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Mein Freiwilliges Jahr: Zwischen Erwachsenenbildung und Klassenfahrt

Schatten von Bloggerin Melissa.

Autor:
Melissa

Rubrik:
orientieren

07.12.2022

Erwachsenenbildung. Wie oft ich dieses Wort in den letzten 24 Stunden gehört habe, kann ich gar nicht mehr zählen. Ich bin diese Woche wieder auf einem Seminar für meinen Bundesfreiwilligendienst – und fühle mich, um ehrlich zu sein, etwa so wie auf Klassenfahrt. Sechs-Bett-Zimmer, strenge Ermahnung bei Unpünktlichkeit, und das Gelände verlassen dürfen wir nur zu dritt und vor 22 Uhr.

Obwohl ich es super interessant finde, mich mit den anderen auszutauschen, hat es einen seltsamen Beigeschmack. Auch wenn es mir persönlich nicht so viel ausmacht, mein Zimmer zu teilen, da man sich so gegenseitig auch viel besser kennenlernt, ist es mit so vielen Leuten auf Dauer sehr anstrengend. Insbesondere, wenn man schon den ganzen Tag gemeinsam verbracht hat. Morgens müssen alle früh raus und nachts ist es immer unruhig, sodass ich nicht so gut einschlafen kann. Das macht mich noch erschöpfter und ich kann meine soziale Batterie kaum aufladen.

Leider sind die Gruppenleiter etwas verkrampft. Es geht hier nicht darum, dass es für uns bestimmte Regeln gibt. Das ist verständlich und auch sinnvoll, damit alle Spaß am Seminar haben. Aber hier macht eindeutig der Ton die Musik. Auch Regeln kann man vernünftig vermitteln, wir sind alle volljährig und können nachvollziehen, wenn jemand seine Beweggründe erläutert. Aber etwas verboten zu bekommen von jemandem, der kaum älter ist als man selbst, wirkt irgendwie unangemessen. In diesem Zusammenhang haben sich gestern auch einige Teilnehmer beschwert. Das Wort „Erwachsenenbildung“ fiel dabei sehr oft und auch wenn es mir mittlerweile zu den Ohren raushängt, habe ich mich gefragt, was uns als junge Erwachsene auf so einem Seminar zusteht?

Geht man zum Beispiel auf Dienstreise, bekommt jeder ein Einzelzimmer oder Doppelzimmer. Das ist in vielen Bildungshäusern fast unmöglich und auch nicht unbedingt sinnvoll, da ein Austausch so kaum stattfindet. Andererseits wäre es schön, wenn die Anzahl der Menschen pro Zimmer etwas kleiner ist. Zwei Mitbewohner reichen voll aus, ich bin ja nicht im Abenteuer- oder Backpacking-Urlaub. Außerdem finde ich eine freundliche Kommunikation auf Augenhöhe mit den Kursleitern wichtig. Klar, sie planen die Seminare und tragen eine große Verantwortung, aber wir sind auch alle eigenständige Menschen, die sich gerne einbringen möchten, wenn man sie nur lässt.

Insgesamt muss ich sagen, dass ich bisher eher gemischte Gefühle habe. Die Leute sind einerseits total nett und ich mag den Austausch, andererseits ist es anstrengend und kräfteraubend – und das finde ich schade. Meiner Meinung nach wird die Freude, die es mir beschert, mit tollen Menschen zusammen zu sein, von all dem Stress überschattet. Trotzdem versuche ich, das Beste daraus zu machen. Ich bin jetzt hier und das gehört dazu.