewissen wäre oder es einzig und allein beim Schokoriegel und der Capri-Sonne bliebe. Eine Spende kann unangenehm sein und kostet Zeit, und besonders Letzteres ist ein hohes Gut. Beides wiegt allein das gute Gefühl bei vielen wahrscheinlich nicht mehr auf. Und es ist ja auch nichts Illegales, was dort passiert. Trotzdem fühlt es sich für mich oft aber genau so an, wie ein Handel mit meinem Körper. Man könnte es auf die Spitze treiben und behaupten, ich würde ihn verkaufen, gar prostituieren. Und dass das natürlich nicht stimmt, und ich am Ende des Monats nicht auf diese 25 Euro pro Spende angewiesen bin, ist mir vollkommen bewusst (und selbst wenn es so wäre, wäre es meiner Meinung nach nicht verwerflich). Aber trotzdem schwebt bei mir über allem der Gedanke, dass es selbstloser, vielleicht sogar besser wäre, nichts und vor allem kein Geld für meine Spende zu bekommen und dieses mindestens als netten Nebeneffekt anstatt den Hauptgrund anzusehen. Ich glaube, ich darf mir trotzdem ohne schlechtes Gewissen bewusst sein, dass Studierende oder Auszubildende mit wenig Einkommen besonders empfänglich für die finanzielle Aufwandsentschädigung sind. Und solange niemand daran Schaden nimmt und alle körperlichen Voraussetzungen stimmen, ist daran ja im Grunde auch nichts verwerflich.
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